Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874.Die Beringsvölker. hätte sie Aehnlichkeit mit dem Verfahren innerhalb der uralaltai-schen Gruppe, deren wichtigstes Merkmal aber, nämlich die Laut- harmonie, bei den Innuit fehlt. Zwar kennt die Eskimosprache nicht die strenge Einverleibung, gleichwohl wird sich bald zeigen, dass sie einen Uebergang zwischen dem uralaltaischen und dem amerikanischen Typus darstellt. Die Innuit sassen zur Zeit der Normannenbesuche Amerikas also um 1000 n. Chr. noch ziemlich südlich an der atlantischen Küste und liessen sich am Anfang des vorigen Jahrhunderts noch gelegentlich auf Neufundland sehen 1). Nach Grönland sind sie erst in der Mitte des 14. Jahrhunderts eingewandert 2). Barnard Davis gibt als Schädelindices den grön- ländischen Eskimo eine Breite von 71 und eine Höhe von 75, den Eskimo im östlichen Nordamerika 70 und 75 für die obigen Verhältnisse. Allein diese Merkmale sind werthlos, weil der Schädel künstlich geformt wird 3). Die westlichen Innuit aber, gegen welche ein gleicher Verdacht bis jetzt noch nicht vorliegt und die uns daher die ungestörte Schädelform darbieten, haben 75 zum Breiten-, 77 zum Höhenindex. Es sind also Mittelschädel von grösserer Höhe als Breite 4). Sonst stimmen sie in den mass- gebenden Körpermerkmalen mit den nordasiatischen Bevölkerungen völlig überein, namentlich was Haut und Haar betrifft. Die schiefe Stellung der geschlitzten Augen, die flachen breiten Gesichter sind selbst noch bei den Eskimo Grönlands zu erkennen 5), obgleich dort Mischungen mit germanischem Blut vielfach stattgefunden haben. Die Namollo und Eskimo gehören zwar nicht unter die hochgewachsnen Völker, aber widerlegt wurden bereits die älteren irrigen Angaben über ihre Zwergenhaftigkeit 6). Ihre Frauen sind nicht fruchtbar 7) oder vielmehr der Kindersegen gilt als uner- wünscht, daher auch dieser Volksstamm dem Erlöschen nicht mehr entgehen wird. 1) Charlevoix l. c. 2) S. oben S. 62. und David Cranz, Historie von Grönland. Buch 4, 1. Abschn. § 8. Barby 1770. Bd. 1. S. 333 ff. 3) S. oben S. 62. 4) Barnard Davis, Thesaurus craniorum, p. 219--224. 5) Die zweite deutsche Nordpolarfahrt. Leipzig 1873. Bd. 1. S. 135. 6) S. oben S 86. 7) D. Cranz, Historie von Grönland. Buch III, 2 §. 14. Bd. 1. S. 212. 27*
Die Beringsvölker. hätte sie Aehnlichkeit mit dem Verfahren innerhalb der uralaltai-schen Gruppe, deren wichtigstes Merkmal aber, nämlich die Laut- harmonie, bei den Innuit fehlt. Zwar kennt die Eskimosprache nicht die strenge Einverleibung, gleichwohl wird sich bald zeigen, dass sie einen Uebergang zwischen dem uralaltaischen und dem amerikanischen Typus darstellt. Die Innuit sassen zur Zeit der Normannenbesuche Amerikas also um 1000 n. Chr. noch ziemlich südlich an der atlantischen Küste und liessen sich am Anfang des vorigen Jahrhunderts noch gelegentlich auf Neufundland sehen 1). Nach Grönland sind sie erst in der Mitte des 14. Jahrhunderts eingewandert 2). Barnard Davis gibt als Schädelindices den grön- ländischen Eskimo eine Breite von 71 und eine Höhe von 75, den Eskimo im östlichen Nordamerika 70 und 75 für die obigen Verhältnisse. Allein diese Merkmale sind werthlos, weil der Schädel künstlich geformt wird 3). Die westlichen Innuit aber, gegen welche ein gleicher Verdacht bis jetzt noch nicht vorliegt und die uns daher die ungestörte Schädelform darbieten, haben 75 zum Breiten-, 77 zum Höhenindex. Es sind also Mittelschädel von grösserer Höhe als Breite 4). Sonst stimmen sie in den mass- gebenden Körpermerkmalen mit den nordasiatischen Bevölkerungen völlig überein, namentlich was Haut und Haar betrifft. Die schiefe Stellung der geschlitzten Augen, die flachen breiten Gesichter sind selbst noch bei den Eskimo Grönlands zu erkennen 5), obgleich dort Mischungen mit germanischem Blut vielfach stattgefunden haben. Die Namollo und Eskimo gehören zwar nicht unter die hochgewachsnen Völker, aber widerlegt wurden bereits die älteren irrigen Angaben über ihre Zwergenhaftigkeit 6). Ihre Frauen sind nicht fruchtbar 7) oder vielmehr der Kindersegen gilt als uner- wünscht, daher auch dieser Volksstamm dem Erlöschen nicht mehr entgehen wird. 1) Charlevoix l. c. 2) S. oben S. 62. und David Cranz, Historie von Grönland. Buch 4, 1. Abschn. § 8. Barby 1770. Bd. 1. S. 333 ff. 3) S. oben S. 62. 4) Barnard Davis, Thesaurus craniorum, p. 219—224. 5) Die zweite deutsche Nordpolarfahrt. Leipzig 1873. Bd. 1. S. 135. 6) S. oben S 86. 7) D. Cranz, Historie von Grönland. Buch III, 2 §. 14. Bd. 1. S. 212. 27*
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Die Beringsvölker.
hätte sie Aehnlichkeit mit dem Verfahren innerhalb der uralaltai-
schen Gruppe, deren wichtigstes Merkmal aber, nämlich die Laut-
harmonie, bei den Innuit fehlt. Zwar kennt die Eskimosprache
nicht die strenge Einverleibung, gleichwohl wird sich bald zeigen,
dass sie einen Uebergang zwischen dem uralaltaischen und dem
amerikanischen Typus darstellt. Die Innuit sassen zur Zeit der
Normannenbesuche Amerikas also um 1000 n. Chr. noch ziemlich
südlich an der atlantischen Küste und liessen sich am Anfang
des vorigen Jahrhunderts noch gelegentlich auf Neufundland sehen 1).
Nach Grönland sind sie erst in der Mitte des 14. Jahrhunderts
eingewandert 2). Barnard Davis gibt als Schädelindices den grön-
ländischen Eskimo eine Breite von 71 und eine Höhe von 75,
den Eskimo im östlichen Nordamerika 70 und 75 für die obigen
Verhältnisse. Allein diese Merkmale sind werthlos, weil der
Schädel künstlich geformt wird 3). Die westlichen Innuit aber,
gegen welche ein gleicher Verdacht bis jetzt noch nicht vorliegt
und die uns daher die ungestörte Schädelform darbieten, haben
75 zum Breiten-, 77 zum Höhenindex. Es sind also Mittelschädel
von grösserer Höhe als Breite 4). Sonst stimmen sie in den mass-
gebenden Körpermerkmalen mit den nordasiatischen Bevölkerungen
völlig überein, namentlich was Haut und Haar betrifft. Die schiefe
Stellung der geschlitzten Augen, die flachen breiten Gesichter sind
selbst noch bei den Eskimo Grönlands zu erkennen 5), obgleich
dort Mischungen mit germanischem Blut vielfach stattgefunden
haben. Die Namollo und Eskimo gehören zwar nicht unter die
hochgewachsnen Völker, aber widerlegt wurden bereits die älteren
irrigen Angaben über ihre Zwergenhaftigkeit 6). Ihre Frauen sind
nicht fruchtbar 7) oder vielmehr der Kindersegen gilt als uner-
wünscht, daher auch dieser Volksstamm dem Erlöschen nicht mehr
entgehen wird.
1) Charlevoix l. c.
2) S. oben S. 62. und David Cranz, Historie von Grönland. Buch 4,
1. Abschn. § 8. Barby 1770. Bd. 1. S. 333 ff.
3) S. oben S. 62.
4) Barnard Davis, Thesaurus craniorum, p. 219—224.
5) Die zweite deutsche Nordpolarfahrt. Leipzig 1873. Bd. 1. S. 135.
6) S. oben S 86.
7) D. Cranz, Historie von Grönland. Buch III, 2 §. 14. Bd. 1. S. 212.
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