Das ist aber das End aller Gottlosigkeit u. Ungerechtigkeit auf Erden, daß der Mensch, wenn sich seine Tage neigen, wünschte ewig todt zu seyn, aber es nicht hoffen darf.
O, Jhr Lieben! das nahende Alter, und das Abschwächen der Kräfte des Menschen, der die Wuth der Gewaltthätigkeit und der Ungerechtigkeit in sich gesogen, ist überhaupt entsezlich. --
Mit jedem neuen Hinterniß, das den Wünschen seines Unsinns, und dem Stre- ben seines Rasens in Weg kommt, wird die- se Wuth stärker, und die Hinternisse der Thorheit und des Lasters werden mit jedem Tag größer.
Es kann nicht anderst seyn. --
Die Erfahrungen des Lebens sollen uns reinigen von allem unverständigen und laster- haften Wesen; thun sie das, so wird unser Alter still und glüklich, und seine Schwä- che wird wie die Schwäche eines Lichts, dessen reines Oel hell brennet, bis es erlo- schen; -- thun sie es aber nicht, brennen die Wünsche der Thorheit und des Lasters noch in uns, wenn die Kraft des Lebens schwindet, so dünstet ihr Feuer einen stinken- ken Rauch aus, wie das Feuer, das in einem Hauffen von faulendem Moder brennt.
Und
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Das iſt aber das End aller Gottloſigkeit u. Ungerechtigkeit auf Erden, daß der Menſch, wenn ſich ſeine Tage neigen, wuͤnſchte ewig todt zu ſeyn, aber es nicht hoffen darf.
O, Jhr Lieben! das nahende Alter, und das Abſchwaͤchen der Kraͤfte des Menſchen, der die Wuth der Gewaltthaͤtigkeit und der Ungerechtigkeit in ſich geſogen, iſt uͤberhaupt entſezlich. —
Mit jedem neuen Hinterniß, das den Wuͤnſchen ſeines Unſinns, und dem Stre- ben ſeines Raſens in Weg kommt, wird die- ſe Wuth ſtaͤrker, und die Hinterniſſe der Thorheit und des Laſters werden mit jedem Tag groͤßer.
Es kann nicht anderſt ſeyn. —
Die Erfahrungen des Lebens ſollen uns reinigen von allem unverſtaͤndigen und laſter- haften Weſen; thun ſie das, ſo wird unſer Alter ſtill und gluͤklich, und ſeine Schwaͤ- che wird wie die Schwaͤche eines Lichts, deſſen reines Oel hell brennet, bis es erlo- ſchen; — thun ſie es aber nicht, brennen die Wuͤnſche der Thorheit und des Laſters noch in uns, wenn die Kraft des Lebens ſchwindet, ſo duͤnſtet ihr Feuer einen ſtinken- ken Rauch aus, wie das Feuer, das in einem Hauffen von faulendem Moder brennt.
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Das iſt aber das End aller Gottloſigkeit u.
Ungerechtigkeit auf Erden, daß der Menſch,
wenn ſich ſeine Tage neigen, wuͤnſchte ewig
todt zu ſeyn, aber es nicht hoffen darf.
O, Jhr Lieben! das nahende Alter, und
das Abſchwaͤchen der Kraͤfte des Menſchen,
der die Wuth der Gewaltthaͤtigkeit und der
Ungerechtigkeit in ſich geſogen, iſt uͤberhaupt
entſezlich. —
Mit jedem neuen Hinterniß, das den
Wuͤnſchen ſeines Unſinns, und dem Stre-
ben ſeines Raſens in Weg kommt, wird die-
ſe Wuth ſtaͤrker, und die Hinterniſſe der
Thorheit und des Laſters werden mit jedem
Tag groͤßer.
Es kann nicht anderſt ſeyn. —
Die Erfahrungen des Lebens ſollen uns
reinigen von allem unverſtaͤndigen und laſter-
haften Weſen; thun ſie das, ſo wird unſer
Alter ſtill und gluͤklich, und ſeine Schwaͤ-
che wird wie die Schwaͤche eines Lichts,
deſſen reines Oel hell brennet, bis es erlo-
ſchen; — thun ſie es aber nicht, brennen
die Wuͤnſche der Thorheit und des Laſters
noch in uns, wenn die Kraft des Lebens
ſchwindet, ſo duͤnſtet ihr Feuer einen ſtinken-
ken Rauch aus, wie das Feuer, das in
einem Hauffen von faulendem Moder brennt.
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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/357>, abgerufen am 22.11.2024.
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