Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

Hünde; und mit der Arbeit war's immer wie
wenn nichts in ihn's hineinwollte: bald drehete
es das Rad so lahm, daß der Faden ihm in
der Hand von einander fiel; denn einen Au-
genblik darauf wieder so stark, daß das Garn
so krauß wurde wie geringeltes Roßhaar.

Wenn ihm Gertrud etwas sagte so weinte
es so lang sie da stuhnd, und murrete wenn
sie den Rüken kehrte; und denn that es noch
den andern zu leid und verderbte ihnen an ih-
rem Garn und an den Räderen was es konnte,
damit sie nicht fortkommen wie es.

Kurz, sie richtete nichts mit ihm aus, bis
sie die Ruthe brauchte, da lehrte es sizen und
spinnen, und sein Garn bessert seitdem in ei-
nem Tag mehr als sonst in acht.

Ihr Heirlj wollte es diesen Kindern von
Anfang her immer zeigen, wenn sie es nicht
recht machten. Da sie aber größer waren als
er, sagten sie ihm zuerst nur, du kleiner Pfu-
ker, was wolltest du wissen: -- aber sie nah-
men's doch von ihm an; er war gar gut,
und munterte immer wer rechts und links ne-
ben ihm saß, auf; und wenn eines auch nur
ein wenig saur drein sahe oder das Maul häng-
te, weil es nicht gehen wollte, sagte er zu ih-
nen; ihr müßt nicht so Augen machen, und
nicht so ein Maul, ihr lehret es sonst noch viel
länger nicht.


Huͤnde; und mit der Arbeit war’s immer wie
wenn nichts in ihn’s hineinwollte: bald drehete
es das Rad ſo lahm, daß der Faden ihm in
der Hand von einander fiel; denn einen Au-
genblik darauf wieder ſo ſtark, daß das Garn
ſo krauß wurde wie geringeltes Roßhaar.

Wenn ihm Gertrud etwas ſagte ſo weinte
es ſo lang ſie da ſtuhnd, und murrete wenn
ſie den Ruͤken kehrte; und denn that es noch
den andern zu leid und verderbte ihnen an ih-
rem Garn und an den Raͤderen was es konnte,
damit ſie nicht fortkommen wie es.

Kurz, ſie richtete nichts mit ihm aus, bis
ſie die Ruthe brauchte, da lehrte es ſizen und
ſpinnen, und ſein Garn beſſert ſeitdem in ei-
nem Tag mehr als ſonſt in acht.

Ihr Heirlj wollte es dieſen Kindern von
Anfang her immer zeigen, wenn ſie es nicht
recht machten. Da ſie aber groͤßer waren als
er, ſagten ſie ihm zuerſt nur, du kleiner Pfu-
ker, was wollteſt du wiſſen: — aber ſie nah-
men’s doch von ihm an; er war gar gut,
und munterte immer wer rechts und links ne-
ben ihm ſaß, auf; und wenn eines auch nur
ein wenig ſaur drein ſahe oder das Maul haͤng-
te, weil es nicht gehen wollte, ſagte er zu ih-
nen; ihr muͤßt nicht ſo Augen machen, und
nicht ſo ein Maul, ihr lehret es ſonſt noch viel
laͤnger nicht.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0064" n="42"/>
Hu&#x0364;nde; und mit der Arbeit war&#x2019;s immer wie<lb/>
wenn nichts in ihn&#x2019;s hineinwollte: bald drehete<lb/>
es das Rad &#x017F;o lahm, daß der Faden ihm in<lb/>
der Hand von einander fiel; denn einen Au-<lb/>
genblik darauf wieder &#x017F;o &#x017F;tark, daß das Garn<lb/>
&#x017F;o krauß wurde wie geringeltes Roßhaar.</p><lb/>
        <p>Wenn ihm Gertrud etwas &#x017F;agte &#x017F;o weinte<lb/>
es &#x017F;o lang &#x017F;ie da &#x017F;tuhnd, und murrete wenn<lb/>
&#x017F;ie den Ru&#x0364;ken kehrte; und denn that es noch<lb/>
den andern zu leid und verderbte ihnen an ih-<lb/>
rem Garn und an den Ra&#x0364;deren was es konnte,<lb/>
damit &#x017F;ie nicht fortkommen wie es.</p><lb/>
        <p>Kurz, &#x017F;ie richtete nichts mit ihm aus, bis<lb/>
&#x017F;ie die Ruthe brauchte, da lehrte es &#x017F;izen und<lb/>
&#x017F;pinnen, und &#x017F;ein Garn be&#x017F;&#x017F;ert &#x017F;eitdem in ei-<lb/>
nem Tag mehr als &#x017F;on&#x017F;t in acht.</p><lb/>
        <p>Ihr Heirlj wollte es die&#x017F;en Kindern von<lb/>
Anfang her immer zeigen, wenn &#x017F;ie es nicht<lb/>
recht machten. Da &#x017F;ie aber gro&#x0364;ßer waren als<lb/>
er, &#x017F;agten &#x017F;ie ihm zuer&#x017F;t nur, du kleiner Pfu-<lb/>
ker, was wollte&#x017F;t du wi&#x017F;&#x017F;en: &#x2014; aber &#x017F;ie nah-<lb/>
men&#x2019;s doch von ihm an; er war gar gut,<lb/>
und munterte immer wer rechts und links ne-<lb/>
ben ihm &#x017F;aß, auf; und wenn eines auch nur<lb/>
ein wenig &#x017F;aur drein &#x017F;ahe oder das Maul ha&#x0364;ng-<lb/>
te, weil es nicht gehen wollte, &#x017F;agte er zu ih-<lb/>
nen; ihr mu&#x0364;ßt nicht &#x017F;o Augen machen, und<lb/>
nicht &#x017F;o ein Maul, ihr lehret es &#x017F;on&#x017F;t noch viel<lb/>
la&#x0364;nger nicht.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[42/0064] Huͤnde; und mit der Arbeit war’s immer wie wenn nichts in ihn’s hineinwollte: bald drehete es das Rad ſo lahm, daß der Faden ihm in der Hand von einander fiel; denn einen Au- genblik darauf wieder ſo ſtark, daß das Garn ſo krauß wurde wie geringeltes Roßhaar. Wenn ihm Gertrud etwas ſagte ſo weinte es ſo lang ſie da ſtuhnd, und murrete wenn ſie den Ruͤken kehrte; und denn that es noch den andern zu leid und verderbte ihnen an ih- rem Garn und an den Raͤderen was es konnte, damit ſie nicht fortkommen wie es. Kurz, ſie richtete nichts mit ihm aus, bis ſie die Ruthe brauchte, da lehrte es ſizen und ſpinnen, und ſein Garn beſſert ſeitdem in ei- nem Tag mehr als ſonſt in acht. Ihr Heirlj wollte es dieſen Kindern von Anfang her immer zeigen, wenn ſie es nicht recht machten. Da ſie aber groͤßer waren als er, ſagten ſie ihm zuerſt nur, du kleiner Pfu- ker, was wollteſt du wiſſen: — aber ſie nah- men’s doch von ihm an; er war gar gut, und munterte immer wer rechts und links ne- ben ihm ſaß, auf; und wenn eines auch nur ein wenig ſaur drein ſahe oder das Maul haͤng- te, weil es nicht gehen wollte, ſagte er zu ih- nen; ihr muͤßt nicht ſo Augen machen, und nicht ſo ein Maul, ihr lehret es ſonſt noch viel laͤnger nicht.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/64
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/64>, abgerufen am 03.05.2024.