Ich sende ihnen hier von meinem besten Wein zum herzlichen Gruß und Dank, daß sie mir so redlich und brav geholfen haben, meines lieben Großvaters Fehler wieder gut zu machen.
Wir wollen diesen Abend zu seinem Andenken eins davon mit einander trinken. Mein lieber Herr Pfarrer! er war doch ein braver Mann, wenn die Schelmen schon so oft sein gutes Herz und sein Zu- trauen gemißbraucht haben.
Ich danke ihnen, mein lieber Herr Pfarrer! für ihre Mühe und für ihre Sorgfalt wegen dem Hübel- rudi -- Freylich will ich ihm helfen. Noch heute muß er mit meinem lieben Großvater wieder zufrieden wer- den, und, will's Gott! in seinem Leben bey seinem Andenken nicht mehr trauern. Es thut mir in der Seele leid, daß er so unglücklich gewesen ist; und ich will, auf was Weise ich kann, dafür sor- gen, daß der Mann für sein Leiden und für seinen Kummer mit Freude und Ruhe wieder erquickt wer- de. Wir sind gewiß schuldig, die Fehler unsrer El- tern wieder gut zu machen, so viel wir können und mögen. O es ist nicht recht, Herr Pfarrer! daß man behauptet, ein Richter sey nie in keiner Ge- fahr, und sey nie keinen Ersatz schuldig. Ach Gott! Herr Pfarrer! wie wenig kennt man den Menschen, wenn man nicht einsieht, daß alle Richter eben durch Gefahr ihres Vermögens nicht nur zur Ehr- lichkeit, sondern zur Sorgfalt und zur Anstrengung
aller
X 2
Ich ſende ihnen hier von meinem beſten Wein zum herzlichen Gruß und Dank, daß ſie mir ſo redlich und brav geholfen haben, meines lieben Großvaters Fehler wieder gut zu machen.
Wir wollen dieſen Abend zu ſeinem Andenken eins davon mit einander trinken. Mein lieber Herr Pfarrer! er war doch ein braver Mann, wenn die Schelmen ſchon ſo oft ſein gutes Herz und ſein Zu- trauen gemißbraucht haben.
Ich danke ihnen, mein lieber Herr Pfarrer! fuͤr ihre Muͤhe und fuͤr ihre Sorgfalt wegen dem Huͤbel- rudi — Freylich will ich ihm helfen. Noch heute muß er mit meinem lieben Großvater wieder zufrieden wer- den, und, will’s Gott! in ſeinem Leben bey ſeinem Andenken nicht mehr trauern. Es thut mir in der Seele leid, daß er ſo ungluͤcklich geweſen iſt; und ich will, auf was Weiſe ich kann, dafuͤr ſor- gen, daß der Mann fuͤr ſein Leiden und fuͤr ſeinen Kummer mit Freude und Ruhe wieder erquickt wer- de. Wir ſind gewiß ſchuldig, die Fehler unſrer El- tern wieder gut zu machen, ſo viel wir koͤnnen und moͤgen. O es iſt nicht recht, Herr Pfarrer! daß man behauptet, ein Richter ſey nie in keiner Ge- fahr, und ſey nie keinen Erſatz ſchuldig. Ach Gott! Herr Pfarrer! wie wenig kennt man den Menſchen, wenn man nicht einſieht, daß alle Richter eben durch Gefahr ihres Vermoͤgens nicht nur zur Ehr- lichkeit, ſondern zur Sorgfalt und zur Anſtrengung
aller
X 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divtype="letter"><pbfacs="#f0348"n="323"/><p>Ich ſende ihnen hier von meinem beſten Wein<lb/>
zum herzlichen Gruß und Dank, daß ſie mir ſo<lb/>
redlich und brav geholfen haben, meines lieben<lb/>
Großvaters Fehler wieder gut zu machen.</p><lb/><p>Wir wollen dieſen Abend zu ſeinem Andenken<lb/>
eins davon mit einander trinken. Mein lieber Herr<lb/>
Pfarrer! er war doch ein braver Mann, wenn die<lb/>
Schelmen ſchon ſo oft ſein gutes Herz und ſein Zu-<lb/>
trauen gemißbraucht haben.</p><lb/><p>Ich danke ihnen, mein lieber Herr Pfarrer! fuͤr<lb/>
ihre Muͤhe und fuͤr ihre Sorgfalt wegen dem Huͤbel-<lb/>
rudi — Freylich will ich ihm helfen. Noch heute muß<lb/>
er mit meinem lieben Großvater wieder zufrieden wer-<lb/>
den, und, will’s Gott! in ſeinem Leben bey ſeinem<lb/>
Andenken nicht mehr trauern. Es thut mir in<lb/>
der Seele leid, daß er ſo ungluͤcklich geweſen iſt;<lb/>
und ich will, auf was Weiſe ich kann, dafuͤr ſor-<lb/>
gen, daß der Mann fuͤr ſein Leiden und fuͤr ſeinen<lb/>
Kummer mit Freude und Ruhe wieder erquickt wer-<lb/>
de. Wir ſind gewiß ſchuldig, die Fehler unſrer El-<lb/>
tern wieder gut zu machen, ſo viel wir koͤnnen und<lb/>
moͤgen. O es iſt nicht recht, Herr Pfarrer! daß<lb/>
man behauptet, ein Richter ſey nie in keiner Ge-<lb/>
fahr, und ſey nie keinen Erſatz ſchuldig. Ach Gott!<lb/>
Herr Pfarrer! wie wenig kennt man den Menſchen,<lb/>
wenn man nicht einſieht, daß alle Richter eben<lb/>
durch Gefahr ihres Vermoͤgens nicht nur zur Ehr-<lb/>
lichkeit, ſondern zur Sorgfalt und zur Anſtrengung<lb/><fwplace="bottom"type="sig">X 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">aller</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[323/0348]
Ich ſende ihnen hier von meinem beſten Wein
zum herzlichen Gruß und Dank, daß ſie mir ſo
redlich und brav geholfen haben, meines lieben
Großvaters Fehler wieder gut zu machen.
Wir wollen dieſen Abend zu ſeinem Andenken
eins davon mit einander trinken. Mein lieber Herr
Pfarrer! er war doch ein braver Mann, wenn die
Schelmen ſchon ſo oft ſein gutes Herz und ſein Zu-
trauen gemißbraucht haben.
Ich danke ihnen, mein lieber Herr Pfarrer! fuͤr
ihre Muͤhe und fuͤr ihre Sorgfalt wegen dem Huͤbel-
rudi — Freylich will ich ihm helfen. Noch heute muß
er mit meinem lieben Großvater wieder zufrieden wer-
den, und, will’s Gott! in ſeinem Leben bey ſeinem
Andenken nicht mehr trauern. Es thut mir in
der Seele leid, daß er ſo ungluͤcklich geweſen iſt;
und ich will, auf was Weiſe ich kann, dafuͤr ſor-
gen, daß der Mann fuͤr ſein Leiden und fuͤr ſeinen
Kummer mit Freude und Ruhe wieder erquickt wer-
de. Wir ſind gewiß ſchuldig, die Fehler unſrer El-
tern wieder gut zu machen, ſo viel wir koͤnnen und
moͤgen. O es iſt nicht recht, Herr Pfarrer! daß
man behauptet, ein Richter ſey nie in keiner Ge-
fahr, und ſey nie keinen Erſatz ſchuldig. Ach Gott!
Herr Pfarrer! wie wenig kennt man den Menſchen,
wenn man nicht einſieht, daß alle Richter eben
durch Gefahr ihres Vermoͤgens nicht nur zur Ehr-
lichkeit, ſondern zur Sorgfalt und zur Anſtrengung
aller
X 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/348>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.