Kinder redeten alle mit Thränen von der grossen Treue und Liebe, die die Verstorbene ihnen im Leben erzeigt hatte; sie weinten über ihrem letzten Kum- mer wegen den Erdäpfeln, und versprachen vor dem offenen Sarg dem lieben Gott im Himmel, in kei- ner Noth, auch wenn sie noch so sehr hungern wür- den, keinem Menschen mehr etwas zu stehlen.
Eben jezt öffnet Niclas die Thüre -- sieht die Gestorbene -- erschrickt -- und läuft wieder aus der Stube.
Der Rudi aber, der ihn sieht, denkt, der Lien- hard wolle ihm etwas sagen lassen, läuft dem Kna- ben nach, und fragt ihn, was er wolle? Nichts, nichts, antwortete Niclas! nur zu dem Rudeli hab ich wollen; aber er betet jezt.
Rudi. Das macht nichts, wenn du zu ihm willst.
Niclas. Laß ihn doch nur ein wenig zu mir auf die Gasse.
Rudi. Es ist ja so kalt, und er geht nicht gern von der Großmutter weg. Komm doch zu ihm in die Stube.
Niclas. Ich mag nicht hinein, Rudi! laß ihn doch nur einen Augenblick zu mir herauskom- men.
Ich mag's wohl leiden, antwortete der Rudi, und geht zurück nach der Stube.
Niclas
Q 2
Kinder redeten alle mit Thraͤnen von der groſſen Treue und Liebe, die die Verſtorbene ihnen im Leben erzeigt hatte; ſie weinten uͤber ihrem letzten Kum- mer wegen den Erdaͤpfeln, und verſprachen vor dem offenen Sarg dem lieben Gott im Himmel, in kei- ner Noth, auch wenn ſie noch ſo ſehr hungern wuͤr- den, keinem Menſchen mehr etwas zu ſtehlen.
Eben jezt oͤffnet Niclas die Thuͤre — ſieht die Geſtorbene — erſchrickt — und laͤuft wieder aus der Stube.
Der Rudi aber, der ihn ſieht, denkt, der Lien- hard wolle ihm etwas ſagen laſſen, laͤuft dem Kna- ben nach, und fragt ihn, was er wolle? Nichts, nichts, antwortete Niclas! nur zu dem Rudeli hab ich wollen; aber er betet jezt.
Rudi. Das macht nichts, wenn du zu ihm willſt.
Niclas. Laß ihn doch nur ein wenig zu mir auf die Gaſſe.
Rudi. Es iſt ja ſo kalt, und er geht nicht gern von der Großmutter weg. Komm doch zu ihm in die Stube.
Niclas. Ich mag nicht hinein, Rudi! laß ihn doch nur einen Augenblick zu mir herauskom- men.
Ich mag’s wohl leiden, antwortete der Rudi, und geht zuruͤck nach der Stube.
Niclas
Q 2
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Kinder redeten alle mit Thraͤnen von der groſſen
Treue und Liebe, die die Verſtorbene ihnen im Leben
erzeigt hatte; ſie weinten uͤber ihrem letzten Kum-
mer wegen den Erdaͤpfeln, und verſprachen vor dem
offenen Sarg dem lieben Gott im Himmel, in kei-
ner Noth, auch wenn ſie noch ſo ſehr hungern wuͤr-
den, keinem Menſchen mehr etwas zu ſtehlen.
Eben jezt oͤffnet Niclas die Thuͤre — ſieht die
Geſtorbene — erſchrickt — und laͤuft wieder aus
der Stube.
Der Rudi aber, der ihn ſieht, denkt, der Lien-
hard wolle ihm etwas ſagen laſſen, laͤuft dem Kna-
ben nach, und fragt ihn, was er wolle? Nichts,
nichts, antwortete Niclas! nur zu dem Rudeli hab
ich wollen; aber er betet jezt.
Rudi. Das macht nichts, wenn du zu ihm
willſt.
Niclas. Laß ihn doch nur ein wenig zu mir
auf die Gaſſe.
Rudi. Es iſt ja ſo kalt, und er geht nicht gern
von der Großmutter weg. Komm doch zu ihm in
die Stube.
Niclas. Ich mag nicht hinein, Rudi! laß
ihn doch nur einen Augenblick zu mir herauskom-
men.
Ich mag’s wohl leiden, antwortete der Rudi,
und geht zuruͤck nach der Stube.
Niclas
Q 2
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/268>, abgerufen am 17.05.2024.
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