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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

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Bald, es sey nur Wasser in See getragen,
und der Miller habe ja studiert, und wisse am
kleinen Finger mehr, als er am ganzen Kopf; --
und wieder, wenn der Herr Doktor etwas mit
ihm wolle, so wisse er ja wohl wo er zu Hause
sey?

Aber es stuhnd dem Doktor Miller auch nicht
an, ihm dafür nachzulaufen. Er sagte dem
Pfarrer deutsch: er glaube nicht, daß er et-
was wisse, und noch weniger, daß er ihm et-
was sage; und denn müsse er gestehen, möge
er nicht, daß man ihm nachrede, daß er ihm
dafür nachgelaufen, und sich dafür habe zum
Narren halten lassen.

Aber der Pfarrer, der immer bis zur Ein-
falt seinem guten Herzen folgte, ruhete nicht,
bis er sie einmal bey einander hatte, und brachte
es endlich bey einem Mittagessen im Pfarrhaus
dahin.

Der gute Mann gab das Beste, was er in
der Küche und im Keller hatte, und that alles
was er konnte, den Henkerskerl in gute Laune
zu bringen; er sezte ihn oben an, trank zuerst
seine Gesundheit, und sagte beym ersten Glas,
sie wollen nächstens mit einander ins Schloß,
der Junker werde ihnen dann einen andern ein-
schenken als dieser sey, wenn er höre, daß sie so
mit einander gut Freund worden.

Der Miller ließ sich das Untenansizen und

Bald, es ſey nur Waſſer in See getragen,
und der Miller habe ja ſtudiert, und wiſſe am
kleinen Finger mehr, als er am ganzen Kopf; —
und wieder, wenn der Herr Doktor etwas mit
ihm wolle, ſo wiſſe er ja wohl wo er zu Hauſe
ſey?

Aber es ſtuhnd dem Doktor Miller auch nicht
an, ihm dafuͤr nachzulaufen. Er ſagte dem
Pfarrer deutſch: er glaube nicht, daß er et-
was wiſſe, und noch weniger, daß er ihm et-
was ſage; und denn muͤſſe er geſtehen, moͤge
er nicht, daß man ihm nachrede, daß er ihm
dafuͤr nachgelaufen, und ſich dafuͤr habe zum
Narren halten laſſen.

Aber der Pfarrer, der immer bis zur Ein-
falt ſeinem guten Herzen folgte, ruhete nicht,
bis er ſie einmal bey einander hatte, und brachte
es endlich bey einem Mittageſſen im Pfarrhaus
dahin.

Der gute Mann gab das Beſte, was er in
der Kuͤche und im Keller hatte, und that alles
was er konnte, den Henkerskerl in gute Laune
zu bringen; er ſezte ihn oben an, trank zuerſt
ſeine Geſundheit, und ſagte beym erſten Glas,
ſie wollen naͤchſtens mit einander ins Schloß,
der Junker werde ihnen dann einen andern ein-
ſchenken als dieſer ſey, wenn er hoͤre, daß ſie ſo
mit einander gut Freund worden.

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[348/0370] Bald, es ſey nur Waſſer in See getragen, und der Miller habe ja ſtudiert, und wiſſe am kleinen Finger mehr, als er am ganzen Kopf; — und wieder, wenn der Herr Doktor etwas mit ihm wolle, ſo wiſſe er ja wohl wo er zu Hauſe ſey? Aber es ſtuhnd dem Doktor Miller auch nicht an, ihm dafuͤr nachzulaufen. Er ſagte dem Pfarrer deutſch: er glaube nicht, daß er et- was wiſſe, und noch weniger, daß er ihm et- was ſage; und denn muͤſſe er geſtehen, moͤge er nicht, daß man ihm nachrede, daß er ihm dafuͤr nachgelaufen, und ſich dafuͤr habe zum Narren halten laſſen. Aber der Pfarrer, der immer bis zur Ein- falt ſeinem guten Herzen folgte, ruhete nicht, bis er ſie einmal bey einander hatte, und brachte es endlich bey einem Mittageſſen im Pfarrhaus dahin. Der gute Mann gab das Beſte, was er in der Kuͤche und im Keller hatte, und that alles was er konnte, den Henkerskerl in gute Laune zu bringen; er ſezte ihn oben an, trank zuerſt ſeine Geſundheit, und ſagte beym erſten Glas, ſie wollen naͤchſtens mit einander ins Schloß, der Junker werde ihnen dann einen andern ein- ſchenken als dieſer ſey, wenn er hoͤre, daß ſie ſo mit einander gut Freund worden. Der Miller ließ ſich das Untenanſizen und

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/370>, abgerufen am 27.11.2024.