[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.ken weg zu ihrer Geschwey (Schwägerin) mit Zu warten bis ihr Mann von der Linde heim- chen Manier anstatt der Wörter des Schwö-
rens und Fluchens ähnliche Töne, und nicht die Wörter selber zu gebrauchen, und z. E. anstatt beym Donner, beym Tummel, anstatt beym Ke- zer, beym Käzli, -- und anstatt beym Sakra- ment, beym Sakerstrenz zu sagen. Es giebt Leuthe welche solche Dummheiten beschönen, und behaupten, es sey doch besser als unbemänteltes Fluchen. Ich bin unverholen ganz der gegenseitigen Mey- nung, und finde daß es weit schlimmer ist. -- Die Natur der Sache zeiget es auch ganz klar. Das Fluchen an sich selber ist glatterdings nichts als ein leerer Ton, man braucht nur die Wörter nicht zuverstehen, so ist es so viel als hüst und hott -- und nichts anders als ein lauter Schrey, der an sich weder im Himmel noch auf Erden, noch unter der Erden niemand weder wohl noch weh thut; es wird aber etwas, schlimmes in so- fern wir mit diesen Tönen Begriffe verbinden oder erregen, die in uns oder andern die Achtung verlezen, die wir dem Urheber unserer Natur, und allem was uns an ihn erinnert, schuldig sind. Es ist in eigentlichem Verstand ein Ungezogen- heitsfehler, und je mehr dieser unüberlegt, Ge- danken, und Aufmerksamkeits leer ist, je mehr ist er seiner Natur nach zu entschuldigen. -- Je mehr er hingegen an Ueberlegung angeknüpft und abgemessen wird, desto mehr verliert er das ent- ken weg zu ihrer Geſchwey (Schwaͤgerin) mit Zu warten bis ihr Mann von der Linde heim- chen Manier anſtatt der Woͤrter des Schwoͤ-
rens und Fluchens aͤhnliche Toͤne, und nicht die Woͤrter ſelber zu gebrauchen, und z. E. anſtatt beym Donner, beym Tummel, anſtatt beym Ke- zer, beym Kaͤzli, — und anſtatt beym Sakra- ment, beym Sakerſtrenz zu ſagen. Es giebt Leuthe welche ſolche Dummheiten beſchoͤnen, und behaupten, es ſey doch beſſer als unbemaͤnteltes Fluchen. Ich bin unverholen ganz der gegenſeitigen Mey- nung, und finde daß es weit ſchlimmer iſt. — Die Natur der Sache zeiget es auch ganz klar. Das Fluchen an ſich ſelber iſt glatterdings nichts als ein leerer Ton, man braucht nur die Woͤrter nicht zuverſtehen, ſo iſt es ſo viel als huͤſt und hott — und nichts anders als ein lauter Schrey, der an ſich weder im Himmel noch auf Erden, noch unter der Erden niemand weder wohl noch weh thut; es wird aber etwas, ſchlimmes in ſo- fern wir mit dieſen Toͤnen Begriffe verbinden oder erregen, die in uns oder andern die Achtung verlezen, die wir dem Urheber unſerer Natur, und allem was uns an ihn erinnert, ſchuldig ſind. Es iſt in eigentlichem Verſtand ein Ungezogen- heitsfehler, und je mehr dieſer unuͤberlegt, Ge- danken, und Aufmerkſamkeits leer iſt, je mehr iſt er ſeiner Natur nach zu entſchuldigen. — Je mehr er hingegen an Ueberlegung angeknuͤpft und abgemeſſen wird, deſto mehr verliert er das ent- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0213" n="191"/> ken weg zu ihrer Geſchwey (Schwaͤgerin) mit<lb/> ihr zu reden, was das dann ſey?</p><lb/> <p>Zu warten bis ihr Mann von der Linde heim-<lb/> kaͤme, das war ihr unmoͤglich.</p><lb/> <note next="#note-0214" xml:id="note-0213" prev="#note-0212" place="foot" n="*)">chen Manier anſtatt der Woͤrter des Schwoͤ-<lb/> rens und Fluchens aͤhnliche Toͤne, und nicht die<lb/> Woͤrter ſelber zu gebrauchen, und z. E. anſtatt<lb/> beym Donner, beym Tummel, anſtatt beym Ke-<lb/> zer, beym Kaͤzli, — und anſtatt beym Sakra-<lb/> ment, beym Sakerſtrenz zu ſagen.<lb/> Es giebt Leuthe welche ſolche Dummheiten<lb/> beſchoͤnen, und behaupten, es ſey doch beſſer als<lb/> unbemaͤnteltes Fluchen.<lb/> Ich bin unverholen ganz der gegenſeitigen Mey-<lb/> nung, und finde daß es weit ſchlimmer iſt. —<lb/> Die Natur der Sache zeiget es auch ganz klar.<lb/> Das Fluchen an ſich ſelber iſt glatterdings nichts<lb/> als ein leerer Ton, man braucht nur die Woͤrter<lb/> nicht zuverſtehen, ſo iſt es ſo viel als huͤſt und<lb/> hott — und nichts anders als ein lauter Schrey,<lb/> der an ſich weder im Himmel noch auf Erden,<lb/> noch unter der Erden niemand weder wohl noch<lb/> weh thut; es wird aber etwas, ſchlimmes in ſo-<lb/> fern wir mit dieſen Toͤnen Begriffe verbinden<lb/> oder erregen, die in uns oder andern die Achtung<lb/> verlezen, die wir dem Urheber unſerer Natur,<lb/> und allem was uns an ihn erinnert, ſchuldig ſind.<lb/> Es iſt in eigentlichem Verſtand ein Ungezogen-<lb/> heitsfehler, und je mehr dieſer unuͤberlegt, Ge-<lb/> danken, und Aufmerkſamkeits leer iſt, je mehr iſt<lb/> er ſeiner Natur nach zu entſchuldigen. — Je<lb/> mehr er hingegen an Ueberlegung angeknuͤpft und<lb/> abgemeſſen wird, deſto mehr verliert er das ent-</note><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [191/0213]
ken weg zu ihrer Geſchwey (Schwaͤgerin) mit
ihr zu reden, was das dann ſey?
Zu warten bis ihr Mann von der Linde heim-
kaͤme, das war ihr unmoͤglich.
*)
*) chen Manier anſtatt der Woͤrter des Schwoͤ-
rens und Fluchens aͤhnliche Toͤne, und nicht die
Woͤrter ſelber zu gebrauchen, und z. E. anſtatt
beym Donner, beym Tummel, anſtatt beym Ke-
zer, beym Kaͤzli, — und anſtatt beym Sakra-
ment, beym Sakerſtrenz zu ſagen.
Es giebt Leuthe welche ſolche Dummheiten
beſchoͤnen, und behaupten, es ſey doch beſſer als
unbemaͤnteltes Fluchen.
Ich bin unverholen ganz der gegenſeitigen Mey-
nung, und finde daß es weit ſchlimmer iſt. —
Die Natur der Sache zeiget es auch ganz klar.
Das Fluchen an ſich ſelber iſt glatterdings nichts
als ein leerer Ton, man braucht nur die Woͤrter
nicht zuverſtehen, ſo iſt es ſo viel als huͤſt und
hott — und nichts anders als ein lauter Schrey,
der an ſich weder im Himmel noch auf Erden,
noch unter der Erden niemand weder wohl noch
weh thut; es wird aber etwas, ſchlimmes in ſo-
fern wir mit dieſen Toͤnen Begriffe verbinden
oder erregen, die in uns oder andern die Achtung
verlezen, die wir dem Urheber unſerer Natur,
und allem was uns an ihn erinnert, ſchuldig ſind.
Es iſt in eigentlichem Verſtand ein Ungezogen-
heitsfehler, und je mehr dieſer unuͤberlegt, Ge-
danken, und Aufmerkſamkeits leer iſt, je mehr iſt
er ſeiner Natur nach zu entſchuldigen. — Je
mehr er hingegen an Ueberlegung angeknuͤpft und
abgemeſſen wird, deſto mehr verliert er das ent-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |