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Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874.

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Die Neger.
von Ketten aus dem feinsten Golddrath, die wie Bosman1) richtig
bemerkt, kaum in Europa nachgeahmt werden können. Stählerne
Ketten der Monbuttu erklärt wiederum Schweinfurth ebenbürtig
allen dergleichen Erzeugnissen in Europa2). Im Sosolande, einem süd-
lichen Gebiete des Reiches Sokoto pflastern die Neger das Innere ihrer
Höfe mosaikartig3). Wenn Ladislas Magyar von Steinschlossgewehren
spricht, die in Bihe von den Eingebornen verfertigt werden, so hat
Hamilton4) bei den Quissama-Negern ebenfalls Flinten gesehen,
die nach portugiesischen Mustern gearbeitet worden waren, während
in Bambara, in Bambuk und in Bornu die Neger Schiesspulver
erzeugen und sich den Salpeter dazu im Lande zu verschaffen
wissen5). Fügen wir noch hinzu, dass die Hausa und Fulbe in
Sokoto, sowie die Joloffer aus einem Absud von Erdnüssen ge-
mischt mit einer Lauge aus Holzasche, brauchbare Seife erzeugen6).
Die scharfsinnigste That irgend eines Negers ist aber die Schöpfung
einer eigenen Schrift durch einen Vei, theils aus Sylben-, theils aus
einfachen Lautzeichen bestehend. Der Erfinder wurde zwar in
seiner Jugend von Europäern erzogen und konnte lesen, immerhin
blieb ihm doch übrig, seine eigene Sprache zunächst alphabetisch
zu zergliedern, ehe er die Schriftzeichen erdenken konnte7).

Die Neger besitzen im hohen Grade die Gabe und Neigung,
sich fremde Gesittungsschätze anzueignen. Dagegen sind sie
äusserst arm an eignen Erfindungen. Während Reisende in an-
dern Welttheilen viel von fremdartigen Werkzeugen zu berichten
wissen, sind sie in Afrika sehr schweigsam. Alle Geräthe im
Haushalt der Neger kommen auch anderwärts vor. Wir wüssten
zum Beleg der Erfindungsgabe bei Negern nichts anderes aufzu-
zählen als die Marimba, ein Musikwerkzeug aus hohlen Kürbissen,

1) Guinese Goud-Tand-en Slave-kust. tom I. p. 123.
2) Zeitschrift für Ethnologie. Bd. 5. S. 19.
3) Gerhard Rohlfs in Petermann's Mittheilungen. Ergänzungsheft Nr.
34. S. 72.
4) Journal of the Anthropological Institute. London 1872. p. 191.
5) Waitz, Anthropologie. Bd. 2. S. 97. Barth, Nord- und Central-
afrika. Bd. 3. S. 245.
6) Gerhard Rohlfs l. c. S. 56. Mungo Park, l. c. S. 305.
7) Die Kenntniss dieser merkwürdigen Thatsachen verdanken wir dem
Lieutn. F. E. Forbes, cf. S. W. Koelle, Grammar of the Vei-Language.
London 1854. p. V.
33*

Die Neger.
von Ketten aus dem feinsten Golddrath, die wie Bosman1) richtig
bemerkt, kaum in Europa nachgeahmt werden können. Stählerne
Ketten der Monbuttu erklärt wiederum Schweinfurth ebenbürtig
allen dergleichen Erzeugnissen in Europa2). Im Sosolande, einem süd-
lichen Gebiete des Reiches Sokoto pflastern die Neger das Innere ihrer
Höfe mosaikartig3). Wenn Ladislas Magyar von Steinschlossgewehren
spricht, die in Bihé von den Eingebornen verfertigt werden, so hat
Hamilton4) bei den Quissama-Negern ebenfalls Flinten gesehen,
die nach portugiesischen Mustern gearbeitet worden waren, während
in Bambara, in Bambuk und in Bornu die Neger Schiesspulver
erzeugen und sich den Salpeter dazu im Lande zu verschaffen
wissen5). Fügen wir noch hinzu, dass die Hausa und Fulbe in
Sokoto, sowie die Joloffer aus einem Absud von Erdnüssen ge-
mischt mit einer Lauge aus Holzasche, brauchbare Seife erzeugen6).
Die scharfsinnigste That irgend eines Negers ist aber die Schöpfung
einer eigenen Schrift durch einen Vei, theils aus Sylben-, theils aus
einfachen Lautzeichen bestehend. Der Erfinder wurde zwar in
seiner Jugend von Europäern erzogen und konnte lesen, immerhin
blieb ihm doch übrig, seine eigene Sprache zunächst alphabetisch
zu zergliedern, ehe er die Schriftzeichen erdenken konnte7).

Die Neger besitzen im hohen Grade die Gabe und Neigung,
sich fremde Gesittungsschätze anzueignen. Dagegen sind sie
äusserst arm an eignen Erfindungen. Während Reisende in an-
dern Welttheilen viel von fremdartigen Werkzeugen zu berichten
wissen, sind sie in Afrika sehr schweigsam. Alle Geräthe im
Haushalt der Neger kommen auch anderwärts vor. Wir wüssten
zum Beleg der Erfindungsgabe bei Negern nichts anderes aufzu-
zählen als die Marimba, ein Musikwerkzeug aus hohlen Kürbissen,

1) Guinese Goud-Tand-en Slave-kust. tom I. p. 123.
2) Zeitschrift für Ethnologie. Bd. 5. S. 19.
3) Gerhard Rohlfs in Petermann’s Mittheilungen. Ergänzungsheft Nr.
34. S. 72.
4) Journal of the Anthropological Institute. London 1872. p. 191.
5) Waitz, Anthropologie. Bd. 2. S. 97. Barth, Nord- und Central-
afrika. Bd. 3. S. 245.
6) Gerhard Rohlfs l. c. S. 56. Mungo Park, l. c. S. 305.
7) Die Kenntniss dieser merkwürdigen Thatsachen verdanken wir dem
Lieutn. F. E. Forbes, cf. S. W. Koelle, Grammar of the Vei-Language.
London 1854. p. V.
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[515/0533] Die Neger. von Ketten aus dem feinsten Golddrath, die wie Bosman 1) richtig bemerkt, kaum in Europa nachgeahmt werden können. Stählerne Ketten der Monbuttu erklärt wiederum Schweinfurth ebenbürtig allen dergleichen Erzeugnissen in Europa 2). Im Sosolande, einem süd- lichen Gebiete des Reiches Sokoto pflastern die Neger das Innere ihrer Höfe mosaikartig 3). Wenn Ladislas Magyar von Steinschlossgewehren spricht, die in Bihé von den Eingebornen verfertigt werden, so hat Hamilton 4) bei den Quissama-Negern ebenfalls Flinten gesehen, die nach portugiesischen Mustern gearbeitet worden waren, während in Bambara, in Bambuk und in Bornu die Neger Schiesspulver erzeugen und sich den Salpeter dazu im Lande zu verschaffen wissen 5). Fügen wir noch hinzu, dass die Hausa und Fulbe in Sokoto, sowie die Joloffer aus einem Absud von Erdnüssen ge- mischt mit einer Lauge aus Holzasche, brauchbare Seife erzeugen 6). Die scharfsinnigste That irgend eines Negers ist aber die Schöpfung einer eigenen Schrift durch einen Vei, theils aus Sylben-, theils aus einfachen Lautzeichen bestehend. Der Erfinder wurde zwar in seiner Jugend von Europäern erzogen und konnte lesen, immerhin blieb ihm doch übrig, seine eigene Sprache zunächst alphabetisch zu zergliedern, ehe er die Schriftzeichen erdenken konnte 7). Die Neger besitzen im hohen Grade die Gabe und Neigung, sich fremde Gesittungsschätze anzueignen. Dagegen sind sie äusserst arm an eignen Erfindungen. Während Reisende in an- dern Welttheilen viel von fremdartigen Werkzeugen zu berichten wissen, sind sie in Afrika sehr schweigsam. Alle Geräthe im Haushalt der Neger kommen auch anderwärts vor. Wir wüssten zum Beleg der Erfindungsgabe bei Negern nichts anderes aufzu- zählen als die Marimba, ein Musikwerkzeug aus hohlen Kürbissen, 1) Guinese Goud-Tand-en Slave-kust. tom I. p. 123. 2) Zeitschrift für Ethnologie. Bd. 5. S. 19. 3) Gerhard Rohlfs in Petermann’s Mittheilungen. Ergänzungsheft Nr. 34. S. 72. 4) Journal of the Anthropological Institute. London 1872. p. 191. 5) Waitz, Anthropologie. Bd. 2. S. 97. Barth, Nord- und Central- afrika. Bd. 3. S. 245. 6) Gerhard Rohlfs l. c. S. 56. Mungo Park, l. c. S. 305. 7) Die Kenntniss dieser merkwürdigen Thatsachen verdanken wir dem Lieutn. F. E. Forbes, cf. S. W. Koelle, Grammar of the Vei-Language. London 1854. p. V. 33*

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874, S. 515. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874/533>, abgerufen am 22.12.2024.