wieder sagte, die er vorher zu ihr geredt, so leb- haft kam ihr alles von ihm vor; und auch mit dem, was der Junker gesagt, giengs ihr so. Einmal sagte sie zu sich selber, wenn ich ihn nehmen würde, so müßte mir dieser beym er- sten Kind zu Gevatter stehen, warum macht er einem so lange Zähne! --
Auch der reiche Vetter, den ihr der Unter- vogt und seine Frau geben wollten, kam ihr jezt vor, -- und sie hatt', sint dem man ihr von ihm geredt, noch nie so viel an ihn ge- dacht, als diese Nacht, und sint dem er aus der Fremde, ihn nur ein paar mal gesehen. Das erste mal an seiner Schwester Hochzeit; er saß gerade vor ihr über und fraß Spek, daß ihm das Fett davon auf beyden Seiten herabtriefte. Das andere mal traf sie ihn im Dorf an, da er eben eine Sau mezgete und ihr die Hand tief in Hals hineinstekte, und das warme Blut darüber herunter laufen ließ, wie wenn es ihn freute.
Sie verglich jezt die beyden denn auch. Er stuhnd ihr mit dem Spek an dem Maul, und dem Blut an den Händen, wie der andere mit seiner Kappe ihr vor den Augen, und sie sagte einmal, es ist bald richtig; wenn sie einen von beyden haben müßte, so wär es sicher eher der Rudj, als das Wurstmaul mit seinen Hang- baken; und ein ander mal, nein, einmal wenn
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wieder ſagte, die er vorher zu ihr geredt, ſo leb- haft kam ihr alles von ihm vor; und auch mit dem, was der Junker geſagt, giengs ihr ſo. Einmal ſagte ſie zu ſich ſelber, wenn ich ihn nehmen wuͤrde, ſo muͤßte mir dieſer beym er- ſten Kind zu Gevatter ſtehen, warum macht er einem ſo lange Zaͤhne! —
Auch der reiche Vetter, den ihr der Unter- vogt und ſeine Frau geben wollten, kam ihr jezt vor, — und ſie hatt’, ſint dem man ihr von ihm geredt, noch nie ſo viel an ihn ge- dacht, als dieſe Nacht, und ſint dem er aus der Fremde, ihn nur ein paar mal geſehen. Das erſte mal an ſeiner Schweſter Hochzeit; er ſaß gerade vor ihr uͤber und fraß Spek, daß ihm das Fett davon auf beyden Seiten herabtriefte. Das andere mal traf ſie ihn im Dorf an, da er eben eine Sau mezgete und ihr die Hand tief in Hals hineinſtekte, und das warme Blut daruͤber herunter laufen ließ, wie wenn es ihn freute.
Sie verglich jezt die beyden denn auch. Er ſtuhnd ihr mit dem Spek an dem Maul, und dem Blut an den Haͤnden, wie der andere mit ſeiner Kappe ihr vor den Augen, und ſie ſagte einmal, es iſt bald richtig; wenn ſie einen von beyden haben muͤßte, ſo waͤr es ſicher eher der Rudj, als das Wurſtmaul mit ſeinen Hang- baken; und ein ander mal, nein, einmal wenn
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wieder ſagte, die er vorher zu ihr geredt, ſo leb-
haft kam ihr alles von ihm vor; und auch mit
dem, was der Junker geſagt, giengs ihr ſo.
Einmal ſagte ſie zu ſich ſelber, wenn ich ihn
nehmen wuͤrde, ſo muͤßte mir dieſer beym er-
ſten Kind zu Gevatter ſtehen, warum macht
er einem ſo lange Zaͤhne! —
Auch der reiche Vetter, den ihr der Unter-
vogt und ſeine Frau geben wollten, kam ihr
jezt vor, — und ſie hatt’, ſint dem man ihr
von ihm geredt, noch nie ſo viel an ihn ge-
dacht, als dieſe Nacht, und ſint dem er aus
der Fremde, ihn nur ein paar mal geſehen.
Das erſte mal an ſeiner Schweſter Hochzeit;
er ſaß gerade vor ihr uͤber und fraß Spek,
daß ihm das Fett davon auf beyden Seiten
herabtriefte. Das andere mal traf ſie ihn im
Dorf an, da er eben eine Sau mezgete und
ihr die Hand tief in Hals hineinſtekte, und
das warme Blut daruͤber herunter laufen ließ,
wie wenn es ihn freute.
Sie verglich jezt die beyden denn auch. Er
ſtuhnd ihr mit dem Spek an dem Maul, und
dem Blut an den Haͤnden, wie der andere mit
ſeiner Kappe ihr vor den Augen, und ſie ſagte
einmal, es iſt bald richtig; wenn ſie einen von
beyden haben muͤßte, ſo waͤr es ſicher eher der
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/183>, abgerufen am 21.11.2024.
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