Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

zog es vor, wenn es so sey, lieber dem Spiel in
der Ferne zuzusehen; alles was ihm übrig blieb
Staub in die Milch zu werfen, war dieses, daß er
am Abend, ehe der Herzog verreißte, noch zu ihm
sagte, er solle Arner, den Lieutenant und den Pfar-
rer während der Untersuchung entfernen. -- Diese
Herren, sagte er, wissen izt, daß Sie kommen,
und ihre Uhr ist aufgezogen, daß sie während ihrem
Daseyn gut gehet; aber so sie die drey ersten Rä-
der davon eine Weile still stellen, so ist die Stunde
vielleicht so gut, daß Sie dahin kommen die Schwä-
che des Werks, die mir sicher ist, einzusehen, ohne
dieses aber gewiß nicht. --

Nun verreißte der Herzog, und das ganze Per-
sonale der Untersuchung hatte Befehl, in den ersten
Tagen, und so lang bis ein jeder in seinem Fach
dem Herzog Bericht abgestattet, kein Urtheil darü-
ber zu fällen, sich auch gegen Niemand verlauten
zu lassen, was ihre wahre Urtheile darüber seyen --
Das war gut, aber nicht um deswillen warum es
der Fürst glaubte -- Er meynte nemlich -- der
erste Eindruck der Sache werde sie einnehmen, daß
sie alsobald mit einem Trompetenstoß zum Vortheil
davon herausrücken, und denn nicht mehr zurück-
stimmen können. Es war das Gegentheil; da sie
das Ganze sahen, schwindelte es den Herren und
Frauen, sie meynten nichts anders, als dieses all-
gemein auszuführen übersteige alle Menschen Kräfte,

zog es vor, wenn es ſo ſey, lieber dem Spiel in
der Ferne zuzuſehen; alles was ihm uͤbrig blieb
Staub in die Milch zu werfen, war dieſes, daß er
am Abend, ehe der Herzog verreißte, noch zu ihm
ſagte, er ſolle Arner, den Lieutenant und den Pfar-
rer waͤhrend der Unterſuchung entfernen. — Dieſe
Herren, ſagte er, wiſſen izt, daß Sie kommen,
und ihre Uhr iſt aufgezogen, daß ſie waͤhrend ihrem
Daſeyn gut gehet; aber ſo ſie die drey erſten Raͤ-
der davon eine Weile ſtill ſtellen, ſo iſt die Stunde
vielleicht ſo gut, daß Sie dahin kommen die Schwaͤ-
che des Werks, die mir ſicher iſt, einzuſehen, ohne
dieſes aber gewiß nicht. —

Nun verreißte der Herzog, und das ganze Per-
ſonale der Unterſuchung hatte Befehl, in den erſten
Tagen, und ſo lang bis ein jeder in ſeinem Fach
dem Herzog Bericht abgeſtattet, kein Urtheil daruͤ-
ber zu faͤllen, ſich auch gegen Niemand verlauten
zu laſſen, was ihre wahre Urtheile daruͤber ſeyen —
Das war gut, aber nicht um deswillen warum es
der Fuͤrſt glaubte — Er meynte nemlich — der
erſte Eindruck der Sache werde ſie einnehmen, daß
ſie alſobald mit einem Trompetenſtoß zum Vortheil
davon herausruͤcken, und denn nicht mehr zuruͤck-
ſtimmen koͤnnen. Es war das Gegentheil; da ſie
das Ganze ſahen, ſchwindelte es den Herren und
Frauen, ſie meynten nichts anders, als dieſes all-
gemein auszufuͤhren uͤberſteige alle Menſchen Kraͤfte,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0458" n="440"/>
zog es vor, wenn es &#x017F;o &#x017F;ey, lieber dem Spiel in<lb/>
der Ferne zuzu&#x017F;ehen; alles was ihm u&#x0364;brig blieb<lb/>
Staub in die Milch zu werfen, war die&#x017F;es, daß er<lb/>
am Abend, ehe der Herzog verreißte, noch zu ihm<lb/>
&#x017F;agte, er &#x017F;olle Arner, den Lieutenant und den Pfar-<lb/>
rer wa&#x0364;hrend der Unter&#x017F;uchung entfernen. &#x2014; Die&#x017F;e<lb/>
Herren, &#x017F;agte er, wi&#x017F;&#x017F;en izt, daß Sie kommen,<lb/>
und ihre Uhr i&#x017F;t aufgezogen, daß &#x017F;ie wa&#x0364;hrend ihrem<lb/>
Da&#x017F;eyn gut gehet; aber &#x017F;o &#x017F;ie die drey er&#x017F;ten Ra&#x0364;-<lb/>
der davon eine Weile &#x017F;till &#x017F;tellen, &#x017F;o i&#x017F;t die Stunde<lb/>
vielleicht &#x017F;o gut, daß Sie dahin kommen die Schwa&#x0364;-<lb/>
che des Werks, die mir &#x017F;icher i&#x017F;t, einzu&#x017F;ehen, ohne<lb/>
die&#x017F;es aber gewiß nicht. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Nun verreißte der Herzog, und das ganze Per-<lb/>
&#x017F;onale der Unter&#x017F;uchung hatte Befehl, in den er&#x017F;ten<lb/>
Tagen, und &#x017F;o lang bis ein jeder in &#x017F;einem Fach<lb/>
dem Herzog Bericht abge&#x017F;tattet, kein Urtheil daru&#x0364;-<lb/>
ber zu fa&#x0364;llen, &#x017F;ich auch gegen Niemand verlauten<lb/>
zu la&#x017F;&#x017F;en, was ihre wahre Urtheile daru&#x0364;ber &#x017F;eyen &#x2014;<lb/>
Das war gut, aber nicht um deswillen warum es<lb/>
der Fu&#x0364;r&#x017F;t glaubte &#x2014; Er meynte nemlich &#x2014; der<lb/>
er&#x017F;te Eindruck der Sache werde &#x017F;ie einnehmen, daß<lb/>
&#x017F;ie al&#x017F;obald mit einem Trompeten&#x017F;toß zum Vortheil<lb/>
davon herausru&#x0364;cken, und denn nicht mehr zuru&#x0364;ck-<lb/>
&#x017F;timmen ko&#x0364;nnen. Es war das Gegentheil; da &#x017F;ie<lb/>
das Ganze &#x017F;ahen, &#x017F;chwindelte es den Herren und<lb/>
Frauen, &#x017F;ie meynten nichts anders, als die&#x017F;es all-<lb/>
gemein auszufu&#x0364;hren u&#x0364;ber&#x017F;teige alle Men&#x017F;chen Kra&#x0364;fte,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[440/0458] zog es vor, wenn es ſo ſey, lieber dem Spiel in der Ferne zuzuſehen; alles was ihm uͤbrig blieb Staub in die Milch zu werfen, war dieſes, daß er am Abend, ehe der Herzog verreißte, noch zu ihm ſagte, er ſolle Arner, den Lieutenant und den Pfar- rer waͤhrend der Unterſuchung entfernen. — Dieſe Herren, ſagte er, wiſſen izt, daß Sie kommen, und ihre Uhr iſt aufgezogen, daß ſie waͤhrend ihrem Daſeyn gut gehet; aber ſo ſie die drey erſten Raͤ- der davon eine Weile ſtill ſtellen, ſo iſt die Stunde vielleicht ſo gut, daß Sie dahin kommen die Schwaͤ- che des Werks, die mir ſicher iſt, einzuſehen, ohne dieſes aber gewiß nicht. — Nun verreißte der Herzog, und das ganze Per- ſonale der Unterſuchung hatte Befehl, in den erſten Tagen, und ſo lang bis ein jeder in ſeinem Fach dem Herzog Bericht abgeſtattet, kein Urtheil daruͤ- ber zu faͤllen, ſich auch gegen Niemand verlauten zu laſſen, was ihre wahre Urtheile daruͤber ſeyen — Das war gut, aber nicht um deswillen warum es der Fuͤrſt glaubte — Er meynte nemlich — der erſte Eindruck der Sache werde ſie einnehmen, daß ſie alſobald mit einem Trompetenſtoß zum Vortheil davon herausruͤcken, und denn nicht mehr zuruͤck- ſtimmen koͤnnen. Es war das Gegentheil; da ſie das Ganze ſahen, ſchwindelte es den Herren und Frauen, ſie meynten nichts anders, als dieſes all- gemein auszufuͤhren uͤberſteige alle Menſchen Kraͤfte,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/458
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/458>, abgerufen am 16.07.2024.