Aber der Nebel, der um uns ist, ist von Gott, und Segen unserer Natur, wenn wir darinn ruhen.
Und wir verheeren unser Inners, wenn wir dem Schatten entweichen wollen, den Gott um uns gelegt hat.
Gott hat die Nacht gemacht wie den Tag, warum willt du nicht ruhen in Gottes Nacht, bis er seine Sonne dir zeiget, die ewig kein Trau- men hinter den Wolken, hinter denen Gott sie verborgen, hervorrufen wird.
Einmal sagte er: Gott ist für die Menschen nur durch die Menschen der Gott der Menschen.
Der Mensch kennt Gott nur, insofern er den Menschen, das ist, sich selber kennet. -- Und ehret Gott nur, insofern er sich selber ehret, das ist, insofern er an sich selber und an seinem Ne- benmenschen nach den reinsten und besten Trie- ben, die in ihm liegen, handelt.
Daher soll auch ein Mensch den andern nicht durch Bilder und Worte, sondern durch sein Thun zur Religionslehre emporheben.
Denn es ist umsonst, daß du dem Armen sa- gest: es ist ein Gott, und dem Wayslein, du hast einen Vater im Himmel; mit Bildern und Wor- ten lehrt kein Mensch den andern Gott kennen.
Aber wenn du dem Armen hilfst, daß er wie ein Mensch leben kann, so zeigst du ihm Gott; und wenn du das Wayslein erziehest, das ist, wie wenn es einen Vater hätte, so lehrst du ihns den
Aber der Nebel, der um uns iſt, iſt von Gott, und Segen unſerer Natur, wenn wir darinn ruhen.
Und wir verheeren unſer Inners, wenn wir dem Schatten entweichen wollen, den Gott um uns gelegt hat.
Gott hat die Nacht gemacht wie den Tag, warum willt du nicht ruhen in Gottes Nacht, bis er ſeine Sonne dir zeiget, die ewig kein Trau- men hinter den Wolken, hinter denen Gott ſie verborgen, hervorrufen wird.
Einmal ſagte er: Gott iſt fuͤr die Menſchen nur durch die Menſchen der Gott der Menſchen.
Der Menſch kennt Gott nur, inſofern er den Menſchen, das iſt, ſich ſelber kennet. — Und ehret Gott nur, inſofern er ſich ſelber ehret, das iſt, inſofern er an ſich ſelber und an ſeinem Ne- benmenſchen nach den reinſten und beſten Trie- ben, die in ihm liegen, handelt.
Daher ſoll auch ein Menſch den andern nicht durch Bilder und Worte, ſondern durch ſein Thun zur Religionslehre emporheben.
Denn es iſt umſonſt, daß du dem Armen ſa- geſt: es iſt ein Gott, und dem Wayslein, du haſt einen Vater im Himmel; mit Bildern und Wor- ten lehrt kein Menſch den andern Gott kennen.
Aber wenn du dem Armen hilfſt, daß er wie ein Menſch leben kann, ſo zeigſt du ihm Gott; und wenn du das Wayslein erzieheſt, das iſt, wie wenn es einen Vater haͤtte, ſo lehrſt du ihns den
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Aber der Nebel, der um uns iſt, iſt von Gott,
und Segen unſerer Natur, wenn wir darinn
ruhen.
Und wir verheeren unſer Inners, wenn wir
dem Schatten entweichen wollen, den Gott um
uns gelegt hat.
Gott hat die Nacht gemacht wie den Tag,
warum willt du nicht ruhen in Gottes Nacht,
bis er ſeine Sonne dir zeiget, die ewig kein Trau-
men hinter den Wolken, hinter denen Gott ſie
verborgen, hervorrufen wird.
Einmal ſagte er: Gott iſt fuͤr die Menſchen
nur durch die Menſchen der Gott der Menſchen.
Der Menſch kennt Gott nur, inſofern er den
Menſchen, das iſt, ſich ſelber kennet. — Und
ehret Gott nur, inſofern er ſich ſelber ehret, das
iſt, inſofern er an ſich ſelber und an ſeinem Ne-
benmenſchen nach den reinſten und beſten Trie-
ben, die in ihm liegen, handelt.
Daher ſoll auch ein Menſch den andern nicht
durch Bilder und Worte, ſondern durch ſein
Thun zur Religionslehre emporheben.
Denn es iſt umſonſt, daß du dem Armen ſa-
geſt: es iſt ein Gott, und dem Wayslein, du haſt
einen Vater im Himmel; mit Bildern und Wor-
ten lehrt kein Menſch den andern Gott kennen.
Aber wenn du dem Armen hilfſt, daß er wie
ein Menſch leben kann, ſo zeigſt du ihm Gott;
und wenn du das Wayslein erzieheſt, das iſt, wie
wenn es einen Vater haͤtte, ſo lehrſt du ihns den
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/430>, abgerufen am 23.11.2024.
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