Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

Aber darum muß sich auch alles Wissen des
Menschen bey einem jeden nach dem richten, was
er auszuüben und zu thun hat, oder was für ihn
die Hauptsache ist.

Aebi. Jezt fang ich's bald an zu merken --
Wenn man den Kopf mit zu vielem und fremdem
voll hat, so hat man ihn nicht bey seiner Arbeit
und bey dem, was allemal am nöthigsten ist.

Jost. Eben das ist's. Gedanken und Kopf soll-
ten einem jeden bey dem seyn, was ihn am näch-
sten angeht. Einmal ich mach's so. -- Ich habe
keine Wassermatten, darum liegt es mir nicht schwer
im Kopf, wie man wässern muß, und bis ich eige-
nes Gehölze habe, staune ich gewiß nicht mit Mühe
nach, wie man es am besten besorge. Aber meine
Gillenbehälter sind mir wohl im Kopf, weil sie meine
magern Matten fett machen -- So würde es in al-
len Ecken gut gehn, wenn ein jeder das Seine recht
im Kopf hätte. Man kömmt immer früh genug zum
Vielwissen, wenn man lernt recht wissen, und recht
wissen lernt man nie, wenn man nicht in der Nähe
bey dem Seinigen und bey dem Thun anfängt.
Auf den Fuß kömmt das Wissen in seiner Ord-
nung in den Kopf. Und man kömmt gewiß weit
im Leben, wenn man so anfängt; aber beym müs-
sigen Schwatzen und von Kalenderhistorien oder an-
dern Träumen aus den Wolken und aus dem Mond
lernt man gewiß nichts als liederlich werden.

Aebi.

Aber darum muß ſich auch alles Wiſſen des
Menſchen bey einem jeden nach dem richten, was
er auszuuͤben und zu thun hat, oder was fuͤr ihn
die Hauptſache iſt.

Aebi. Jezt fang ich’s bald an zu merken —
Wenn man den Kopf mit zu vielem und fremdem
voll hat, ſo hat man ihn nicht bey ſeiner Arbeit
und bey dem, was allemal am noͤthigſten iſt.

Joſt. Eben das iſt’s. Gedanken und Kopf ſoll-
ten einem jeden bey dem ſeyn, was ihn am naͤch-
ſten angeht. Einmal ich mach’s ſo. — Ich habe
keine Waſſermatten, darum liegt es mir nicht ſchwer
im Kopf, wie man waͤſſern muß, und bis ich eige-
nes Gehoͤlze habe, ſtaune ich gewiß nicht mit Muͤhe
nach, wie man es am beſten beſorge. Aber meine
Gillenbehaͤlter ſind mir wohl im Kopf, weil ſie meine
magern Matten fett machen — So wuͤrde es in al-
len Ecken gut gehn, wenn ein jeder das Seine recht
im Kopf haͤtte. Man koͤmmt immer fruͤh genug zum
Vielwiſſen, wenn man lernt recht wiſſen, und recht
wiſſen lernt man nie, wenn man nicht in der Naͤhe
bey dem Seinigen und bey dem Thun anfaͤngt.
Auf den Fuß koͤmmt das Wiſſen in ſeiner Ord-
nung in den Kopf. Und man koͤmmt gewiß weit
im Leben, wenn man ſo anfaͤngt; aber beym muͤſ-
ſigen Schwatzen und von Kalenderhiſtorien oder an-
dern Traͤumen aus den Wolken und aus dem Mond
lernt man gewiß nichts als liederlich werden.

Aebi.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0237" n="212"/>
          <p>Aber darum muß &#x017F;ich auch alles Wi&#x017F;&#x017F;en des<lb/>
Men&#x017F;chen bey einem jeden nach dem richten, was<lb/>
er auszuu&#x0364;ben und zu thun hat, oder was fu&#x0364;r ihn<lb/>
die Haupt&#x017F;ache i&#x017F;t.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Aebi.</hi> Jezt fang ich&#x2019;s bald an zu merken &#x2014;<lb/>
Wenn man den Kopf mit zu vielem und fremdem<lb/>
voll hat, &#x017F;o hat man ihn nicht bey &#x017F;einer Arbeit<lb/>
und bey dem, was allemal am no&#x0364;thig&#x017F;ten i&#x017F;t.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Jo&#x017F;t.</hi> Eben das i&#x017F;t&#x2019;s. Gedanken und Kopf &#x017F;oll-<lb/>
ten einem jeden bey dem &#x017F;eyn, was ihn am na&#x0364;ch-<lb/>
&#x017F;ten angeht. Einmal ich mach&#x2019;s &#x017F;o. &#x2014; Ich habe<lb/>
keine Wa&#x017F;&#x017F;ermatten, darum liegt es mir nicht &#x017F;chwer<lb/>
im Kopf, wie man wa&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern muß, und bis ich eige-<lb/>
nes Geho&#x0364;lze habe, &#x017F;taune ich gewiß nicht mit Mu&#x0364;he<lb/>
nach, wie man es am be&#x017F;ten be&#x017F;orge. Aber meine<lb/>
Gillenbeha&#x0364;lter &#x017F;ind mir wohl im Kopf, weil &#x017F;ie meine<lb/>
magern Matten fett machen &#x2014; So wu&#x0364;rde es in al-<lb/>
len Ecken gut gehn, wenn ein jeder das Seine recht<lb/>
im Kopf ha&#x0364;tte. Man ko&#x0364;mmt immer fru&#x0364;h genug zum<lb/>
Vielwi&#x017F;&#x017F;en, wenn man lernt recht wi&#x017F;&#x017F;en, und recht<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en lernt man nie, wenn man nicht in der Na&#x0364;he<lb/>
bey dem Seinigen und bey dem Thun anfa&#x0364;ngt.<lb/>
Auf den Fuß ko&#x0364;mmt das Wi&#x017F;&#x017F;en in &#x017F;einer Ord-<lb/>
nung in den Kopf. Und man ko&#x0364;mmt gewiß weit<lb/>
im Leben, wenn man &#x017F;o anfa&#x0364;ngt; aber beym mu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;igen Schwatzen und von Kalenderhi&#x017F;torien oder an-<lb/>
dern Tra&#x0364;umen aus den Wolken und aus dem Mond<lb/>
lernt man gewiß nichts als liederlich werden.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Aebi.</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[212/0237] Aber darum muß ſich auch alles Wiſſen des Menſchen bey einem jeden nach dem richten, was er auszuuͤben und zu thun hat, oder was fuͤr ihn die Hauptſache iſt. Aebi. Jezt fang ich’s bald an zu merken — Wenn man den Kopf mit zu vielem und fremdem voll hat, ſo hat man ihn nicht bey ſeiner Arbeit und bey dem, was allemal am noͤthigſten iſt. Joſt. Eben das iſt’s. Gedanken und Kopf ſoll- ten einem jeden bey dem ſeyn, was ihn am naͤch- ſten angeht. Einmal ich mach’s ſo. — Ich habe keine Waſſermatten, darum liegt es mir nicht ſchwer im Kopf, wie man waͤſſern muß, und bis ich eige- nes Gehoͤlze habe, ſtaune ich gewiß nicht mit Muͤhe nach, wie man es am beſten beſorge. Aber meine Gillenbehaͤlter ſind mir wohl im Kopf, weil ſie meine magern Matten fett machen — So wuͤrde es in al- len Ecken gut gehn, wenn ein jeder das Seine recht im Kopf haͤtte. Man koͤmmt immer fruͤh genug zum Vielwiſſen, wenn man lernt recht wiſſen, und recht wiſſen lernt man nie, wenn man nicht in der Naͤhe bey dem Seinigen und bey dem Thun anfaͤngt. Auf den Fuß koͤmmt das Wiſſen in ſeiner Ord- nung in den Kopf. Und man koͤmmt gewiß weit im Leben, wenn man ſo anfaͤngt; aber beym muͤſ- ſigen Schwatzen und von Kalenderhiſtorien oder an- dern Traͤumen aus den Wolken und aus dem Mond lernt man gewiß nichts als liederlich werden. Aebi.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/237
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/237>, abgerufen am 21.11.2024.