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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

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Denn so wie Arner die unbegränzte Freyheit
der Menschen über ihr selbst erworbenes Gut für
einen billigen Lohn ihrer bürgerlichen Tugend und
ihres Verdiensts ansah, so hielt er hingegen die
unbeschränkte Freyheit mit ererbtem Gut zu han-
deln, dem ersten Endzweck der bürgerlichen Ver-
bindung, der Gründung und Festhaltung eines all-
gemeinen Familien-Wohlstands, der, so viel mög-
lich, auf Kind und Kindskinder hinunter sollte ver-
sichert werden, entgegen streitend; und behauptete,
die Kinder der gemeinen Leute haben auch bey
Lebzeiten ihrer Aeltern ein reales Recht auf die Er-
haltung ihrer noch so kleinen Stamm- und Erbgü-
ter, und dieses Recht gründe sich auf die gleichen
richtigen Grundsätze, nach welchen die größern Fa-
milien ihre Hauptbesitzungen unveräußerlich ma-
chen; und der Staat habe in Absicht auf das ge-
meine Volk die wichtigsten Pflichten, die Erhaltung
des Erbeigenthums, in der Hand der zeitlichen Nuz-
nießern derselben, zur Sicherheit ihrer Erbfolger
bestens zu verwahren. Nach diesen Grundsätzen
nahm er solchen Halbwilden, die in der Verwal-
tung ihres Eigenthums in keine bürgerliche Ord-
nung hinein wollten, das Recht ihrer Verwaltung
-- und band --

Siebentens, die Freyheit seiner Bonnaler an
ihre Hausordnung, an ihr Worthalten, und be-
fahl in diesem Gesichtspunkt, daß eine jede Schuld,

Denn ſo wie Arner die unbegraͤnzte Freyheit
der Menſchen uͤber ihr ſelbſt erworbenes Gut fuͤr
einen billigen Lohn ihrer buͤrgerlichen Tugend und
ihres Verdienſts anſah, ſo hielt er hingegen die
unbeſchraͤnkte Freyheit mit ererbtem Gut zu han-
deln, dem erſten Endzweck der buͤrgerlichen Ver-
bindung, der Gruͤndung und Feſthaltung eines all-
gemeinen Familien-Wohlſtands, der, ſo viel moͤg-
lich, auf Kind und Kindskinder hinunter ſollte ver-
ſichert werden, entgegen ſtreitend; und behauptete,
die Kinder der gemeinen Leute haben auch bey
Lebzeiten ihrer Aeltern ein reales Recht auf die Er-
haltung ihrer noch ſo kleinen Stamm- und Erbguͤ-
ter, und dieſes Recht gruͤnde ſich auf die gleichen
richtigen Grundſaͤtze, nach welchen die groͤßern Fa-
milien ihre Hauptbeſitzungen unveraͤußerlich ma-
chen; und der Staat habe in Abſicht auf das ge-
meine Volk die wichtigſten Pflichten, die Erhaltung
des Erbeigenthums, in der Hand der zeitlichen Nuz-
nießern derſelben, zur Sicherheit ihrer Erbfolger
beſtens zu verwahren. Nach dieſen Grundſaͤtzen
nahm er ſolchen Halbwilden, die in der Verwal-
tung ihres Eigenthums in keine buͤrgerliche Ord-
nung hinein wollten, das Recht ihrer Verwaltung
— und band —

Siebentens, die Freyheit ſeiner Bonnaler an
ihre Hausordnung, an ihr Worthalten, und be-
fahl in dieſem Geſichtspunkt, daß eine jede Schuld,

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[274/0292] Denn ſo wie Arner die unbegraͤnzte Freyheit der Menſchen uͤber ihr ſelbſt erworbenes Gut fuͤr einen billigen Lohn ihrer buͤrgerlichen Tugend und ihres Verdienſts anſah, ſo hielt er hingegen die unbeſchraͤnkte Freyheit mit ererbtem Gut zu han- deln, dem erſten Endzweck der buͤrgerlichen Ver- bindung, der Gruͤndung und Feſthaltung eines all- gemeinen Familien-Wohlſtands, der, ſo viel moͤg- lich, auf Kind und Kindskinder hinunter ſollte ver- ſichert werden, entgegen ſtreitend; und behauptete, die Kinder der gemeinen Leute haben auch bey Lebzeiten ihrer Aeltern ein reales Recht auf die Er- haltung ihrer noch ſo kleinen Stamm- und Erbguͤ- ter, und dieſes Recht gruͤnde ſich auf die gleichen richtigen Grundſaͤtze, nach welchen die groͤßern Fa- milien ihre Hauptbeſitzungen unveraͤußerlich ma- chen; und der Staat habe in Abſicht auf das ge- meine Volk die wichtigſten Pflichten, die Erhaltung des Erbeigenthums, in der Hand der zeitlichen Nuz- nießern derſelben, zur Sicherheit ihrer Erbfolger beſtens zu verwahren. Nach dieſen Grundſaͤtzen nahm er ſolchen Halbwilden, die in der Verwal- tung ihres Eigenthums in keine buͤrgerliche Ord- nung hinein wollten, das Recht ihrer Verwaltung — und band — Siebentens, die Freyheit ſeiner Bonnaler an ihre Hausordnung, an ihr Worthalten, und be- fahl in dieſem Geſichtspunkt, daß eine jede Schuld,

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/292>, abgerufen am 07.05.2024.