waren 22 Häuptlinge zur Herrschaft gelangt, so dass wenn die mittlere Dauer jeder Regierung auf 20 Jahre bemessen wird, die Besiedelung der Insel höchstens in das Jahr 1400 n. Chr. hinauf- reicht. Die Ueberlieferung würde an Glaubwürdigkeit gewinnen, wenn die drei Holztafeln mit Bilderzeichen, die neuerlich bei den Osterinsulanern gefunden und von Europäern ihnen entführt worden sind, als rohe Schriftversuche die Namenfolge der Könige ent- hielten 1).
Die Einwohner haben hohe aber äusserst rohe Steinbilder mit Menschengesichtern aus einer leicht zerreiblichen Trachytlava zu Hunderten verfertigt 2) und auf der Insel zerstreut aufgestellt, vielleicht zur Erinnerung an Verstorbne. Auch erbauten sie grosse steinerne Terrassen, die an die Morai der übrigen Polynesier er- innern. Endlich fand man auf der Insel Trümmer ehemaliger geräumiger Gebäude aus Steinplatten, die jetzt verfallen liegen, aber noch vor 150 Jahren bewohnt gewesen sein müssen, denn an ihren Wänden stellen Bilder mit weisser, rother und schwarzer Farbe Schafe, Pferde und Schiffe mit ihrem Tackelwerk dar 3), Roggeween aber war der erste Seefahrer, der 1721 einen Verkehr mit den Bewohnern eröffnete. Es hat natürlich nicht an Ver- muthungen gefehlt, dass vor der Ankunft der heutigen polynesi- schen Bewohner ein Culturvolk die Osterinsel besessen habe und dann ausgestorben sei, bis heutigen Tages aber sind sie ohne Begründung geblieben. Die Bewohner Rapanui's bestätigen uns im Gegentheil die Erfahrung, dass wenn sich eine Handvoll Menschen in eine oceanische Einsamkeit verirrt und dort ohne anregenden Verkehr verharrt, ihre bei der Trennung noch vorhandnen Fertig- keiten und Fähigkeiten allmählig einschlummern. Die übrigen Polynesier errichten zwar heutigentags nur hölzerne Gebäude, aber Reste vormaliger Steinbauten sind auf verschiednen Südsee- inseln aufgefunden worden 4).
1)Meinicke in der Zeitschrift für Erdkunde. Bd. 6. Berlin 1871. S. 548.
2) Nach den Abbildungen in der Revue maritime et coloniale l. c. und nach Photographien, die uns zugekommen sind, gleichen jene Skulpturen sehr stark den bekannten neuseeländischen hölzernen Tikibildern.
3)Palmer, l. c. p. 176.
4) Eine Aufzählung solcher Alterthümer gibt Waitz, Anthropologie. Bd. 5. S. 224.
Der malayische Stamm.
waren 22 Häuptlinge zur Herrschaft gelangt, so dass wenn die mittlere Dauer jeder Regierung auf 20 Jahre bemessen wird, die Besiedelung der Insel höchstens in das Jahr 1400 n. Chr. hinauf- reicht. Die Ueberlieferung würde an Glaubwürdigkeit gewinnen, wenn die drei Holztafeln mit Bilderzeichen, die neuerlich bei den Osterinsulanern gefunden und von Europäern ihnen entführt worden sind, als rohe Schriftversuche die Namenfolge der Könige ent- hielten 1).
Die Einwohner haben hohe aber äusserst rohe Steinbilder mit Menschengesichtern aus einer leicht zerreiblichen Trachytlava zu Hunderten verfertigt 2) und auf der Insel zerstreut aufgestellt, vielleicht zur Erinnerung an Verstorbne. Auch erbauten sie grosse steinerne Terrassen, die an die Morai der übrigen Polynesier er- innern. Endlich fand man auf der Insel Trümmer ehemaliger geräumiger Gebäude aus Steinplatten, die jetzt verfallen liegen, aber noch vor 150 Jahren bewohnt gewesen sein müssen, denn an ihren Wänden stellen Bilder mit weisser, rother und schwarzer Farbe Schafe, Pferde und Schiffe mit ihrem Tackelwerk dar 3), Roggeween aber war der erste Seefahrer, der 1721 einen Verkehr mit den Bewohnern eröffnete. Es hat natürlich nicht an Ver- muthungen gefehlt, dass vor der Ankunft der heutigen polynesi- schen Bewohner ein Culturvolk die Osterinsel besessen habe und dann ausgestorben sei, bis heutigen Tages aber sind sie ohne Begründung geblieben. Die Bewohner Rapanui’s bestätigen uns im Gegentheil die Erfahrung, dass wenn sich eine Handvoll Menschen in eine oceanische Einsamkeit verirrt und dort ohne anregenden Verkehr verharrt, ihre bei der Trennung noch vorhandnen Fertig- keiten und Fähigkeiten allmählig einschlummern. Die übrigen Polynesier errichten zwar heutigentags nur hölzerne Gebäude, aber Reste vormaliger Steinbauten sind auf verschiednen Südsee- inseln aufgefunden worden 4).
1)Meinicke in der Zeitschrift für Erdkunde. Bd. 6. Berlin 1871. S. 548.
2) Nach den Abbildungen in der Revue maritime et coloniale l. c. und nach Photographien, die uns zugekommen sind, gleichen jene Skulpturen sehr stark den bekannten neuseeländischen hölzernen Tikibildern.
3)Palmer, l. c. p. 176.
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Der malayische Stamm.
waren 22 Häuptlinge zur Herrschaft gelangt, so dass wenn die
mittlere Dauer jeder Regierung auf 20 Jahre bemessen wird, die
Besiedelung der Insel höchstens in das Jahr 1400 n. Chr. hinauf-
reicht. Die Ueberlieferung würde an Glaubwürdigkeit gewinnen,
wenn die drei Holztafeln mit Bilderzeichen, die neuerlich bei den
Osterinsulanern gefunden und von Europäern ihnen entführt worden
sind, als rohe Schriftversuche die Namenfolge der Könige ent-
hielten 1).
Die Einwohner haben hohe aber äusserst rohe Steinbilder
mit Menschengesichtern aus einer leicht zerreiblichen Trachytlava
zu Hunderten verfertigt 2) und auf der Insel zerstreut aufgestellt,
vielleicht zur Erinnerung an Verstorbne. Auch erbauten sie grosse
steinerne Terrassen, die an die Morai der übrigen Polynesier er-
innern. Endlich fand man auf der Insel Trümmer ehemaliger
geräumiger Gebäude aus Steinplatten, die jetzt verfallen liegen,
aber noch vor 150 Jahren bewohnt gewesen sein müssen, denn
an ihren Wänden stellen Bilder mit weisser, rother und schwarzer
Farbe Schafe, Pferde und Schiffe mit ihrem Tackelwerk dar 3),
Roggeween aber war der erste Seefahrer, der 1721 einen Verkehr
mit den Bewohnern eröffnete. Es hat natürlich nicht an Ver-
muthungen gefehlt, dass vor der Ankunft der heutigen polynesi-
schen Bewohner ein Culturvolk die Osterinsel besessen habe und
dann ausgestorben sei, bis heutigen Tages aber sind sie ohne
Begründung geblieben. Die Bewohner Rapanui’s bestätigen uns im
Gegentheil die Erfahrung, dass wenn sich eine Handvoll Menschen
in eine oceanische Einsamkeit verirrt und dort ohne anregenden
Verkehr verharrt, ihre bei der Trennung noch vorhandnen Fertig-
keiten und Fähigkeiten allmählig einschlummern. Die übrigen
Polynesier errichten zwar heutigentags nur hölzerne Gebäude,
aber Reste vormaliger Steinbauten sind auf verschiednen Südsee-
inseln aufgefunden worden 4).
1) Meinicke in der Zeitschrift für Erdkunde. Bd. 6. Berlin 1871. S. 548.
2) Nach den Abbildungen in der Revue maritime et coloniale l. c. und
nach Photographien, die uns zugekommen sind, gleichen jene Skulpturen sehr
stark den bekannten neuseeländischen hölzernen Tikibildern.
3) Palmer, l. c. p. 176.
4) Eine Aufzählung solcher Alterthümer gibt Waitz, Anthropologie.
Bd. 5. S. 224.
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Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874/390>, abgerufen am 16.07.2024.
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