Rede erstudiert, sagte zu seinem Nachbar: "Es ist heute nicht gut predigen."
§. 46. Der Unverstand der Gewaltigen pflanzet die Lugen des Volks -- Aber ihre Weisheit macht die Menschen wahrhaft.
Jndessen kam Arner, und befahl den Ge- meindsgenossen zu sizen, und den Be- klagten stehen zu bleiben.
Dann erzählte er, daß die 17. Männer, denen er wichtige Klagen, die er izt wieder- hollte, aus Freundlichkeit und Schonung im Pfarrhaus eröffnet, sich mit ihrer Unschuld groß gemacht, und ihm sogar abgeschlagen, in Gegenwart des Hummels sich auch nur zu verantworten, und daß er um deßwillen ihnen izt vor der ganzen Gemeind sagen und zeigen wolle, wer und was sie seyen.
Dann befahl er dem Schreiber, aus dem Verzeichniß von den Diebstählen aus dem Schloß diejenigen Artikel vorzulesen, welche diese 17. Männer betreffen.
Der Schreiber las hierauf, wie folget:
"Jm Wagenschopf des Richter Kienasts
ste-
Rede erſtudiert, ſagte zu ſeinem Nachbar: „Es iſt heute nicht gut predigen.“
§. 46. Der Unverſtand der Gewaltigen pflanzet die Lugen des Volks — Aber ihre Weisheit macht die Menſchen wahrhaft.
Jndeſſen kam Arner, und befahl den Ge- meindsgenoſſen zu ſizen, und den Be- klagten ſtehen zu bleiben.
Dann erzaͤhlte er, daß die 17. Maͤnner, denen er wichtige Klagen, die er izt wieder- hollte, aus Freundlichkeit und Schonung im Pfarrhaus eroͤffnet, ſich mit ihrer Unſchuld groß gemacht, und ihm ſogar abgeſchlagen, in Gegenwart des Hummels ſich auch nur zu verantworten, und daß er um deßwillen ihnen izt vor der ganzen Gemeind ſagen und zeigen wolle, wer und was ſie ſeyen.
Dann befahl er dem Schreiber, aus dem Verzeichniß von den Diebſtaͤhlen aus dem Schloß diejenigen Artikel vorzuleſen, welche dieſe 17. Maͤnner betreffen.
Der Schreiber las hierauf, wie folget:
„Jm Wagenſchopf des Richter Kienaſts
ſte-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0180"n="162"/>
Rede erſtudiert, ſagte zu ſeinem Nachbar:<lb/>„Es iſt heute nicht gut predigen.“</p></div><lb/><divn="2"><head>§. 46.<lb/>
Der Unverſtand der Gewaltigen<lb/>
pflanzet die Lugen des Volks —<lb/>
Aber ihre Weisheit macht die<lb/>
Menſchen wahrhaft.</head><lb/><p><hirendition="#in">J</hi>ndeſſen kam Arner, und befahl den Ge-<lb/>
meindsgenoſſen zu ſizen, und den Be-<lb/>
klagten ſtehen zu bleiben.</p><lb/><p>Dann erzaͤhlte er, daß die 17. Maͤnner,<lb/>
denen er wichtige Klagen, die er izt wieder-<lb/>
hollte, aus Freundlichkeit und Schonung im<lb/>
Pfarrhaus eroͤffnet, ſich mit ihrer Unſchuld<lb/>
groß gemacht, und ihm ſogar abgeſchlagen,<lb/>
in Gegenwart des Hummels ſich auch nur<lb/>
zu verantworten, und daß er um deßwillen<lb/>
ihnen izt vor der ganzen Gemeind ſagen und<lb/>
zeigen wolle, wer und was ſie ſeyen.</p><lb/><p>Dann befahl er dem Schreiber, aus dem<lb/>
Verzeichniß von den Diebſtaͤhlen aus dem<lb/>
Schloß diejenigen Artikel vorzuleſen, welche<lb/>
dieſe 17. Maͤnner betreffen.</p><lb/><p>Der Schreiber las hierauf, wie folget:</p><lb/><p>„Jm Wagenſchopf des Richter Kienaſts<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſte-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[162/0180]
Rede erſtudiert, ſagte zu ſeinem Nachbar:
„Es iſt heute nicht gut predigen.“
§. 46.
Der Unverſtand der Gewaltigen
pflanzet die Lugen des Volks —
Aber ihre Weisheit macht die
Menſchen wahrhaft.
Jndeſſen kam Arner, und befahl den Ge-
meindsgenoſſen zu ſizen, und den Be-
klagten ſtehen zu bleiben.
Dann erzaͤhlte er, daß die 17. Maͤnner,
denen er wichtige Klagen, die er izt wieder-
hollte, aus Freundlichkeit und Schonung im
Pfarrhaus eroͤffnet, ſich mit ihrer Unſchuld
groß gemacht, und ihm ſogar abgeſchlagen,
in Gegenwart des Hummels ſich auch nur
zu verantworten, und daß er um deßwillen
ihnen izt vor der ganzen Gemeind ſagen und
zeigen wolle, wer und was ſie ſeyen.
Dann befahl er dem Schreiber, aus dem
Verzeichniß von den Diebſtaͤhlen aus dem
Schloß diejenigen Artikel vorzuleſen, welche
dieſe 17. Maͤnner betreffen.
Der Schreiber las hierauf, wie folget:
„Jm Wagenſchopf des Richter Kienaſts
ſte-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/180>, abgerufen am 24.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.