ppe_153.001 und Innenansicht, wie er mit der Ichform verbunden ist, ppe_153.002 entdeckt worden.
ppe_153.003 Bildet die Ich-Erzählung im homerischen Epos nur eine Einlage, ppe_153.004 so kann sie im Roman alleinherrschende Erzählungsform werden ppe_153.005 unter dem einheitlichen Blickpunkt fingierter Autobiographie. Sie ppe_153.006 kann in einer der lyrischen Selbstdarstellung angenäherten Weise ppe_153.007 eigenes Erleben des Dichters wiedergeben wie in Goethes "Werther" ppe_153.008 oder in Gottfried Kellers "Grünem Heinrich", dessen spätere Umarbeitung ppe_153.009 erst die Ichform konsequent durchführt. Die autobiographische ppe_153.010 Fiktion kann sogar auf historische Gestalten angewandt ppe_153.011 werden, wie es in Wilhelm Schäfers Roman "Karl Stauffers Werdegang" ppe_153.012 geschehen ist. Bei dieser objektiven, mehr dem Drama entsprechenden ppe_153.013 Erzählungsart tritt der Dichter völlig hinter seinem ppe_153.014 Helden, der zugleich als Erzähler eingeführt ist, zurück. Es kann ppe_153.015 sich aber auch eine Identität von Erzähler und Dichter wiederherstellen, ppe_153.016 wenn der Erzähler nur als Beobachter an der Geschichte teilgenommen ppe_153.017 haben will und keineswegs die Hauptperson ist; z. B. in ppe_153.018 Schillers "Geisterseher", in Wilhelm Raabes "Stopfkuchen", in Ricarda ppe_153.019 Huchs "Erinnerungen von Ludolf Ursleu dem Jüngeren". Wie ppe_153.020 der Erzähler gelegentlich die Maske eines Dichters trägt (Dante in ppe_153.021 C. F. Meyers "Hochzeit des Mönchs"), so kann sich dem Dichter ppe_153.022 wiederum der fingierte Name eines beteiligten Berichterstatters als ppe_153.023 Pseudonym dauernd anheften; auf diese Weise sind Erzählernamen ppe_153.024 wie Jean Paul, Jeremias Gotthelf, Hermann Burte zu Dichternamen ppe_153.025 geworden.
ppe_153.026 Eine Loslösung des objektiven Erzählers von dem epischen Ich ppe_153.027 wird notwendig, wenn das Schicksal des Helden bis zu seiner letzten ppe_153.028 Stunde, über die er selbst nicht mehr aussagen kann, berichtet werden ppe_153.029 soll. Dann wird die Ich-Erzählung eingerahmt durch einen Herausgeberbericht. ppe_153.030 Die Person des Herausgebers kann ganz nebensächlich ppe_153.031 sein, und sein Auftreten kann sich auf die bloße Mitteilung der ppe_153.032 Umstände, unter denen die von ihm wiedergegebene Handschrift in ppe_153.033 seine Hände gekommen war, beschränken. Aber der Herausgeber ppe_153.034 kann auch Glossator werden und Zweifel an der Richtigkeit aussprechen; ppe_153.035 er kann Lücken vermutungsweise ausfüllen oder Lücken ppe_153.036 schaffen, indem er angeblich Belangloses wegläßt. In diesem Fall ppe_153.037 übernimmt der Herausgeber die Rolle des Redaktors und kommt als ppe_153.038 solcher wieder zu einem besonderen Charakter, sei es gläubig ergriffener, ppe_153.039 sei es kritisch zweifelnder Art.
ppe_153.040 Die romantische Ironie rechnet gern mit bewußter Nachlässigkeit ppe_153.041 der Redaktion des Herausgebers und mit Unverstand des Setzers und
ppe_153.001 und Innenansicht, wie er mit der Ichform verbunden ist, ppe_153.002 entdeckt worden.
ppe_153.003 Bildet die Ich-Erzählung im homerischen Epos nur eine Einlage, ppe_153.004 so kann sie im Roman alleinherrschende Erzählungsform werden ppe_153.005 unter dem einheitlichen Blickpunkt fingierter Autobiographie. Sie ppe_153.006 kann in einer der lyrischen Selbstdarstellung angenäherten Weise ppe_153.007 eigenes Erleben des Dichters wiedergeben wie in Goethes „Werther“ ppe_153.008 oder in Gottfried Kellers „Grünem Heinrich“, dessen spätere Umarbeitung ppe_153.009 erst die Ichform konsequent durchführt. Die autobiographische ppe_153.010 Fiktion kann sogar auf historische Gestalten angewandt ppe_153.011 werden, wie es in Wilhelm Schäfers Roman „Karl Stauffers Werdegang“ ppe_153.012 geschehen ist. Bei dieser objektiven, mehr dem Drama entsprechenden ppe_153.013 Erzählungsart tritt der Dichter völlig hinter seinem ppe_153.014 Helden, der zugleich als Erzähler eingeführt ist, zurück. Es kann ppe_153.015 sich aber auch eine Identität von Erzähler und Dichter wiederherstellen, ppe_153.016 wenn der Erzähler nur als Beobachter an der Geschichte teilgenommen ppe_153.017 haben will und keineswegs die Hauptperson ist; z. B. in ppe_153.018 Schillers „Geisterseher“, in Wilhelm Raabes „Stopfkuchen“, in Ricarda ppe_153.019 Huchs „Erinnerungen von Ludolf Ursleu dem Jüngeren“. Wie ppe_153.020 der Erzähler gelegentlich die Maske eines Dichters trägt (Dante in ppe_153.021 C. F. Meyers „Hochzeit des Mönchs“), so kann sich dem Dichter ppe_153.022 wiederum der fingierte Name eines beteiligten Berichterstatters als ppe_153.023 Pseudonym dauernd anheften; auf diese Weise sind Erzählernamen ppe_153.024 wie Jean Paul, Jeremias Gotthelf, Hermann Burte zu Dichternamen ppe_153.025 geworden.
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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/177>, abgerufen am 22.11.2024.
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