Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Stirne herunter, und das Kamisol hinter-
für am Leib.

Der Wasserkrug ist der Gertrud fast aus
den Händen gefallen, als sie ihn so antraf.

Um Gottes willen, was ists, was ist dir
begegnet? sagte sie, und stuhnd mit klopfen-
dem Herzen vor ihm zu.

Ach! es ist nichts, gar nichts, antworte-
te er, konnte aber fast nicht reden, nahm ihr
den Wasserkrug hastig aus der Hand, und
trank ihn fast ganz aus. -- "Um Gottes
willen, es ist etwas begegnet, rede, was
ists? sagte Gertrud.

"Nichts -- weiß Gott, nichts, als Ge-
schwäzwerk: sie hat so verfluchtes Zeug über
unsre Kinder gesagt, antwortet Lienhard.

Gertrud. Wer? was? was für Ge-
schwäzwerk?

Lienhard. Von der Schnabelgrithe.

Gertrud. Nur Geschwazwerk von dieser,
und du siehest so aus --

Lienhard. Es ist gewiß sonst nichts.

Gertrud. Es ist mir, ich sey im Schlaf;
weist du auch, daß du das Kamisol hinter-
für an hast?

Lienhard sah izt auf sich selber herunter,
und sagte: es ist wahr, ich bin nicht schön
in der Ordnung.

Ger-

Stirne herunter, und das Kamiſol hinter-
fuͤr am Leib.

Der Waſſerkrug iſt der Gertrud faſt aus
den Haͤnden gefallen, als ſie ihn ſo antraf.

Um Gottes willen, was iſts, was iſt dir
begegnet? ſagte ſie, und ſtuhnd mit klopfen-
dem Herzen vor ihm zu.

Ach! es iſt nichts, gar nichts, antworte-
te er, konnte aber faſt nicht reden, nahm ihr
den Waſſerkrug haſtig aus der Hand, und
trank ihn faſt ganz aus. — „Um Gottes
willen, es iſt etwas begegnet, rede, was
iſts? ſagte Gertrud.

„Nichts — weiß Gott, nichts, als Ge-
ſchwaͤzwerk: ſie hat ſo verfluchtes Zeug uͤber
unſre Kinder geſagt, antwortet Lienhard.

Gertrud. Wer? was? was fuͤr Ge-
ſchwaͤzwerk?

Lienhard. Von der Schnabelgrithe.

Gertrud. Nur Geſchwazwerk von dieſer,
und du ſieheſt ſo aus —

Lienhard. Es iſt gewiß ſonſt nichts.

Gertrud. Es iſt mir, ich ſey im Schlaf;
weiſt du auch, daß du das Kamiſol hinter-
fuͤr an haſt?

Lienhard ſah izt auf ſich ſelber herunter,
und ſagte: es iſt wahr, ich bin nicht ſchoͤn
in der Ordnung.

Ger-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0086" n="68"/>
Stirne herunter, und das Kami&#x017F;ol hinter-<lb/>
fu&#x0364;r am Leib.</p><lb/>
          <p>Der Wa&#x017F;&#x017F;erkrug i&#x017F;t der Gertrud fa&#x017F;t aus<lb/>
den Ha&#x0364;nden gefallen, als &#x017F;ie ihn &#x017F;o antraf.</p><lb/>
          <p>Um Gottes willen, was i&#x017F;ts, was i&#x017F;t dir<lb/>
begegnet? &#x017F;agte &#x017F;ie, und &#x017F;tuhnd mit klopfen-<lb/>
dem Herzen vor ihm zu.</p><lb/>
          <p>Ach! es i&#x017F;t nichts, gar nichts, antworte-<lb/>
te er, konnte aber fa&#x017F;t nicht reden, nahm ihr<lb/>
den Wa&#x017F;&#x017F;erkrug ha&#x017F;tig aus der Hand, und<lb/>
trank ihn fa&#x017F;t ganz aus. &#x2014; &#x201E;Um Gottes<lb/>
willen, es i&#x017F;t etwas begegnet, rede, was<lb/>
i&#x017F;ts? &#x017F;agte Gertrud.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Nichts &#x2014; weiß Gott, nichts, als Ge-<lb/>
&#x017F;chwa&#x0364;zwerk: &#x017F;ie hat &#x017F;o verfluchtes Zeug u&#x0364;ber<lb/>
un&#x017F;re Kinder ge&#x017F;agt, antwortet Lienhard.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Gertrud.</hi> Wer? was? was fu&#x0364;r Ge-<lb/>
&#x017F;chwa&#x0364;zwerk?</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Lienhard.</hi> Von der Schnabelgrithe.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Gertrud.</hi> Nur Ge&#x017F;chwazwerk von die&#x017F;er,<lb/>
und du &#x017F;iehe&#x017F;t &#x017F;o aus &#x2014;</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Lienhard.</hi> Es i&#x017F;t gewiß &#x017F;on&#x017F;t nichts.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Gertrud.</hi> Es i&#x017F;t mir, ich &#x017F;ey im Schlaf;<lb/>
wei&#x017F;t du auch, daß du das Kami&#x017F;ol hinter-<lb/>
fu&#x0364;r an ha&#x017F;t?</p><lb/>
          <p>Lienhard &#x017F;ah izt auf &#x017F;ich &#x017F;elber herunter,<lb/>
und &#x017F;agte: es i&#x017F;t wahr, ich bin nicht &#x017F;cho&#x0364;n<lb/>
in der Ordnung.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Ger-</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[68/0086] Stirne herunter, und das Kamiſol hinter- fuͤr am Leib. Der Waſſerkrug iſt der Gertrud faſt aus den Haͤnden gefallen, als ſie ihn ſo antraf. Um Gottes willen, was iſts, was iſt dir begegnet? ſagte ſie, und ſtuhnd mit klopfen- dem Herzen vor ihm zu. Ach! es iſt nichts, gar nichts, antworte- te er, konnte aber faſt nicht reden, nahm ihr den Waſſerkrug haſtig aus der Hand, und trank ihn faſt ganz aus. — „Um Gottes willen, es iſt etwas begegnet, rede, was iſts? ſagte Gertrud. „Nichts — weiß Gott, nichts, als Ge- ſchwaͤzwerk: ſie hat ſo verfluchtes Zeug uͤber unſre Kinder geſagt, antwortet Lienhard. Gertrud. Wer? was? was fuͤr Ge- ſchwaͤzwerk? Lienhard. Von der Schnabelgrithe. Gertrud. Nur Geſchwazwerk von dieſer, und du ſieheſt ſo aus — Lienhard. Es iſt gewiß ſonſt nichts. Gertrud. Es iſt mir, ich ſey im Schlaf; weiſt du auch, daß du das Kamiſol hinter- fuͤr an haſt? Lienhard ſah izt auf ſich ſelber herunter, und ſagte: es iſt wahr, ich bin nicht ſchoͤn in der Ordnung. Ger-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/86
Zitationshilfe: Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/86>, abgerufen am 23.11.2024.