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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

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Der Junker sezte den Heirli auf die Lehne sei-
nes Sessels, so, daß er ihn wie auf dem Arm
hatte; der gute Heirli streichelte ihn wieder an Ba-
cken, und sagte ihm, Gelt, du stirbst izt auch nicht
mehr? Bald darauf -- du siehest aus, wie ein
Großvater -- und dann -- kannst izt auch nicht
mehr gehen? -- Der Junker stund ihm zu ge-
fallen auf, gieng die Stuben auf und ab, und sag-
te ihm, sieh', wenn man krank gewesen, so mag
man nicht gleich wieder springen wie im Garten.
Aber es wird wohl wieder kommen -- daß du wie-
der springen kannst wie im Garten? sagte das
Kind. --

So redte er mit vielen; und sie erzählten ihm
auch von dem Freudenfest, welches man in Bon-
nal halten wollte, wenn er das Erstemal wieder zu
ihnen in die Kirche kommen werde. Des Hübel
Rudis Kind sagte, sein Vater wolle an diesem
Tage, und an keinem andern, Hochzeit halten.
Er gab dem Kind zur Antwort, sag deinem Va-
ter nur, er müsse nicht mehr lang warten, über
8 Tag komm ich in die Kirche.

Dann gieng er noch unter die Thüre, auch
ihre Geißen zu sehen, die sie da vorbey führten
zum Brunnen; aber ihrer viele liefen mit ihren
Thieren so geschwind vorbey, als wenn sie jemand
jagte. Der Karl lachte allemal, wenn einer so

Der Junker ſezte den Heirli auf die Lehne ſei-
nes Seſſels, ſo, daß er ihn wie auf dem Arm
hatte; der gute Heirli ſtreichelte ihn wieder an Ba-
cken, und ſagte ihm, Gelt, du ſtirbſt izt auch nicht
mehr? Bald darauf — du ſieheſt aus, wie ein
Großvater — und dann — kannſt izt auch nicht
mehr gehen? — Der Junker ſtund ihm zu ge-
fallen auf, gieng die Stuben auf und ab, und ſag-
te ihm, ſieh', wenn man krank geweſen, ſo mag
man nicht gleich wieder ſpringen wie im Garten.
Aber es wird wohl wieder kommen — daß du wie-
der ſpringen kannſt wie im Garten? ſagte das
Kind. —

So redte er mit vielen; und ſie erzaͤhlten ihm
auch von dem Freudenfeſt, welches man in Bon-
nal halten wollte, wenn er das Erſtemal wieder zu
ihnen in die Kirche kommen werde. Des Huͤbel
Rudis Kind ſagte, ſein Vater wolle an dieſem
Tage, und an keinem andern, Hochzeit halten.
Er gab dem Kind zur Antwort, ſag deinem Va-
ter nur, er muͤſſe nicht mehr lang warten, uͤber
8 Tag komm ich in die Kirche.

Dann gieng er noch unter die Thuͤre, auch
ihre Geißen zu ſehen, die ſie da vorbey fuͤhrten
zum Brunnen; aber ihrer viele liefen mit ihren
Thieren ſo geſchwind vorbey, als wenn ſie jemand
jagte. Der Karl lachte allemal, wenn einer ſo

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[206/0224] Der Junker ſezte den Heirli auf die Lehne ſei- nes Seſſels, ſo, daß er ihn wie auf dem Arm hatte; der gute Heirli ſtreichelte ihn wieder an Ba- cken, und ſagte ihm, Gelt, du ſtirbſt izt auch nicht mehr? Bald darauf — du ſieheſt aus, wie ein Großvater — und dann — kannſt izt auch nicht mehr gehen? — Der Junker ſtund ihm zu ge- fallen auf, gieng die Stuben auf und ab, und ſag- te ihm, ſieh', wenn man krank geweſen, ſo mag man nicht gleich wieder ſpringen wie im Garten. Aber es wird wohl wieder kommen — daß du wie- der ſpringen kannſt wie im Garten? ſagte das Kind. — So redte er mit vielen; und ſie erzaͤhlten ihm auch von dem Freudenfeſt, welches man in Bon- nal halten wollte, wenn er das Erſtemal wieder zu ihnen in die Kirche kommen werde. Des Huͤbel Rudis Kind ſagte, ſein Vater wolle an dieſem Tage, und an keinem andern, Hochzeit halten. Er gab dem Kind zur Antwort, ſag deinem Va- ter nur, er muͤſſe nicht mehr lang warten, uͤber 8 Tag komm ich in die Kirche. Dann gieng er noch unter die Thuͤre, auch ihre Geißen zu ſehen, die ſie da vorbey fuͤhrten zum Brunnen; aber ihrer viele liefen mit ihren Thieren ſo geſchwind vorbey, als wenn ſie jemand jagte. Der Karl lachte allemal, wenn einer ſo

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/224>, abgerufen am 23.04.2024.