Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 1. Wien, 1850.meinen theuren Lesern würde auftischen können; ich sah sie Thränen vergießen über unsere ausgestandenen Leiden, ich kam mir schon vor wie eine halbe Märtyrerin! Ach! ich hatte mich bitter getäuscht. Wir blieben Alle gesund, von den Matrosen sank keiner hin, das Schiff verbrannte nicht, und die Lebensmittel verdarben nicht, sie blieben so schlecht wie zuvor. 3. September. Vom 2. bis zum 8. Breitengrade, südlich der Linie, sind die Winde unregelmäßig, und oft sehr ungestüm. Wir hatten eben heute den 8. Grad zurückgelegt, und zwar ohne Land zu gewahren, was den Kapitän in die heiterste Laune versetzte. Er erklärte uns, daß wir, wenn Land sichtbar geworden wäre, bis beinah' an die Linie zurückgemußt hätten, weil die Strömung dem Lande zu ungeheuer heftig sei, und man die Fahrt nur in der gehörigen Entfernung vom Lande ungehindert fortsetzen könne. 7. September. Zwischen dem 10. und 20. Grade herrschen wieder ganz eigenthümliche Winde. Sie heißen Vamperos und zwingen den Seefahrer zu immerwährender Aufmerksamkeit, da sie plötzlich kommen und oft sehr heftig sind. Diese Nacht überfiel uns ein solcher, aber glücklicherweise keiner der heftigsten. Nach einigen Stunden war alles vorüber, nur die See wollte sich lange nicht beruhigen. Auch am 9. und 11. September hatten wir kurze Anfälle des Vampero zu überstehen; die stärksten kamen aber zum Schlusse am: meinen theuren Lesern würde auftischen können; ich sah sie Thränen vergießen über unsere ausgestandenen Leiden, ich kam mir schon vor wie eine halbe Märtyrerin! Ach! ich hatte mich bitter getäuscht. Wir blieben Alle gesund, von den Matrosen sank keiner hin, das Schiff verbrannte nicht, und die Lebensmittel verdarben nicht, sie blieben so schlecht wie zuvor. 3. September. Vom 2. bis zum 8. Breitengrade, südlich der Linie, sind die Winde unregelmäßig, und oft sehr ungestüm. Wir hatten eben heute den 8. Grad zurückgelegt, und zwar ohne Land zu gewahren, was den Kapitän in die heiterste Laune versetzte. Er erklärte uns, daß wir, wenn Land sichtbar geworden wäre, bis beinah’ an die Linie zurückgemußt hätten, weil die Strömung dem Lande zu ungeheuer heftig sei, und man die Fahrt nur in der gehörigen Entfernung vom Lande ungehindert fortsetzen könne. 7. September. Zwischen dem 10. und 20. Grade herrschen wieder ganz eigenthümliche Winde. Sie heißen Vamperos und zwingen den Seefahrer zu immerwährender Aufmerksamkeit, da sie plötzlich kommen und oft sehr heftig sind. Diese Nacht überfiel uns ein solcher, aber glücklicherweise keiner der heftigsten. Nach einigen Stunden war alles vorüber, nur die See wollte sich lange nicht beruhigen. Auch am 9. und 11. September hatten wir kurze Anfälle des Vampero zu überstehen; die stärksten kamen aber zum Schlusse am: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0029" n="22"/> meinen theuren Lesern würde auftischen können; ich sah sie Thränen vergießen über unsere ausgestandenen Leiden, ich kam mir schon vor wie eine halbe Märtyrerin!</p> <p> Ach! ich hatte mich bitter getäuscht. Wir blieben Alle gesund, von den Matrosen sank keiner hin, das Schiff verbrannte nicht, und die Lebensmittel verdarben nicht, sie blieben so schlecht wie zuvor.</p> <p> 3. September. Vom 2. bis zum 8. Breitengrade, südlich der Linie, sind die Winde unregelmäßig, und oft sehr ungestüm. Wir hatten eben heute den 8. Grad zurückgelegt, und zwar ohne Land zu gewahren, was den Kapitän in die heiterste Laune versetzte. Er erklärte uns, daß wir, wenn Land sichtbar geworden wäre, bis beinah’ an die Linie zurückgemußt hätten, weil die Strömung dem Lande zu ungeheuer heftig sei, und man die Fahrt nur in der gehörigen Entfernung vom Lande ungehindert fortsetzen könne.</p> <p> 7. September. Zwischen dem 10. und 20. Grade herrschen wieder ganz eigenthümliche Winde. Sie heißen <hi rendition="#g">Vamperos</hi> und zwingen den Seefahrer zu immerwährender Aufmerksamkeit, da sie plötzlich kommen und oft sehr heftig sind. Diese Nacht überfiel uns ein solcher, aber glücklicherweise keiner der heftigsten. Nach einigen Stunden war alles vorüber, nur die See wollte sich lange nicht beruhigen.</p> <p> Auch am 9. und 11. September hatten wir kurze Anfälle des Vampero zu überstehen; die stärksten kamen aber zum Schlusse am:<lb/> 12. und 13. September. Den einen bezeichnete der Kapitän zwar nur als „<hi rendition="#g">eine starke Briese</hi>,“ </p> </div> </body> </text> </TEI> [22/0029]
meinen theuren Lesern würde auftischen können; ich sah sie Thränen vergießen über unsere ausgestandenen Leiden, ich kam mir schon vor wie eine halbe Märtyrerin!
Ach! ich hatte mich bitter getäuscht. Wir blieben Alle gesund, von den Matrosen sank keiner hin, das Schiff verbrannte nicht, und die Lebensmittel verdarben nicht, sie blieben so schlecht wie zuvor.
3. September. Vom 2. bis zum 8. Breitengrade, südlich der Linie, sind die Winde unregelmäßig, und oft sehr ungestüm. Wir hatten eben heute den 8. Grad zurückgelegt, und zwar ohne Land zu gewahren, was den Kapitän in die heiterste Laune versetzte. Er erklärte uns, daß wir, wenn Land sichtbar geworden wäre, bis beinah’ an die Linie zurückgemußt hätten, weil die Strömung dem Lande zu ungeheuer heftig sei, und man die Fahrt nur in der gehörigen Entfernung vom Lande ungehindert fortsetzen könne.
7. September. Zwischen dem 10. und 20. Grade herrschen wieder ganz eigenthümliche Winde. Sie heißen Vamperos und zwingen den Seefahrer zu immerwährender Aufmerksamkeit, da sie plötzlich kommen und oft sehr heftig sind. Diese Nacht überfiel uns ein solcher, aber glücklicherweise keiner der heftigsten. Nach einigen Stunden war alles vorüber, nur die See wollte sich lange nicht beruhigen.
Auch am 9. und 11. September hatten wir kurze Anfälle des Vampero zu überstehen; die stärksten kamen aber zum Schlusse am:
12. und 13. September. Den einen bezeichnete der Kapitän zwar nur als „eine starke Briese,“
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Zitationshilfe: | Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 1. Wien, 1850, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt01_1850/29>, abgerufen am 22.07.2024. |