Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874.Die australischen und asiatischen Papuanen. eine Uebereinstimmung in den Hilfsmitteln zur Wortbildung.Ausserdem zeigte sich überall Verwandtschaft mit den polynesi- schen Sprachen, wenigstens stimmten die persönlichen Fürwörter überein, ebenso etliche Ortsadverbien und eine Anzahl von Prä- fixen. Zu den letzteren gehört auch faka, welches in allen papua- nischen und polynesischen Sprachen nur als Präfix auftritt, im Fidschi dagegen noch als selbstständiges Wort, sowie obendrein als Suffix gebraucht werden kann 1). Die Untersuchung führte überhaupt zu dem Schluss, dass die papuanischen Sprachen mehr mit den polynesischen gemein haben, als aus einer blossen Ent- lehnung der einen aus den andern hervorgehen kann. Diese vor Zweifeln gesicherten Thatsachen enthalten ein grosses Räthsel, denn es würde durch die Uebereinstimmung der Sprachen auf eine gemeinsame Abstammung geschlossen werden müssen zwischen zwei Racen, die durch Körpermerkmale sehr scharf geschieden sind. Doch verstatten die Ergebnisse des Hrn. v. d. Gabelentz noch eine andere Auslegung. Die Sprachenschätze, welche er untersuchte wurden nämlich auf der Fidschigruppe, auf den neu- hebridischen Inseln Annatom, Tanna, Erromango und Mallikolo, auf den Loyalitätsinseln Mare und Lifu, sowie auf dem benachbarten Baladea, endlich auf Bauro (San Christoval) und Guadalcanar der Salomonengruppe gesammelt. Auf allen diesen Inseln sind Misch- ungen mit Polynesiern nachgewiesen worden und in Folge dessen haben die Papuanen auch polynesische Gebräuche und Sitten sich angeeignet. Erst eine genauere Untersuchung papuanischer Sprachen auf Neuguinea würde daher genügendes Licht über die lingu- istische Verwandtschaft bringen können, sie fehlt aber unsers Wis- sens noch gänzlich. Durch sein lärmendes, geschwätziges, ausgelassnes, wissbe- 1) v. d. Gabelentz, über die melanesischen Sprachen, in Abhandlungen
der philol.-histor. Classe der kgl. sächs. Gesellsch. der Wissenschaften. Leipzig 1861. Bd. 3. S. 254--266. Die australischen und asiatischen Papuanen. eine Uebereinstimmung in den Hilfsmitteln zur Wortbildung.Ausserdem zeigte sich überall Verwandtschaft mit den polynesi- schen Sprachen, wenigstens stimmten die persönlichen Fürwörter überein, ebenso etliche Ortsadverbien und eine Anzahl von Prä- fixen. Zu den letzteren gehört auch faka, welches in allen papua- nischen und polynesischen Sprachen nur als Präfix auftritt, im Fidschi dagegen noch als selbstständiges Wort, sowie obendrein als Suffix gebraucht werden kann 1). Die Untersuchung führte überhaupt zu dem Schluss, dass die papuanischen Sprachen mehr mit den polynesischen gemein haben, als aus einer blossen Ent- lehnung der einen aus den andern hervorgehen kann. Diese vor Zweifeln gesicherten Thatsachen enthalten ein grosses Räthsel, denn es würde durch die Uebereinstimmung der Sprachen auf eine gemeinsame Abstammung geschlossen werden müssen zwischen zwei Racen, die durch Körpermerkmale sehr scharf geschieden sind. Doch verstatten die Ergebnisse des Hrn. v. d. Gabelentz noch eine andere Auslegung. Die Sprachenschätze, welche er untersuchte wurden nämlich auf der Fidschigruppe, auf den neu- hebridischen Inseln Annatom, Tanna, Erromango und Mallikolo, auf den Loyalitätsinseln Maré und Lifu, sowie auf dem benachbarten Baladea, endlich auf Bauro (San Christoval) und Guadalcanar der Salomonengruppe gesammelt. Auf allen diesen Inseln sind Misch- ungen mit Polynesiern nachgewiesen worden und in Folge dessen haben die Papuanen auch polynesische Gebräuche und Sitten sich angeeignet. Erst eine genauere Untersuchung papuanischer Sprachen auf Neuguinea würde daher genügendes Licht über die lingu- istische Verwandtschaft bringen können, sie fehlt aber unsers Wis- sens noch gänzlich. Durch sein lärmendes, geschwätziges, ausgelassnes, wissbe- 1) v. d. Gabelentz, über die melanesischen Sprachen, in Abhandlungen
der philol.-histor. Classe der kgl. sächs. Gesellsch. der Wissenschaften. Leipzig 1861. Bd. 3. S. 254—266. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0381" n="363"/><fw place="top" type="header">Die australischen und asiatischen Papuanen.</fw><lb/> eine Uebereinstimmung in den Hilfsmitteln zur Wortbildung.<lb/> Ausserdem zeigte sich überall Verwandtschaft mit den polynesi-<lb/> schen Sprachen, wenigstens stimmten die persönlichen Fürwörter<lb/> überein, ebenso etliche Ortsadverbien und eine Anzahl von Prä-<lb/> fixen. Zu den letzteren gehört auch <hi rendition="#i">faka</hi>, welches in allen papua-<lb/> nischen und polynesischen Sprachen nur als Präfix auftritt, im<lb/> Fidschi dagegen noch als selbstständiges Wort, sowie obendrein<lb/> als Suffix gebraucht werden kann <note place="foot" n="1)">v. d. <hi rendition="#g">Gabelentz</hi>, über die melanesischen Sprachen, in Abhandlungen<lb/> der philol.-histor. Classe der kgl. sächs. Gesellsch. der Wissenschaften. Leipzig<lb/> 1861. Bd. 3. S. 254—266.</note>. Die Untersuchung führte<lb/> überhaupt zu dem Schluss, dass die papuanischen Sprachen mehr<lb/> mit den polynesischen gemein haben, als aus einer blossen Ent-<lb/> lehnung der einen aus den andern hervorgehen kann. Diese vor<lb/> Zweifeln gesicherten Thatsachen enthalten ein grosses Räthsel,<lb/> denn es würde durch die Uebereinstimmung der Sprachen auf<lb/> eine gemeinsame Abstammung geschlossen werden müssen zwischen<lb/> zwei Racen, die durch Körpermerkmale sehr scharf geschieden<lb/> sind. Doch verstatten die Ergebnisse des Hrn. v. d. Gabelentz<lb/> noch eine andere Auslegung. Die Sprachenschätze, welche er<lb/> untersuchte wurden nämlich auf der Fidschigruppe, auf den neu-<lb/> hebridischen Inseln Annatom, Tanna, Erromango und Mallikolo, auf<lb/> den Loyalitätsinseln Maré und Lifu, sowie auf dem benachbarten<lb/> Baladea, endlich auf Bauro (San Christoval) und Guadalcanar der<lb/> Salomonengruppe gesammelt. Auf allen diesen Inseln sind Misch-<lb/> ungen mit Polynesiern nachgewiesen worden und in Folge dessen<lb/> haben die Papuanen auch polynesische Gebräuche und Sitten sich<lb/> angeeignet. Erst eine genauere Untersuchung papuanischer Sprachen<lb/> auf Neuguinea würde daher genügendes Licht über die lingu-<lb/> istische Verwandtschaft bringen können, sie fehlt aber unsers Wis-<lb/> sens noch gänzlich.</p><lb/> <p>Durch sein lärmendes, geschwätziges, ausgelassnes, wissbe-<lb/> gieriges Wesen und seine rastlose Beweglichkeit unterscheidet sich<lb/> der Papuane Neuguineas scharf von dem verschlossnen und be-<lb/> dachtsamen asiatischen Malayen. Die Papuanen Neuguineas, wie<lb/> der Fidschigruppe und Baladea’s kochen in irdnen Geschirren, die<lb/> allen Polynesiern fehlen. Ihre Erfindungsgabe bekunden die Fidschi-<lb/> leute damit, dass sie ihre Kleiderstoffe aus Baumrinde (Tapa) fär-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [363/0381]
Die australischen und asiatischen Papuanen.
eine Uebereinstimmung in den Hilfsmitteln zur Wortbildung.
Ausserdem zeigte sich überall Verwandtschaft mit den polynesi-
schen Sprachen, wenigstens stimmten die persönlichen Fürwörter
überein, ebenso etliche Ortsadverbien und eine Anzahl von Prä-
fixen. Zu den letzteren gehört auch faka, welches in allen papua-
nischen und polynesischen Sprachen nur als Präfix auftritt, im
Fidschi dagegen noch als selbstständiges Wort, sowie obendrein
als Suffix gebraucht werden kann 1). Die Untersuchung führte
überhaupt zu dem Schluss, dass die papuanischen Sprachen mehr
mit den polynesischen gemein haben, als aus einer blossen Ent-
lehnung der einen aus den andern hervorgehen kann. Diese vor
Zweifeln gesicherten Thatsachen enthalten ein grosses Räthsel,
denn es würde durch die Uebereinstimmung der Sprachen auf
eine gemeinsame Abstammung geschlossen werden müssen zwischen
zwei Racen, die durch Körpermerkmale sehr scharf geschieden
sind. Doch verstatten die Ergebnisse des Hrn. v. d. Gabelentz
noch eine andere Auslegung. Die Sprachenschätze, welche er
untersuchte wurden nämlich auf der Fidschigruppe, auf den neu-
hebridischen Inseln Annatom, Tanna, Erromango und Mallikolo, auf
den Loyalitätsinseln Maré und Lifu, sowie auf dem benachbarten
Baladea, endlich auf Bauro (San Christoval) und Guadalcanar der
Salomonengruppe gesammelt. Auf allen diesen Inseln sind Misch-
ungen mit Polynesiern nachgewiesen worden und in Folge dessen
haben die Papuanen auch polynesische Gebräuche und Sitten sich
angeeignet. Erst eine genauere Untersuchung papuanischer Sprachen
auf Neuguinea würde daher genügendes Licht über die lingu-
istische Verwandtschaft bringen können, sie fehlt aber unsers Wis-
sens noch gänzlich.
Durch sein lärmendes, geschwätziges, ausgelassnes, wissbe-
gieriges Wesen und seine rastlose Beweglichkeit unterscheidet sich
der Papuane Neuguineas scharf von dem verschlossnen und be-
dachtsamen asiatischen Malayen. Die Papuanen Neuguineas, wie
der Fidschigruppe und Baladea’s kochen in irdnen Geschirren, die
allen Polynesiern fehlen. Ihre Erfindungsgabe bekunden die Fidschi-
leute damit, dass sie ihre Kleiderstoffe aus Baumrinde (Tapa) fär-
1) v. d. Gabelentz, über die melanesischen Sprachen, in Abhandlungen
der philol.-histor. Classe der kgl. sächs. Gesellsch. der Wissenschaften. Leipzig
1861. Bd. 3. S. 254—266.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |