Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Es schien zwar im Anfang, als wollt' es
ihnen fehlen. -- Der Wächter bey der Thür
war fast nicht zu bereden, und nicht zu beste-
chen. Nachdem aber einmal Eines hinein
war, gieng das Ding immer leichter und leich-
ter. Zulezt aber wollten ihm so viel kommen,
daß es dem Wächter so angst ward, daß er
Niemand mehr hinein lassen wollte -- Aber
es war zu späth -- Er war nicht mehr
Meister. -- "Was? -- antworteten ihm izt
Weiber und Buben, "Sind wir nicht so
"gut als die andern? -- Du must uns hin-
"ein lassen, oder die andern Fremden vor un-
"sern Augen auch wieder hinausschaffen; wir
"gehen dir sonst nicht ab der Stell." --
"Still! still!" antwortete der Wächter; "Jch
"will euch eben hineinlassen; aber verberget
"euch in Winkel, daß man euch nicht sehe."
Und so kam dann zulezt hinein, was hinein
wollte.

§. 4.
Der Pfarrer stellt Leute zur Kirche
hinaus.

Das erste, was der Pfarrer that, als er
auf die Kanzel trat, war, daß er den
Befehl Arners verlas, und sagte: "Er muß

ge-
A 5

Es ſchien zwar im Anfang, als wollt' es
ihnen fehlen. — Der Waͤchter bey der Thuͤr
war faſt nicht zu bereden, und nicht zu beſte-
chen. Nachdem aber einmal Eines hinein
war, gieng das Ding im̃er leichter und leich-
ter. Zulezt aber wollten ihm ſo viel kommen,
daß es dem Waͤchter ſo angſt ward, daß er
Niemand mehr hinein laſſen wollte — Aber
es war zu ſpaͤth — Er war nicht mehr
Meiſter. — „Was? — antworteten ihm izt
Weiber und Buben, „Sind wir nicht ſo
„gut als die andern? — Du muſt uns hin-
„ein laſſen, oder die andern Fremden vor un-
„ſern Augen auch wieder hinausſchaffen; wir
„gehen dir ſonſt nicht ab der Stell.“ —
„Still! ſtill!“ antwortete der Waͤchter; „Jch
„will euch eben hineinlaſſen; aber verberget
„euch in Winkel, daß man euch nicht ſehe.“
Und ſo kam dann zulezt hinein, was hinein
wollte.

§. 4.
Der Pfarrer ſtellt Leute zur Kirche
hinaus.

Das erſte, was der Pfarrer that, als er
auf die Kanzel trat, war, daß er den
Befehl Arners verlas, und ſagte: „Er muß

ge-
A 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0027" n="9"/>
          <p>Es &#x017F;chien zwar im Anfang, als wollt' es<lb/>
ihnen fehlen. &#x2014; Der Wa&#x0364;chter bey der Thu&#x0364;r<lb/>
war fa&#x017F;t nicht zu bereden, und nicht zu be&#x017F;te-<lb/>
chen. Nachdem aber einmal Eines hinein<lb/>
war, gieng das Ding im&#x0303;er leichter und leich-<lb/>
ter. Zulezt aber wollten ihm &#x017F;o viel kommen,<lb/>
daß es dem Wa&#x0364;chter &#x017F;o ang&#x017F;t ward, daß er<lb/>
Niemand mehr hinein la&#x017F;&#x017F;en wollte &#x2014; Aber<lb/>
es war zu &#x017F;pa&#x0364;th &#x2014; Er war nicht mehr<lb/>
Mei&#x017F;ter. &#x2014; &#x201E;Was? &#x2014; antworteten ihm izt<lb/>
Weiber und Buben, &#x201E;Sind wir nicht &#x017F;o<lb/>
&#x201E;gut als die andern? &#x2014; Du mu&#x017F;t uns hin-<lb/>
&#x201E;ein la&#x017F;&#x017F;en, oder die andern Fremden vor un-<lb/>
&#x201E;&#x017F;ern Augen auch wieder hinaus&#x017F;chaffen; wir<lb/>
&#x201E;gehen dir &#x017F;on&#x017F;t nicht ab der Stell.&#x201C; &#x2014;<lb/>
&#x201E;Still! &#x017F;till!&#x201C; antwortete der Wa&#x0364;chter; &#x201E;Jch<lb/>
&#x201E;will euch eben hineinla&#x017F;&#x017F;en; aber verberget<lb/>
&#x201E;euch in Winkel, daß man euch nicht &#x017F;ehe.&#x201C;<lb/>
Und &#x017F;o kam dann zulezt hinein, was hinein<lb/>
wollte.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 4.<lb/>
Der Pfarrer &#x017F;tellt Leute zur Kirche<lb/>
hinaus.</head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">D</hi>as er&#x017F;te, was der Pfarrer that, als er<lb/>
auf die Kanzel trat, war, daß er den<lb/>
Befehl Arners verlas, und &#x017F;agte: &#x201E;Er muß<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A 5</fw><fw place="bottom" type="catch">ge-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[9/0027] Es ſchien zwar im Anfang, als wollt' es ihnen fehlen. — Der Waͤchter bey der Thuͤr war faſt nicht zu bereden, und nicht zu beſte- chen. Nachdem aber einmal Eines hinein war, gieng das Ding im̃er leichter und leich- ter. Zulezt aber wollten ihm ſo viel kommen, daß es dem Waͤchter ſo angſt ward, daß er Niemand mehr hinein laſſen wollte — Aber es war zu ſpaͤth — Er war nicht mehr Meiſter. — „Was? — antworteten ihm izt Weiber und Buben, „Sind wir nicht ſo „gut als die andern? — Du muſt uns hin- „ein laſſen, oder die andern Fremden vor un- „ſern Augen auch wieder hinausſchaffen; wir „gehen dir ſonſt nicht ab der Stell.“ — „Still! ſtill!“ antwortete der Waͤchter; „Jch „will euch eben hineinlaſſen; aber verberget „euch in Winkel, daß man euch nicht ſehe.“ Und ſo kam dann zulezt hinein, was hinein wollte. §. 4. Der Pfarrer ſtellt Leute zur Kirche hinaus. Das erſte, was der Pfarrer that, als er auf die Kanzel trat, war, daß er den Befehl Arners verlas, und ſagte: „Er muß ge- A 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/27
Zitationshilfe: Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/27>, abgerufen am 21.11.2024.