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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944.

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verschiedener Zeiten. Es ist zu sehen, daß bei unverkennbarem Festhalten ppe_504.002
an gewissen Zügen der Stammeseigentümlichkeit sich innerhalb ppe_504.003
desselben Raumes ein zeitlicher Wandel der Richtungen und ein ppe_504.004
Wechsel der Typen vollzieht, wie er sogar innerhalb der Erbfolge ppe_504.005
einer Familie zu beobachten ist.

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Phänotype Wandlungen verwischen das Bild der rassischen Einheit, ppe_504.007
soweit von einer solchen überhaupt die Rede sein kann. Man ist zwar ppe_504.008
versucht, das räumliche Nebeneinander verschiedener Typen auf ppe_504.009
genotype Unterschiede zurückzuführen, die nach Mendelscher Erblehre ppe_504.010
auch in derselben Sippe mit sprunghafter Wiederkehr wechseln ppe_504.011
können. Aber bei aller Anziehungskraft, die begreiflicherweise die ppe_504.012
junge Rassenforschung auf jugendliche Literarhistoriker ausübt, ist ppe_504.013
vor blindem Übereifer in rassischer Analyse von Dichtungen zu warnen. ppe_504.014
Die Rassenforschung ist zu ernst und gewichtig, als daß sie zum ppe_504.015
Kinderspielzeug oder zur unverstandenen Formel für Zauberlehrlinge ppe_504.016
werden darf. In ihren eigenen kritischen Auseinandersetzungen ist ppe_504.017
oft genug betont worden, daß man, mit den bekannten volkstümlichen ppe_504.018
Darstellungen bewaffnet, noch kein Rassenforscher ist. Wenn ppe_504.019
etwa, wie es geschehen ist, das Fragmentarische bei Kleist und Hölderlin ppe_504.020
als Ausdruck einer bestimmten Artgesetzlichkeit der nordischen ppe_504.021
Seele erkannt werden soll, während Kleists Sehnsucht nach ppe_504.022
Verstandenwerden ostische Stilgesetzlichkeit verrate (sind deshalb ppe_504.023
seine meisten Werke vollendet?), so mag bei solchen Folgerungen aus ppe_504.024
ihren Lehren den Urhebern vielleicht selbst nicht ganz wohl sein. ppe_504.025
Auch wenn die deutsche Dichtung keine Erscheinung von der üppigen ppe_504.026
Fruchtbarkeit eines Lope de Vega aufweist und das Fragmentarische ppe_504.027
(bei Lessing, Goethe, Schiller, Grillparzer, Hebbel) häufiger zu finden ppe_504.028
ist als bei den Klassikern anderer Nationen, so zerbrach doch Kleists ppe_504.029
und Hölderlins Schaffen unter einem besonders tragischen Schicksal, ppe_504.030
an dessen Immanenz man glauben kann, das auch für typisch deutsch ppe_504.031
gehalten werden darf, das aber auf ein von geschichtlichen Einwirkungen ppe_504.032
unberührtes rassisches Erbteil nicht zurückzuführen ist.

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Noch weniger kann man mitgehen, wenn sogar ganze geistige Bewegungen, ppe_504.034
die räumlich nicht begrenzt sind, ausschließlich aus rassischen ppe_504.035
Ursachen erklärt werden sollen. Da wird z. B. in jugendlichem ppe_504.036
Überschwang der deutsche Sturm und Drang als das Werk ppe_504.037
zweier Rassen, der dinarischen und ostbaltischen, erklärt mit dem Ergebnis, ppe_504.038
den Ostbalten (Hamann, Herder, Lenz) bleibe die Wiederentdeckung ppe_504.039
der wachstümlichen Bereiche, der magischen Mächte und ppe_504.040
grotesk-realistischen Möglichkeiten im Dichten vorbehalten, den Dinariern ppe_504.041
(Klinger, Schiller) der große leidenschaftliche Kerl, der mit

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verschiedener Zeiten. Es ist zu sehen, daß bei unverkennbarem Festhalten ppe_504.002
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einer Familie zu beobachten ist.

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Phänotype Wandlungen verwischen das Bild der rassischen Einheit, ppe_504.007
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Die Rassenforschung ist zu ernst und gewichtig, als daß sie zum ppe_504.015
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Darstellungen bewaffnet, noch kein Rassenforscher ist. Wenn ppe_504.019
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(bei Lessing, Goethe, Schiller, Grillparzer, Hebbel) häufiger zu finden ppe_504.028
ist als bei den Klassikern anderer Nationen, so zerbrach doch Kleists ppe_504.029
und Hölderlins Schaffen unter einem besonders tragischen Schicksal, ppe_504.030
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unberührtes rassisches Erbteil nicht zurückzuführen ist.

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Noch weniger kann man mitgehen, wenn sogar ganze geistige Bewegungen, ppe_504.034
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Zitationshilfe: Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/528>, abgerufen am 25.11.2024.