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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944.

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an der Tat beteiligt und mitschuldig. Dieser ungeheuerliche Frevel ppe_136.002
muß, wenn er zum offenen Situationsbild wird, die Vergeltung nach ppe_136.003
sich ziehen: in der "Orestie" des Aischylos den Muttermord des ppe_136.004
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der der Sohn des Ermordeten durch den Geist aufgerufen wird; in ppe_136.006
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der Schuldig-Unschuldigen in den sühnebringenden Tod. In ppe_136.008
den beiden letzten Fällen ist das Situationsbild der treulosen Frau ppe_136.009
nicht in die Handlung, die unter der Folgewirkung steht, aufgenommen; ppe_136.010
es gehört zu der in der Exposition vermittelten Vorfabel. Man ppe_136.011
darf vielleicht sagen, daß die Situation dadurch in ein Motiv verwandelt ppe_136.012
worden ist. Die Situation nämlich enthält Spannungen, die dem ppe_136.013
Motiv an sich nicht innewohnen. Diese Spannungen lassen aus der ppe_136.014
Situation mit Hilfe der Motive eine problemhaltige Fabel sich entwickeln.

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4. Dritte Stufe: Plan ppe_136.017
(Fabel -- Absicht -- Technik)
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a) Fabel

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Wenn in der Fabelsammlung des römischen Grammatikers Hyginus ppe_136.020
griechische Mythen erzählt sind, die man als Inhaltsangaben verlorener ppe_136.021
Tragödien betrachten darf, so treffen zufällig einmal die beiden verschiedenartigen ppe_136.022
Bedeutungen zusammen, die mit dem Worte Fabel ppe_136.023
verbunden sind: das eine ist eine Erzählungsart lehrhaften Sinnes, ppe_136.024
die man als Randform der Dichtung betrachten darf; das andere eine ppe_136.025
abstrahierende Zurückführung des Inhalts epischer und dramatischer ppe_136.026
Dichtungen auf die Motivverknüpfung ihres wesentlichen Handlungsgerippes. ppe_136.027
Solange man den Kern jeder Dichtung in einem moralischen ppe_136.028
Satz suchte, konnte man der Meinung sein, daß beides in der Tat ppe_136.029
gleich sei. So machte sich Gottscheds "Kritische Dichtkunst" lächerlich, ppe_136.030
indem sie es bloß von der Namenwahl abhängig sein ließ, ob aus ppe_136.031
demselben moralischen Satz eine äsopische Fabel oder ein Epos oder ppe_136.032
eine Tragödie zu entstehen habe.

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Der Begriff des moralischen Satzes ist hinfällig und bleibt höchstens ppe_136.034
noch der Fabel als lehrhafter Dichtart im Sinne einer Nutzanwendung ppe_136.035
(fabula docet) vorbehalten. Für die Sinnesdeutung großer ppe_136.036
Dichtung aber sind die Begriffe Problem und Idee an seine Stelle ppe_136.037
getreten, und das, was man als epische oder dramatische Fabel zu ppe_136.038
bezeichnen hat, bedeutet die sinngemäße Verknüpfung der Situationen ppe_136.039
und Motive und die Zurichtung eines Stoffes zum Gefäß einer Idee.

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an der Tat beteiligt und mitschuldig. Dieser ungeheuerliche Frevel ppe_136.002
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Tragödien betrachten darf, so treffen zufällig einmal die beiden verschiedenartigen ppe_136.022
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Der Begriff des moralischen Satzes ist hinfällig und bleibt höchstens ppe_136.034
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Zitationshilfe: Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/160>, abgerufen am 24.11.2024.