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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

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mungen des gemeinen Rechtsgangs in diesem Dorf
unmöglich.

Wer im Rechtslauf sich einer Unwahrheit
schuldig gemacht, der durfte nicht anderst als mit
und neben einem Harschier vor Gericht erschei-
nen.

Zweytens, man läutete an einem Rechtstage,
an welchem eine solche Hartnäckigkeits-Sache ob-
waltete, in Bonnal die Sturmglocke.

Drittens, mußte der Pfarrer für solche Strei-
tende in der Kirche beten, gerade hinter dem Ge-
bet für Kranke und Angefochtene.

Viertens, mußte er, wann ein Fest einfiel,
ihnen anzeigen lassen, man habe vor Altem Leute,
die im öffentlichen Streit miteinander gelebt, nicht
zum Nachtmahl gelassen, izt aber können sie kom-
men, wenn sie sich nicht schämen.

Es war aber nicht dem Pfarrer überlassen,
ob er es ihnen wolle sagen lassen oder nicht, son-
dern gehörte ganz bestimmt zur gesezlich anbefohle-
nen Prozeßform, durch welche Arner, in Verbin-
dung seiner Vorbeugungs-Mitteln dagegen, allem
gerichtlichen Streit in Bonnal so viel als den Gar-
aus machte. Die Mühe, welche solche, dem Ruin
des Hausglückes und der Seelenruh vorbiegende

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mungen des gemeinen Rechtsgangs in dieſem Dorf
unmoͤglich.

Wer im Rechtslauf ſich einer Unwahrheit
ſchuldig gemacht, der durfte nicht anderſt als mit
und neben einem Harſchier vor Gericht erſchei-
nen.

Zweytens, man laͤutete an einem Rechtstage,
an welchem eine ſolche Hartnaͤckigkeits-Sache ob-
waltete, in Bonnal die Sturmglocke.

Drittens, mußte der Pfarrer fuͤr ſolche Strei-
tende in der Kirche beten, gerade hinter dem Ge-
bet fuͤr Kranke und Angefochtene.

Viertens, mußte er, wann ein Feſt einfiel,
ihnen anzeigen laſſen, man habe vor Altem Leute,
die im oͤffentlichen Streit miteinander gelebt, nicht
zum Nachtmahl gelaſſen, izt aber koͤnnen ſie kom-
men, wenn ſie ſich nicht ſchaͤmen.

Es war aber nicht dem Pfarrer uͤberlaſſen,
ob er es ihnen wolle ſagen laſſen oder nicht, ſon-
dern gehoͤrte ganz beſtimmt zur geſezlich anbefohle-
nen Prozeßform, durch welche Arner, in Verbin-
dung ſeiner Vorbeugungs-Mitteln dagegen, allem
gerichtlichen Streit in Bonnal ſo viel als den Gar-
aus machte. Die Muͤhe, welche ſolche, dem Ruin
des Hausgluͤckes und der Seelenruh vorbiegende

T 3
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[293/0311] mungen des gemeinen Rechtsgangs in dieſem Dorf unmoͤglich. Wer im Rechtslauf ſich einer Unwahrheit ſchuldig gemacht, der durfte nicht anderſt als mit und neben einem Harſchier vor Gericht erſchei- nen. Zweytens, man laͤutete an einem Rechtstage, an welchem eine ſolche Hartnaͤckigkeits-Sache ob- waltete, in Bonnal die Sturmglocke. Drittens, mußte der Pfarrer fuͤr ſolche Strei- tende in der Kirche beten, gerade hinter dem Ge- bet fuͤr Kranke und Angefochtene. Viertens, mußte er, wann ein Feſt einfiel, ihnen anzeigen laſſen, man habe vor Altem Leute, die im oͤffentlichen Streit miteinander gelebt, nicht zum Nachtmahl gelaſſen, izt aber koͤnnen ſie kom- men, wenn ſie ſich nicht ſchaͤmen. Es war aber nicht dem Pfarrer uͤberlaſſen, ob er es ihnen wolle ſagen laſſen oder nicht, ſon- dern gehoͤrte ganz beſtimmt zur geſezlich anbefohle- nen Prozeßform, durch welche Arner, in Verbin- dung ſeiner Vorbeugungs-Mitteln dagegen, allem gerichtlichen Streit in Bonnal ſo viel als den Gar- aus machte. Die Muͤhe, welche ſolche, dem Ruin des Hausgluͤckes und der Seelenruh vorbiegende T 3

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/311>, abgerufen am 28.04.2024.