Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

sen, sagte ihnen der Vogt, gieng seines Wegs,
und auch die Männer giengen den Ihrigen.

Der Harschier aber war schon längst bey dem
Mäurer, und bat ihn und flehete, er sollte doch sa-
gen: er habe den Befehl am Sonntag erhalten.

Der Mäurer wollte dem Vogt und dem Har-
schier gern gefällig seyn, und redte mit seiner
Frau.

Ich fürchte alles, was krumm ist, antwortete
die Frau; und ich wette, der Vogt hat sich jezt schon
darmit entschuldiget. Mich dünkt, wenn der Jun-
ker dich frägt, so müssest du ihm die Warheit sa-
gen; wenn aber, wie es seyn kann, der Sach Nie-
mand mehr nachfragt, so könnst du es gelten las-
sen, wie sie es machen, indem das Niemand wei-
ters nichts schadt.

Lienhard sagte darauf dem Harschier seine
Meynung auf diesen Fuß.

Indessen kamen die Männer von Arnburg zu-
rück.

Ihr seyd geschwind wieder da, sagte ihnen der
Mäurer. Sie antworteten: Wir hätten den Gang
überall ersparen können.

Lienhard. War er erzörnt über diesem Ver-
sehen?

Die Männer. Nein, gar nicht. Er war gar
freundlich und liebreich, und er sagte uns, daß wir
heim eilen und noch heut an die Arbeit gehn sollen.

Flink.

ſen, ſagte ihnen der Vogt, gieng ſeines Wegs,
und auch die Maͤnner giengen den Ihrigen.

Der Harſchier aber war ſchon laͤngſt bey dem
Maͤurer, und bat ihn und flehete, er ſollte doch ſa-
gen: er habe den Befehl am Sonntag erhalten.

Der Maͤurer wollte dem Vogt und dem Har-
ſchier gern gefaͤllig ſeyn, und redte mit ſeiner
Frau.

Ich fuͤrchte alles, was krumm iſt, antwortete
die Frau; und ich wette, der Vogt hat ſich jezt ſchon
darmit entſchuldiget. Mich duͤnkt, wenn der Jun-
ker dich fraͤgt, ſo muͤſſeſt du ihm die Warheit ſa-
gen; wenn aber, wie es ſeyn kann, der Sach Nie-
mand mehr nachfragt, ſo koͤnnſt du es gelten laſ-
ſen, wie ſie es machen, indem das Niemand wei-
ters nichts ſchadt.

Lienhard ſagte darauf dem Harſchier ſeine
Meynung auf dieſen Fuß.

Indeſſen kamen die Maͤnner von Arnburg zu-
ruͤck.

Ihr ſeyd geſchwind wieder da, ſagte ihnen der
Maͤurer. Sie antworteten: Wir haͤtten den Gang
uͤberall erſparen koͤnnen.

Lienhard. War er erzoͤrnt uͤber dieſem Ver-
ſehen?

Die Maͤnner. Nein, gar nicht. Er war gar
freundlich und liebreich, und er ſagte uns, daß wir
heim eilen und noch heut an die Arbeit gehn ſollen.

Flink.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0283" n="258"/>
&#x017F;en, &#x017F;agte ihnen der Vogt, gieng &#x017F;eines Wegs,<lb/>
und auch die Ma&#x0364;nner giengen den Ihrigen.</p><lb/>
          <p>Der Har&#x017F;chier aber war &#x017F;chon la&#x0364;ng&#x017F;t bey dem<lb/>
Ma&#x0364;urer, und bat ihn und flehete, er &#x017F;ollte doch &#x017F;a-<lb/>
gen: er habe den Befehl am Sonntag erhalten.</p><lb/>
          <p>Der Ma&#x0364;urer wollte dem Vogt und dem Har-<lb/>
&#x017F;chier gern gefa&#x0364;llig &#x017F;eyn, und redte mit &#x017F;einer<lb/>
Frau.</p><lb/>
          <p>Ich fu&#x0364;rchte alles, was krumm i&#x017F;t, antwortete<lb/>
die Frau; und ich wette, der Vogt hat &#x017F;ich jezt &#x017F;chon<lb/>
darmit ent&#x017F;chuldiget. Mich du&#x0364;nkt, wenn der Jun-<lb/>
ker dich fra&#x0364;gt, &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t du ihm die Warheit &#x017F;a-<lb/>
gen; wenn aber, wie es &#x017F;eyn kann, der Sach Nie-<lb/>
mand mehr nachfragt, &#x017F;o ko&#x0364;nn&#x017F;t du es gelten la&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, wie &#x017F;ie es machen, indem das Niemand wei-<lb/>
ters nichts &#x017F;chadt.</p><lb/>
          <p>Lienhard &#x017F;agte darauf dem Har&#x017F;chier &#x017F;eine<lb/>
Meynung auf die&#x017F;en Fuß.</p><lb/>
          <p>Inde&#x017F;&#x017F;en kamen die Ma&#x0364;nner von Arnburg zu-<lb/>
ru&#x0364;ck.</p><lb/>
          <p>Ihr &#x017F;eyd ge&#x017F;chwind wieder da, &#x017F;agte ihnen der<lb/>
Ma&#x0364;urer. Sie antworteten: Wir ha&#x0364;tten den Gang<lb/>
u&#x0364;berall er&#x017F;paren ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Lienhard.</hi> War er erzo&#x0364;rnt u&#x0364;ber die&#x017F;em Ver-<lb/>
&#x017F;ehen?</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Die Ma&#x0364;nner.</hi> Nein, gar nicht. Er war gar<lb/>
freundlich und liebreich, und er &#x017F;agte uns, daß wir<lb/>
heim eilen und noch heut an die Arbeit gehn &#x017F;ollen.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Flink.</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[258/0283] ſen, ſagte ihnen der Vogt, gieng ſeines Wegs, und auch die Maͤnner giengen den Ihrigen. Der Harſchier aber war ſchon laͤngſt bey dem Maͤurer, und bat ihn und flehete, er ſollte doch ſa- gen: er habe den Befehl am Sonntag erhalten. Der Maͤurer wollte dem Vogt und dem Har- ſchier gern gefaͤllig ſeyn, und redte mit ſeiner Frau. Ich fuͤrchte alles, was krumm iſt, antwortete die Frau; und ich wette, der Vogt hat ſich jezt ſchon darmit entſchuldiget. Mich duͤnkt, wenn der Jun- ker dich fraͤgt, ſo muͤſſeſt du ihm die Warheit ſa- gen; wenn aber, wie es ſeyn kann, der Sach Nie- mand mehr nachfragt, ſo koͤnnſt du es gelten laſ- ſen, wie ſie es machen, indem das Niemand wei- ters nichts ſchadt. Lienhard ſagte darauf dem Harſchier ſeine Meynung auf dieſen Fuß. Indeſſen kamen die Maͤnner von Arnburg zu- ruͤck. Ihr ſeyd geſchwind wieder da, ſagte ihnen der Maͤurer. Sie antworteten: Wir haͤtten den Gang uͤberall erſparen koͤnnen. Lienhard. War er erzoͤrnt uͤber dieſem Ver- ſehen? Die Maͤnner. Nein, gar nicht. Er war gar freundlich und liebreich, und er ſagte uns, daß wir heim eilen und noch heut an die Arbeit gehn ſollen. Flink.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/283
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/283>, abgerufen am 19.05.2024.