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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

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es hat mir es jezt in Gotts Nahmen noch sel-
ber ausgebracht. --

Eine arme Hexe schwizt in der Mitter-
nachtstunde bey ihrer strengsten Arbeit, wenn
der Beelzebub um sie herumrummelt, nicht
halb so sehr, als die arme Fromme bey ihrem
athemlosen über einander betten, hilf Helfer,
hilf! in dieser Noth jezt schwizte. Es half
ihr nichts, so wenig als daß ihre Dienst-
magd ihre Thüre verriegelte; der Harschier
gab ihr, da man sie nicht öffnete einen Tritt
mit den Schuhen, und hatte meine Fromme
nach Profosenart, gar bald vom Buch Job
weg. Aber man muß den Basler Todten-
tanz im Kopf haben, wenn man sich vorstellen
will, wie sie mit einander unter die Linde
giengen.

Ohne ein Wort mit ihr zu reden, ließ der
Junker sie auf den steinernen Bank, neben den
Brunnen zu stellen, und da warten, bis nie-
mand mehr unter der Linde war, damit sie
lehre ein andermal die Schand des Lumpen-
lebens nicht mehr so wohlfeil zu verkaufen.



es hat mir es jezt in Gotts Nahmen noch ſel-
ber ausgebracht. —

Eine arme Hexe ſchwizt in der Mitter-
nachtſtunde bey ihrer ſtrengſten Arbeit, wenn
der Beelzebub um ſie herumrummelt, nicht
halb ſo ſehr, als die arme Fromme bey ihrem
athemloſen uͤber einander betten, hilf Helfer,
hilf! in dieſer Noth jezt ſchwizte. Es half
ihr nichts, ſo wenig als daß ihre Dienſt-
magd ihre Thuͤre verriegelte; der Harſchier
gab ihr, da man ſie nicht oͤffnete einen Tritt
mit den Schuhen, und hatte meine Fromme
nach Profoſenart, gar bald vom Buch Job
weg. Aber man muß den Basler Todten-
tanz im Kopf haben, wenn man ſich vorſtellen
will, wie ſie mit einander unter die Linde
giengen.

Ohne ein Wort mit ihr zu reden, ließ der
Junker ſie auf den ſteinernen Bank, neben den
Brunnen zu ſtellen, und da warten, bis nie-
mand mehr unter der Linde war, damit ſie
lehre ein andermal die Schand des Lumpen-
lebens nicht mehr ſo wohlfeil zu verkaufen.



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[180/0202] es hat mir es jezt in Gotts Nahmen noch ſel- ber ausgebracht. — Eine arme Hexe ſchwizt in der Mitter- nachtſtunde bey ihrer ſtrengſten Arbeit, wenn der Beelzebub um ſie herumrummelt, nicht halb ſo ſehr, als die arme Fromme bey ihrem athemloſen uͤber einander betten, hilf Helfer, hilf! in dieſer Noth jezt ſchwizte. Es half ihr nichts, ſo wenig als daß ihre Dienſt- magd ihre Thuͤre verriegelte; der Harſchier gab ihr, da man ſie nicht oͤffnete einen Tritt mit den Schuhen, und hatte meine Fromme nach Profoſenart, gar bald vom Buch Job weg. Aber man muß den Basler Todten- tanz im Kopf haben, wenn man ſich vorſtellen will, wie ſie mit einander unter die Linde giengen. Ohne ein Wort mit ihr zu reden, ließ der Junker ſie auf den ſteinernen Bank, neben den Brunnen zu ſtellen, und da warten, bis nie- mand mehr unter der Linde war, damit ſie lehre ein andermal die Schand des Lumpen- lebens nicht mehr ſo wohlfeil zu verkaufen.

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/202>, abgerufen am 30.04.2024.