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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944.

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Nicht immer ist der Parallelismus mit solcher fast epigrammatischen ppe_177.002
Prägnanz ausgesprochen wie in Goethes "Gesang der Geister über ppe_177.003
den Wassern": "Seele des Menschen, wie gleichst du dem Wasser, ppe_177.004
Schicksal des Menschen, wie gleichst du dem Wind." Im "Schicksalslied" ppe_177.005
Hyperion-Hölderlins sind zwei Motive in ähnlicher Weise ppe_177.006
kontrastiert: das im heiligen Harfenspiel der Künstlerin verbildlichte ppe_177.007
lichtvolle Wandeln seliger Genien und das ruhelose Dasein des Menschen ppe_177.008
im Gleichnis des von Klippe zu Klippe fallenden Wassersturzes. ppe_177.009
Wie hier akustische und visuelle Eindrücke, musikalische und dem ppe_177.010
Auge wahrnehmbare Bewegungen zusammengestellt sind, so verknüpfen ppe_177.011
sich zwei Motive gegensätzlicher Herkunft in Mörikes "Um Mitternacht", ppe_177.012
nämlich das visuelle Bild der gelassen ans Land steigenden ppe_177.013
Nacht und die Melodie des Schlummerliedes vom heute gewesenen ppe_177.014
Tage. Was die Quellen singen von ewiger Unrast des Lebens, das bedeutet ppe_177.015
in Eichendorffs "Sehnsucht" das Wanderlied der vorbeiziehenden ppe_177.016
zwei Gesellen, dessen Inhalt in vielerlei Zügen die Stimmung ppe_177.017
der Sommernacht zusammenfaßt (rauschende Wälder, Marmorbilder, ppe_177.018
verwilderte Gärten, Paläste im Mondschein, lauschende Mädchen am ppe_177.019
Fenster, verschlafen rauschende Brunnen); der ganze Bilderkomplex ppe_177.020
ist als ein einziges Motiv anzusehen, das die Situation des einsam am ppe_177.021
Fenster Stehenden weiterführt, indem es seine Seele sehnsüchtig ppe_177.022
bewegt.

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Zwischen Eichendorff und Mörike sind mancherlei Vergleiche zu ppe_177.024
ziehen, wenn beide Dichter sich im gleichen Motiv begegnen, z. B. ppe_177.025
in dem des Gärtners, der zu einer hohen, ihm unerreichbaren Frau ppe_177.026
in Verehrung aufblickt.

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[Beginn Spaltensatz]

Eichendorff.

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Wohin ich geh' und schaue, ppe_177.029
In Feld und Wald und Tal, ppe_177.030
Vom Berg hinab in die Aue: ppe_177.031
Vielschöne, hohe Fraue, ppe_177.032
Grüß' ich dich tausendmal.
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In meinem Garten find' ich ppe_177.034
Viel Blumen schön und fein, ppe_177.035
Viel Kränze wohl d'raus wind' ich ppe_177.036
Und tausend Gedanken bind' ich ppe_177.037
Und Grüße mit darein.
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Ihr darf ich keinen reichen, ppe_177.039
Sie ist zu hoch und schön, ppe_177.040
Die müssen alle verbleichen, ppe_177.041
Die Liebe nur ohnegleichen ppe_177.042
Bleibt ewig im Herzen steh'n.

[Spaltenumbruch] ppe_177.101

Mörike.

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Auf ihrem Leibrößlein, ppe_177.103
So weiß wie der Schnee, ppe_177.104
Die schönste Prinzessin ppe_177.105
Reit't durch die Allee.
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Der Weg, den das Rößlein ppe_177.107
Hintanzet so hold, ppe_177.108
Der Sand, den ich streute, ppe_177.109
Er blinket wie Gold.
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Du rosenfarb's Hütlein, ppe_177.111
Wohl auf und wohl ab, ppe_177.112
O wirf eine Feder ppe_177.113
Verstohlen herab.

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Eichendorff.

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Mörike.

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Zitationshilfe: Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/201>, abgerufen am 24.11.2024.