Gespengst in des Hoorlachers Haus gar weit- läufig erzählen.
Des Michels eigene Worte hierüber waren:
"Der Hoorlacher habe das Haus Anno 1767. vom Wagner Leüppi um 450. fl. ge- kauft, und für mehr als 300. fl. darinn verbauen, und der Vogt habe ihm bey Lebs- zeiten 600. fl. dafür gebotten, da er aber ge- storben, wollte er es nicht mehr, und ließ durch mich und den Ständlisänger ausspren- gen, der Hoorlacher sey keines natürlichen Tods gestorben, und man habe hinter seinem Bett den abgehauenen Strik noch gefunden, an dem er erstikt. -- Jnnert 8. Tagen war die ganze Gegend von diesem Gerücht voll, und man sezte noch hinzu, sein Nachbar der Kirchmeyer habe den Strik selber ins Pfarr- haus getragen, aber der Pfarrer habe ihm verbotten, davon zu reden, weil der Hoor- lacher izt doch schon vergraben, und es nur Aergerniß absezen würde.
"Auf das hin schikte der Vogt alle Mo- nat ein paarmal einen von uns ins Haus, die Nachbarn zu erschreken, als ob ein Ge- spengst darinn wäre; das that er über ein Jahr lang, bis kein Mensch mehr das Haus vergebens genohmen hätte, dann kauffte er es der Hoorlacherin aus Mitleiden, wie er sag- te, um 200. fl. ab, und versprach, diesen
Greu-
Geſpengſt in des Hoorlachers Haus gar weit- laͤufig erzaͤhlen.
Des Michels eigene Worte hieruͤber waren:
„Der Hoorlacher habe das Haus Anno 1767. vom Wagner Leuͤppi um 450. fl. ge- kauft, und fuͤr mehr als 300. fl. darinn verbauen, und der Vogt habe ihm bey Lebs- zeiten 600. fl. dafuͤr gebotten, da er aber ge- ſtorben, wollte er es nicht mehr, und ließ durch mich und den Staͤndliſaͤnger ausſpren- gen, der Hoorlacher ſey keines natuͤrlichen Tods geſtorben, und man habe hinter ſeinem Bett den abgehauenen Strik noch gefunden, an dem er erſtikt. — Jnnert 8. Tagen war die ganze Gegend von dieſem Geruͤcht voll, und man ſezte noch hinzu, ſein Nachbar der Kirchmeyer habe den Strik ſelber ins Pfarr- haus getragen, aber der Pfarrer habe ihm verbotten, davon zu reden, weil der Hoor- lacher izt doch ſchon vergraben, und es nur Aergerniß abſezen wuͤrde.
„Auf das hin ſchikte der Vogt alle Mo- nat ein paarmal einen von uns ins Haus, die Nachbarn zu erſchreken, als ob ein Ge- ſpengſt darinn waͤre; das that er uͤber ein Jahr lang, bis kein Menſch mehr das Haus vergebens genohmen haͤtte, dann kauffte er es der Hoorlacherin aus Mitleiden, wie er ſag- te, um 200. fl. ab, und verſprach, dieſen
Greu-
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Geſpengſt in des Hoorlachers Haus gar weit-
laͤufig erzaͤhlen.
Des Michels eigene Worte hieruͤber waren:
„Der Hoorlacher habe das Haus Anno
1767. vom Wagner Leuͤppi um 450. fl. ge-
kauft, und fuͤr mehr als 300. fl. darinn
verbauen, und der Vogt habe ihm bey Lebs-
zeiten 600. fl. dafuͤr gebotten, da er aber ge-
ſtorben, wollte er es nicht mehr, und ließ
durch mich und den Staͤndliſaͤnger ausſpren-
gen, der Hoorlacher ſey keines natuͤrlichen
Tods geſtorben, und man habe hinter ſeinem
Bett den abgehauenen Strik noch gefunden,
an dem er erſtikt. — Jnnert 8. Tagen war
die ganze Gegend von dieſem Geruͤcht voll,
und man ſezte noch hinzu, ſein Nachbar der
Kirchmeyer habe den Strik ſelber ins Pfarr-
haus getragen, aber der Pfarrer habe ihm
verbotten, davon zu reden, weil der Hoor-
lacher izt doch ſchon vergraben, und es nur
Aergerniß abſezen wuͤrde.
„Auf das hin ſchikte der Vogt alle Mo-
nat ein paarmal einen von uns ins Haus,
die Nachbarn zu erſchreken, als ob ein Ge-
ſpengſt darinn waͤre; das that er uͤber ein
Jahr lang, bis kein Menſch mehr das Haus
vergebens genohmen haͤtte, dann kauffte er es
der Hoorlacherin aus Mitleiden, wie er ſag-
te, um 200. fl. ab, und verſprach, dieſen
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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/143>, abgerufen am 25.11.2024.
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