So eine Hochzeit hat von uns keiner, dachten alle Jünglinge des Dorfs; und die Mädchen, die sonst bey allen Hochzeiten flüstern, waren still, da der Pfarrer sie segnete. -- Dann läuteten wieder alle Glocken; der Junker führte die Braut, und Therese gieng mit dem Hübel-Rudi aus der Kirche ins Pfarrhaus, und die Waldhorn und Trompe- ten machten mit den Stimmen des Volks und den läutenden Glocken ein frohes Getümmel.
Er gab der Gemeinde einen Freuden-Trunk für das Fest, das sie ihm feyerten; rund um, fast um die halbe Matten des Pfarrhauses stunden Stühle und Tische, Wein, und Brod, und Käs, warme und kalte Milch, Würst und Kuchen für Junge und Alte genug auf den Tischen. -- Mitten im runden Kreis der Gemeinde saßen die Hochzeitgäste und das ganze Schloß, und das Pfarrhaus, an einem Tisch; sie hatten ein mäßiges Mahl, nur wenig mehr als die ganze Gemeinde -- aber in der Mitte des Es- sens brachte die Magd aus dem Pfarrhaus den Hochzeitleuten ihre Geschenke, aus dem Schloß und aus dem Pfarrhaus -- es war gar viel schönes und gar viel nüzliches, doch war unter allem das schön- ste, was ihnen der Lieutenant schenkte.
Hinter hellem Wasser-reinem Glas, in einer goldenen Rahm, wie ein großer Spiegel, schenk- te er ihnen die lezten Worte der Großmutter:
So eine Hochzeit hat von uns keiner, dachten alle Juͤnglinge des Dorfs; und die Maͤdchen, die ſonſt bey allen Hochzeiten fluͤſtern, waren ſtill, da der Pfarrer ſie ſegnete. — Dann laͤuteten wieder alle Glocken; der Junker fuͤhrte die Braut, und Thereſe gieng mit dem Huͤbel-Rudi aus der Kirche ins Pfarrhaus, und die Waldhorn und Trompe- ten machten mit den Stimmen des Volks und den laͤutenden Glocken ein frohes Getuͤmmel.
Er gab der Gemeinde einen Freuden-Trunk fuͤr das Feſt, das ſie ihm feyerten; rund um, faſt um die halbe Matten des Pfarrhauſes ſtunden Stuͤhle und Tiſche, Wein, und Brod, und Kaͤs, warme und kalte Milch, Wuͤrſt und Kuchen fuͤr Junge und Alte genug auf den Tiſchen. — Mitten im runden Kreis der Gemeinde ſaßen die Hochzeitgaͤſte und das ganze Schloß, und das Pfarrhaus, an einem Tiſch; ſie hatten ein maͤßiges Mahl, nur wenig mehr als die ganze Gemeinde — aber in der Mitte des Eſ- ſens brachte die Magd aus dem Pfarrhaus den Hochzeitleuten ihre Geſchenke, aus dem Schloß und aus dem Pfarrhaus — es war gar viel ſchoͤnes und gar viel nuͤzliches, doch war unter allem das ſchoͤn- ſte, was ihnen der Lieutenant ſchenkte.
Hinter hellem Waſſer-reinem Glas, in einer goldenen Rahm, wie ein großer Spiegel, ſchenk- te er ihnen die lezten Worte der Großmutter:
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0248"n="230"/><p>So eine Hochzeit hat von uns keiner, dachten<lb/>
alle Juͤnglinge des Dorfs; und die Maͤdchen, die<lb/>ſonſt bey allen Hochzeiten fluͤſtern, waren ſtill, da<lb/>
der Pfarrer ſie ſegnete. — Dann laͤuteten wieder<lb/>
alle Glocken; der Junker fuͤhrte die Braut, und<lb/>
Thereſe gieng mit dem Huͤbel-Rudi aus der Kirche<lb/>
ins Pfarrhaus, und die Waldhorn und Trompe-<lb/>
ten machten mit den Stimmen des Volks und den<lb/>
laͤutenden Glocken ein frohes Getuͤmmel.</p><lb/><p>Er gab der Gemeinde einen Freuden-Trunk fuͤr<lb/>
das Feſt, das ſie ihm feyerten; rund um, faſt um<lb/>
die halbe Matten des Pfarrhauſes ſtunden Stuͤhle<lb/>
und Tiſche, Wein, und Brod, und Kaͤs, warme<lb/>
und kalte Milch, Wuͤrſt und Kuchen fuͤr Junge und<lb/>
Alte genug auf den Tiſchen. — Mitten im runden<lb/>
Kreis der Gemeinde ſaßen die Hochzeitgaͤſte und das<lb/>
ganze Schloß, und das Pfarrhaus, an einem Tiſch;<lb/>ſie hatten ein maͤßiges Mahl, nur wenig mehr als<lb/>
die ganze Gemeinde — aber in der Mitte des Eſ-<lb/>ſens brachte die Magd aus dem Pfarrhaus den<lb/>
Hochzeitleuten ihre Geſchenke, aus dem Schloß und<lb/>
aus dem Pfarrhaus — es war gar viel ſchoͤnes und<lb/>
gar viel nuͤzliches, doch war unter allem das ſchoͤn-<lb/>ſte, was ihnen der Lieutenant ſchenkte.</p><lb/><p>Hinter hellem Waſſer-reinem Glas, in einer<lb/>
goldenen Rahm, wie ein großer Spiegel, ſchenk-<lb/>
te er ihnen die lezten Worte der Großmutter:<lb/></p></div></body></text></TEI>
[230/0248]
So eine Hochzeit hat von uns keiner, dachten
alle Juͤnglinge des Dorfs; und die Maͤdchen, die
ſonſt bey allen Hochzeiten fluͤſtern, waren ſtill, da
der Pfarrer ſie ſegnete. — Dann laͤuteten wieder
alle Glocken; der Junker fuͤhrte die Braut, und
Thereſe gieng mit dem Huͤbel-Rudi aus der Kirche
ins Pfarrhaus, und die Waldhorn und Trompe-
ten machten mit den Stimmen des Volks und den
laͤutenden Glocken ein frohes Getuͤmmel.
Er gab der Gemeinde einen Freuden-Trunk fuͤr
das Feſt, das ſie ihm feyerten; rund um, faſt um
die halbe Matten des Pfarrhauſes ſtunden Stuͤhle
und Tiſche, Wein, und Brod, und Kaͤs, warme
und kalte Milch, Wuͤrſt und Kuchen fuͤr Junge und
Alte genug auf den Tiſchen. — Mitten im runden
Kreis der Gemeinde ſaßen die Hochzeitgaͤſte und das
ganze Schloß, und das Pfarrhaus, an einem Tiſch;
ſie hatten ein maͤßiges Mahl, nur wenig mehr als
die ganze Gemeinde — aber in der Mitte des Eſ-
ſens brachte die Magd aus dem Pfarrhaus den
Hochzeitleuten ihre Geſchenke, aus dem Schloß und
aus dem Pfarrhaus — es war gar viel ſchoͤnes und
gar viel nuͤzliches, doch war unter allem das ſchoͤn-
ſte, was ihnen der Lieutenant ſchenkte.
Hinter hellem Waſſer-reinem Glas, in einer
goldenen Rahm, wie ein großer Spiegel, ſchenk-
te er ihnen die lezten Worte der Großmutter:
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/248>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.