ppe_289.001 schließlich dem Lebensgefühl des Humors gelingen konnte. ppe_289.002 Was aber dessen Art betrifft, so wird durch Siegfried Kadner der gröbere ppe_289.003 und deftige fälische Humor getrennt von dem feineren und milden ppe_289.004 nordischen, der bei Raabe wohl vorwiegt.
ppe_289.005 Der Gegensatz der beiden verwandten und oft vermischten Rassen ppe_289.006 kann nicht allein für die Widersprüche in Raabes Persönlichkeit entscheidend ppe_289.007 sein; sicher haben auch berufliche und gesellschaftliche ppe_289.008 Erfahrungen, Gewohnheiten, Schicksale der Vorfahren und die landschaftliche ppe_289.009 Verschiedenheit ihrer Herkunft mitgewirkt. Immerhin ppe_289.010 stellt der beobachtete Zwiespalt vor ungeklärte Probleme, denen Erbforschung ppe_289.011 und Literaturwissenschaft in gemeinsamer Arbeit weiter ppe_289.012 nachgehen sollten, nämlich inwieweit überhaupt rassische Zwiespältigkeit ppe_289.013 Konflikte schafft, die dem in sich widerspruchsvollen Dichter ppe_289.014 Erlebnis werden und ihn ohne Bewußtsein der Ursache zur Auseinandersetzung ppe_289.015 und selbstbefreienden Gestaltung zwingen.
ppe_289.016 Die Fragestellung kann nicht bis zu der Folgerung ausgedehnt ppe_289.017 werden, daß eine absolut reinrassige Herkunft, wie sie bei der europäischen ppe_289.018 Vermengung äußerst selten, wenn nicht geradezu ausgeschlossen ppe_289.019 sein muß, weniger gewaltsame Spannungen kenne und künstlerisch ppe_289.020 minder produktiv bleibe. Oder gar, daß Dichtung überhaupt erst aus ppe_289.021 Rassengegensätzen entstehe. Aber es ist nicht zu verkennen, daß die ppe_289.022 Untersuchungen über die Ursprünge des Genies, die seinerzeit Reibmayr ppe_289.023 unternahm und die neuerdings von Kretschmer wieder aufgenommen ppe_289.024 wurden, auf einen Vorzug der Kreuzung artverwandter ppe_289.025 Rassen hinführten. Auf jeden Fall liegt in der Verschiedenheit der ppe_289.026 von den Eltern ererbten Charakteranlage und in den daraus folgenden ppe_289.027 inneren Spannungen eine Vertiefung und Bereicherung der Erlebnisfähigkeit ppe_289.028 des werdenden Dichters. Man denke an E. T. A. Hoffmann, ppe_289.029 dessen Doppelleben als gewissenhafter Beamter und ausschweifendes ppe_289.030 Genie wie dessen ständiges Erlebnis des Gegensatzes zwischen Philister ppe_289.031 und Künstler auf die Wesensverschiedenheit der Eltern und ppe_289.032 ihrer Familien zurückzuführen ist. Moderne Gestaltungen des Gegensatzes ppe_289.033 zwischen Bürger und Künstler scheinen auf ähnlicher Gegensätzlichkeit ppe_289.034 der Erbgrundlagen zu beruhen. Wie dem auch sei, es ppe_289.035 besteht die Forderung, den Auswirkungen verschiedenartiger Blutbindung ppe_289.036 in allen erkennbaren Fällen nachzugehen.
ppe_289.037 Andere Literaturen geben dazu vielleicht noch mehr Anlaß und ppe_289.038 bessere Beobachtungsmöglichkeit als die deutsche; z. B. Nordamerika, ppe_289.039 wo die Rassenprobleme des Schmelztiegels noch in jüngerer Zeit zu ppe_289.040 verfolgen sind, oder Großbritannien, wo die wallisischen, schottischen, ppe_289.041 irischen, angelsächsischen und normannischen Elemente in der Siedlungsgeschichte
ppe_289.001 schließlich dem Lebensgefühl des Humors gelingen konnte. ppe_289.002 Was aber dessen Art betrifft, so wird durch Siegfried Kadner der gröbere ppe_289.003 und deftige fälische Humor getrennt von dem feineren und milden ppe_289.004 nordischen, der bei Raabe wohl vorwiegt.
ppe_289.005 Der Gegensatz der beiden verwandten und oft vermischten Rassen ppe_289.006 kann nicht allein für die Widersprüche in Raabes Persönlichkeit entscheidend ppe_289.007 sein; sicher haben auch berufliche und gesellschaftliche ppe_289.008 Erfahrungen, Gewohnheiten, Schicksale der Vorfahren und die landschaftliche ppe_289.009 Verschiedenheit ihrer Herkunft mitgewirkt. Immerhin ppe_289.010 stellt der beobachtete Zwiespalt vor ungeklärte Probleme, denen Erbforschung ppe_289.011 und Literaturwissenschaft in gemeinsamer Arbeit weiter ppe_289.012 nachgehen sollten, nämlich inwieweit überhaupt rassische Zwiespältigkeit ppe_289.013 Konflikte schafft, die dem in sich widerspruchsvollen Dichter ppe_289.014 Erlebnis werden und ihn ohne Bewußtsein der Ursache zur Auseinandersetzung ppe_289.015 und selbstbefreienden Gestaltung zwingen.
ppe_289.016 Die Fragestellung kann nicht bis zu der Folgerung ausgedehnt ppe_289.017 werden, daß eine absolut reinrassige Herkunft, wie sie bei der europäischen ppe_289.018 Vermengung äußerst selten, wenn nicht geradezu ausgeschlossen ppe_289.019 sein muß, weniger gewaltsame Spannungen kenne und künstlerisch ppe_289.020 minder produktiv bleibe. Oder gar, daß Dichtung überhaupt erst aus ppe_289.021 Rassengegensätzen entstehe. Aber es ist nicht zu verkennen, daß die ppe_289.022 Untersuchungen über die Ursprünge des Genies, die seinerzeit Reibmayr ppe_289.023 unternahm und die neuerdings von Kretschmer wieder aufgenommen ppe_289.024 wurden, auf einen Vorzug der Kreuzung artverwandter ppe_289.025 Rassen hinführten. Auf jeden Fall liegt in der Verschiedenheit der ppe_289.026 von den Eltern ererbten Charakteranlage und in den daraus folgenden ppe_289.027 inneren Spannungen eine Vertiefung und Bereicherung der Erlebnisfähigkeit ppe_289.028 des werdenden Dichters. Man denke an E. T. A. Hoffmann, ppe_289.029 dessen Doppelleben als gewissenhafter Beamter und ausschweifendes ppe_289.030 Genie wie dessen ständiges Erlebnis des Gegensatzes zwischen Philister ppe_289.031 und Künstler auf die Wesensverschiedenheit der Eltern und ppe_289.032 ihrer Familien zurückzuführen ist. Moderne Gestaltungen des Gegensatzes ppe_289.033 zwischen Bürger und Künstler scheinen auf ähnlicher Gegensätzlichkeit ppe_289.034 der Erbgrundlagen zu beruhen. Wie dem auch sei, es ppe_289.035 besteht die Forderung, den Auswirkungen verschiedenartiger Blutbindung ppe_289.036 in allen erkennbaren Fällen nachzugehen.
ppe_289.037 Andere Literaturen geben dazu vielleicht noch mehr Anlaß und ppe_289.038 bessere Beobachtungsmöglichkeit als die deutsche; z. B. Nordamerika, ppe_289.039 wo die Rassenprobleme des Schmelztiegels noch in jüngerer Zeit zu ppe_289.040 verfolgen sind, oder Großbritannien, wo die wallisischen, schottischen, ppe_289.041 irischen, angelsächsischen und normannischen Elemente in der Siedlungsgeschichte
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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/313>, abgerufen am 23.11.2024.
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