Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

in der Ordnug findet, so muß es ihr recht
seyn und in der Ordnung ehe sie wieder zum
Haus hinausgeht; das macht den Rudj so eif-
rig daß er allemal vor den Neunen, um wel-
che Zeit Gertrud mehrentheils ihm in's Hauß
kommt, in allen Eken herumlauft, daß sie
nichts in Unordnung finde. Er thut noch
mehr; er macht sich jezt auch selber wieder
in die Ordnung, strählt sich mehr und kleidet
sich besser, haut den Bart zu rechter Zeit ab,
und scheint sich jünger als vor sechs Wochen:
seine Stube, die ein schwarzes Rauchloch ge-
wesen, hat er jezt ganz geweißget und die
Löcher in der Wand glatt überstrichen; und
am lezten Markt hat er so gar 10 kr. Helgen
(Bilder) gekauft, alle mit schönen Farben:
den Heyland am Creuz, die Mutter Gottes
mit dem Kindlein Jesu, den Nepomuk, den
Kayser Joseph II. und den König in Preußen;
einen weissen und einen schwarzen Husaren,
und hat die Helgen am gleichen Abend, da er
sie gekauft, noch aufgekleibt, und den Kindern
mit der Ruthe gedrohet, wenn sie ihm eines
mit einer Hand anrühren (antasten) daß es
schwarz werde. -- Das gefiel der lieben Ju-
gend nicht -- der Heirlj, der über alles so ein
Wort findet, sagte zu ihm: Du kannst sie
doch auch Jemand nicht verbieten, sie schwarz
zu machen.


in der Ordnug findet, ſo muß es ihr recht
ſeyn und in der Ordnung ehe ſie wieder zum
Haus hinausgeht; das macht den Rudj ſo eif-
rig daß er allemal vor den Neunen, um wel-
che Zeit Gertrud mehrentheils ihm in’s Hauß
kommt, in allen Eken herumlauft, daß ſie
nichts in Unordnung finde. Er thut noch
mehr; er macht ſich jezt auch ſelber wieder
in die Ordnung, ſtraͤhlt ſich mehr und kleidet
ſich beſſer, haut den Bart zu rechter Zeit ab,
und ſcheint ſich juͤnger als vor ſechs Wochen:
ſeine Stube, die ein ſchwarzes Rauchloch ge-
weſen, hat er jezt ganz geweißget und die
Loͤcher in der Wand glatt uͤberſtrichen; und
am lezten Markt hat er ſo gar 10 kr. Helgen
(Bilder) gekauft, alle mit ſchoͤnen Farben:
den Heyland am Creuz, die Mutter Gottes
mit dem Kindlein Jeſu, den Nepomuk, den
Kayſer Joſeph II. und den Koͤnig in Preußen;
einen weiſſen und einen ſchwarzen Huſaren,
und hat die Helgen am gleichen Abend, da er
ſie gekauft, noch aufgekleibt, und den Kindern
mit der Ruthe gedrohet, wenn ſie ihm eines
mit einer Hand anruͤhren (antaſten) daß es
ſchwarz werde. — Das gefiel der lieben Ju-
gend nicht — der Heirlj, der uͤber alles ſo ein
Wort findet, ſagte zu ihm: Du kannſt ſie
doch auch Jemand nicht verbieten, ſie ſchwarz
zu machen.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0067" n="45"/>
in der Ordnug findet, &#x017F;o muß es ihr recht<lb/>
&#x017F;eyn und in der Ordnung ehe &#x017F;ie wieder zum<lb/>
Haus hinausgeht; das macht den Rudj &#x017F;o eif-<lb/>
rig daß er allemal vor den Neunen, um wel-<lb/>
che Zeit Gertrud mehrentheils ihm in&#x2019;s Hauß<lb/>
kommt, in allen Eken herumlauft, daß &#x017F;ie<lb/>
nichts in Unordnung finde. Er thut noch<lb/>
mehr; er macht &#x017F;ich jezt auch &#x017F;elber wieder<lb/>
in die Ordnung, &#x017F;tra&#x0364;hlt &#x017F;ich mehr und kleidet<lb/>
&#x017F;ich be&#x017F;&#x017F;er, haut den Bart zu rechter Zeit ab,<lb/>
und &#x017F;cheint &#x017F;ich ju&#x0364;nger als vor &#x017F;echs Wochen:<lb/>
&#x017F;eine Stube, die ein &#x017F;chwarzes Rauchloch ge-<lb/>
we&#x017F;en, hat er jezt ganz geweißget und die<lb/>
Lo&#x0364;cher in der Wand glatt u&#x0364;ber&#x017F;trichen; und<lb/>
am lezten Markt hat er &#x017F;o gar 10 kr. Helgen<lb/>
(Bilder) gekauft, alle mit &#x017F;cho&#x0364;nen Farben:<lb/>
den Heyland am Creuz, die Mutter Gottes<lb/>
mit dem Kindlein Je&#x017F;u, den Nepomuk, den<lb/>
Kay&#x017F;er Jo&#x017F;eph <hi rendition="#aq">II.</hi> und den Ko&#x0364;nig in Preußen;<lb/>
einen wei&#x017F;&#x017F;en und einen &#x017F;chwarzen Hu&#x017F;aren,<lb/>
und hat die Helgen am gleichen Abend, da er<lb/>
&#x017F;ie gekauft, noch aufgekleibt, und den Kindern<lb/>
mit der Ruthe gedrohet, wenn &#x017F;ie ihm eines<lb/>
mit einer Hand anru&#x0364;hren (anta&#x017F;ten) daß es<lb/>
&#x017F;chwarz werde. &#x2014; Das gefiel der lieben Ju-<lb/>
gend nicht &#x2014; der Heirlj, der u&#x0364;ber alles &#x017F;o ein<lb/>
Wort findet, &#x017F;agte zu ihm: Du kann&#x017F;t &#x017F;ie<lb/>
doch auch Jemand nicht verbieten, &#x017F;ie &#x017F;chwarz<lb/>
zu machen.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0067] in der Ordnug findet, ſo muß es ihr recht ſeyn und in der Ordnung ehe ſie wieder zum Haus hinausgeht; das macht den Rudj ſo eif- rig daß er allemal vor den Neunen, um wel- che Zeit Gertrud mehrentheils ihm in’s Hauß kommt, in allen Eken herumlauft, daß ſie nichts in Unordnung finde. Er thut noch mehr; er macht ſich jezt auch ſelber wieder in die Ordnung, ſtraͤhlt ſich mehr und kleidet ſich beſſer, haut den Bart zu rechter Zeit ab, und ſcheint ſich juͤnger als vor ſechs Wochen: ſeine Stube, die ein ſchwarzes Rauchloch ge- weſen, hat er jezt ganz geweißget und die Loͤcher in der Wand glatt uͤberſtrichen; und am lezten Markt hat er ſo gar 10 kr. Helgen (Bilder) gekauft, alle mit ſchoͤnen Farben: den Heyland am Creuz, die Mutter Gottes mit dem Kindlein Jeſu, den Nepomuk, den Kayſer Joſeph II. und den Koͤnig in Preußen; einen weiſſen und einen ſchwarzen Huſaren, und hat die Helgen am gleichen Abend, da er ſie gekauft, noch aufgekleibt, und den Kindern mit der Ruthe gedrohet, wenn ſie ihm eines mit einer Hand anruͤhren (antaſten) daß es ſchwarz werde. — Das gefiel der lieben Ju- gend nicht — der Heirlj, der uͤber alles ſo ein Wort findet, ſagte zu ihm: Du kannſt ſie doch auch Jemand nicht verbieten, ſie ſchwarz zu machen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/67
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/67>, abgerufen am 18.12.2024.