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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

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§. 81.
Ein guter Küher.

Da Arner den Wilhelm fortgeschickt hatte, gieng
er in seinen Stall, wählte unter seinen fünfzig Kü-
hen für den Hübelrudi eine aus, und sagte zu
seinem Küher:

Futtere mir diese Kuhe wohl, und sag dem Bu-
ben, daß er sie nach Bonnal führe, und in den
Pfrundstall stelle, bis ich kommen werd[e].

Der Küher aber antwortete seinem Herrn: Herr!
ich muß thun, was ihr mich heißt; aber es ist un-
ter diesen fünfzigen allen keine, die mich so reuet.
Sie ist noch so jung, so wohlgestalt und so schön; sie
kömmt mit der Milch in die beste Zeit.

Du bist braf, Küher! daß dich die schöne Kuh
reut.

Mich aber freut es, daß ich's getroffen habe --
Ich suchte eben die Schönste -- Sie kömmt in ei-
nes armen Mannes Stall, Küher! laß sie dich nicht
reuen; sie wird ihn auch freuen.

Küher. Ach Herr! es ist ewig Schade um die
Kuh -- bey einem armen Mann wird sie abfallen;
sie wird mager und häßlich werden. O Herr! wenn
ich's vernehme, daß sie Mangel hat, ich lauf alle
Tage auf Bonnal, und bring ihr Salz und Brod
alle Säcke voll.

Junker.
X 3

§. 81.
Ein guter Kuͤher.

Da Arner den Wilhelm fortgeſchickt hatte, gieng
er in ſeinen Stall, waͤhlte unter ſeinen fuͤnfzig Kuͤ-
hen fuͤr den Huͤbelrudi eine aus, und ſagte zu
ſeinem Kuͤher:

Futtere mir dieſe Kuhe wohl, und ſag dem Bu-
ben, daß er ſie nach Bonnal fuͤhre, und in den
Pfrundſtall ſtelle, bis ich kommen werd[e].

Der Kuͤher aber antwortete ſeinem Herrn: Herr!
ich muß thun, was ihr mich heißt; aber es iſt un-
ter dieſen fuͤnfzigen allen keine, die mich ſo reuet.
Sie iſt noch ſo jung, ſo wohlgeſtalt und ſo ſchoͤn; ſie
koͤmmt mit der Milch in die beſte Zeit.

Du biſt braf, Kuͤher! daß dich die ſchoͤne Kuh
reut.

Mich aber freut es, daß ich’s getroffen habe —
Ich ſuchte eben die Schoͤnſte — Sie koͤmmt in ei-
nes armen Mannes Stall, Kuͤher! laß ſie dich nicht
reuen; ſie wird ihn auch freuen.

Kuͤher. Ach Herr! es iſt ewig Schade um die
Kuh — bey einem armen Mann wird ſie abfallen;
ſie wird mager und haͤßlich werden. O Herr! wenn
ich’s vernehme, daß ſie Mangel hat, ich lauf alle
Tage auf Bonnal, und bring ihr Salz und Brod
alle Saͤcke voll.

Junker.
X 3
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[325/0350] §. 81. Ein guter Kuͤher. Da Arner den Wilhelm fortgeſchickt hatte, gieng er in ſeinen Stall, waͤhlte unter ſeinen fuͤnfzig Kuͤ- hen fuͤr den Huͤbelrudi eine aus, und ſagte zu ſeinem Kuͤher: Futtere mir dieſe Kuhe wohl, und ſag dem Bu- ben, daß er ſie nach Bonnal fuͤhre, und in den Pfrundſtall ſtelle, bis ich kommen werde. Der Kuͤher aber antwortete ſeinem Herrn: Herr! ich muß thun, was ihr mich heißt; aber es iſt un- ter dieſen fuͤnfzigen allen keine, die mich ſo reuet. Sie iſt noch ſo jung, ſo wohlgeſtalt und ſo ſchoͤn; ſie koͤmmt mit der Milch in die beſte Zeit. Du biſt braf, Kuͤher! daß dich die ſchoͤne Kuh reut. Mich aber freut es, daß ich’s getroffen habe — Ich ſuchte eben die Schoͤnſte — Sie koͤmmt in ei- nes armen Mannes Stall, Kuͤher! laß ſie dich nicht reuen; ſie wird ihn auch freuen. Kuͤher. Ach Herr! es iſt ewig Schade um die Kuh — bey einem armen Mann wird ſie abfallen; ſie wird mager und haͤßlich werden. O Herr! wenn ich’s vernehme, daß ſie Mangel hat, ich lauf alle Tage auf Bonnal, und bring ihr Salz und Brod alle Saͤcke voll. Junker. X 3

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/350>, abgerufen am 22.11.2024.