-- Er schob es ihm unter den Rok, damit es niemand sehe. -- Der Alte nahm einen Mund voll nach dem andern davon ins Maul und kauete den ganzen Morgen daran.
§. 16. Ein Wort darüber, was die Bauren sind -- wie und wo und wann sie zei- gen, was sie sind -- und was sie nicht seyn dörfen.
Sie hatten auf der Allment nichts zu thun als die Aecker, die schon abgestekt und ausgemessen waren, durch das Loos zu ver- theilen.
Neunzig Juchart von diesem Land, welche zu einer Wässermatten bestimmt waren, konnte man noch nicht vertheilen: das Wasser war noch nicht vollends bey einander, und die Grä- ben, die man zuerst machen muß, waren noch nicht abgestekt: aber Wasser selber war schon so viel da, daß es ein Mühlerad getrieben hätte, und das vom allerbesten zum Gras treiben. Es rinnt auf allen Seiten über die Aecker; und wo ein Tropfen davon hinkommt, da grunet es, daß kein Mensch im Dorf mehr ist, der daran zweifelt, diese 90 Jucharten seyen so viel als eine gerathene Matten.
E 4
— Er ſchob es ihm unter den Rok, damit es niemand ſehe. — Der Alte nahm einen Mund voll nach dem andern davon ins Maul und kauete den ganzen Morgen daran.
§. 16. Ein Wort daruͤber, was die Bauren ſind — wie und wo und wann ſie zei- gen, was ſie ſind — und was ſie nicht ſeyn doͤrfen.
Sie hatten auf der Allment nichts zu thun als die Aecker, die ſchon abgeſtekt und ausgemeſſen waren, durch das Loos zu ver- theilen.
Neunzig Juchart von dieſem Land, welche zu einer Waͤſſermatten beſtimmt waren, konnte man noch nicht vertheilen: das Waſſer war noch nicht vollends bey einander, und die Graͤ- ben, die man zuerſt machen muß, waren noch nicht abgeſtekt: aber Waſſer ſelber war ſchon ſo viel da, daß es ein Muͤhlerad getrieben haͤtte, und das vom allerbeſten zum Gras treiben. Es rinnt auf allen Seiten uͤber die Aecker; und wo ein Tropfen davon hinkommt, da grunet es, daß kein Menſch im Dorf mehr iſt, der daran zweifelt, dieſe 90 Jucharten ſeyen ſo viel als eine gerathene Matten.
E 4
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0093"n="71"/>— Er ſchob es ihm unter den Rok, damit es<lb/>
niemand ſehe. — Der Alte nahm einen Mund<lb/>
voll nach dem andern davon ins Maul und<lb/>
kauete den ganzen Morgen daran.</p></div><lb/><divn="1"><head>§. 16.<lb/>
Ein Wort daruͤber, was die Bauren<lb/>ſind — wie und wo und wann ſie zei-<lb/>
gen, was ſie ſind — und was ſie nicht<lb/>ſeyn doͤrfen.</head><lb/><p><hirendition="#in">S</hi>ie hatten auf der Allment nichts zu thun<lb/>
als die Aecker, die ſchon abgeſtekt und<lb/>
ausgemeſſen waren, durch das Loos zu ver-<lb/>
theilen.</p><lb/><p>Neunzig Juchart von dieſem Land, welche<lb/>
zu einer Waͤſſermatten beſtimmt waren, konnte<lb/>
man noch nicht vertheilen: das Waſſer war<lb/>
noch nicht vollends bey einander, und die Graͤ-<lb/>
ben, die man zuerſt machen muß, waren noch<lb/>
nicht abgeſtekt: aber Waſſer ſelber war ſchon<lb/>ſo viel da, daß es ein Muͤhlerad getrieben haͤtte,<lb/>
und das vom allerbeſten zum Gras treiben.<lb/>
Es rinnt auf allen Seiten uͤber die Aecker;<lb/>
und wo ein Tropfen davon hinkommt, da<lb/>
grunet es, daß kein Menſch im Dorf mehr<lb/>
iſt, der daran zweifelt, dieſe 90 Jucharten<lb/>ſeyen ſo viel als eine gerathene Matten.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">E 4</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[71/0093]
— Er ſchob es ihm unter den Rok, damit es
niemand ſehe. — Der Alte nahm einen Mund
voll nach dem andern davon ins Maul und
kauete den ganzen Morgen daran.
§. 16.
Ein Wort daruͤber, was die Bauren
ſind — wie und wo und wann ſie zei-
gen, was ſie ſind — und was ſie nicht
ſeyn doͤrfen.
Sie hatten auf der Allment nichts zu thun
als die Aecker, die ſchon abgeſtekt und
ausgemeſſen waren, durch das Loos zu ver-
theilen.
Neunzig Juchart von dieſem Land, welche
zu einer Waͤſſermatten beſtimmt waren, konnte
man noch nicht vertheilen: das Waſſer war
noch nicht vollends bey einander, und die Graͤ-
ben, die man zuerſt machen muß, waren noch
nicht abgeſtekt: aber Waſſer ſelber war ſchon
ſo viel da, daß es ein Muͤhlerad getrieben haͤtte,
und das vom allerbeſten zum Gras treiben.
Es rinnt auf allen Seiten uͤber die Aecker;
und wo ein Tropfen davon hinkommt, da
grunet es, daß kein Menſch im Dorf mehr
iſt, der daran zweifelt, dieſe 90 Jucharten
ſeyen ſo viel als eine gerathene Matten.
E 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/93>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.