durch Australien sich noch einen, wenn auch schwachen Verkehr mit höhern Gesittungen rettete. Das dortige Cap-York verlängert sich nämlich als eine Kette hoher felsiger Inseln bis nach Neu- Guinea, und da wir gezwungen sind, Australien ursprünglich als menschenleer, seine heutige dunkle Bevölkerung aber als einge- wandert zu denken, wenn auch dieses Ereigniss in eine vorläufig unermessbare Vergangenheit zurücktritt, so ist der Uebergang über die Torresstrasse der bequemste Weg für eine Einwanderung wenig seetüchtiger Stämme. Wir könnten sogar die Australier von Neu-Guinea aus trocknen Fusses hinüberführen in ihre jetzige Heimat, denn gerade längs jener Inselkette beträgt die Meerestiefe der Torresstrasse nirgends über 10 Faden (60 Fuss)1), und ihre Sohle kann sich seit dem Auftreten der Menschen leicht um diesen Abstand gesenkt haben, wenn auf Sardinien, 60 Metres über dem Meere, Thonscherben mit Seeschalthieren und Schlamm fossil ver- backen angetroffen worden sind.
Aus den Wortschätzen, die auf der Erforschungsexpedition unter Capt. Blackwood gesammelt wurden, ergibt sich ferner deut- lich, dass die Stämme am Cap York eine verwandte Sprache reden wie die Bewohner der Inseln in der Endeavourstrasse, dann auf den Murray-Inseln, ferner auf Masid und auf Errub, lauter Eilande östlich vom Eingang in die Torresstrasse2). Verfolgen wir also diese linguistische Fährte, so werden wir hinübergeführt bis hart an die Küste Neu-Guinea's. Zwar sind die Papuanen, die Bewohner jener Insel, von den Australiern durch so scharfe Racenmerkmale getrennt, dass ein geübtes Auge, wie Jardine bemerkt hat, unter den Australiern am Cap York die herkulischen Gestalten von ein- zelnen Auswanderern Neu-Guinea's leicht herauskennen wird; immerhin sehen wir doch aus diesen Wanderungen, die noch heutigen Tages vorgehen, und aus den oben angeführten Spuren der Sprachverwandtschaft, dass von Neu-Guinea herüber die Ver- bindungen mit der Carpentaria-Halbinsel beständig fortgewirkt haben, und diese Thatsachen sind die einzigen Fingerzeige nach dem Pfade, auf welchem die ersten Menschen das australische Festland dermaleinst betreten haben mögen. Hier rechtfertigt sich zugleich, dass wir oben der Carpentaria-Halbinsel eine cultur-
1)Jukes, Voyage of H. M. S. Fly. vol. I. p. 153.
2)Latham, Opuscula. p. 234.
Die Australier.
durch Australien sich noch einen, wenn auch schwachen Verkehr mit höhern Gesittungen rettete. Das dortige Cap-York verlängert sich nämlich als eine Kette hoher felsiger Inseln bis nach Neu- Guinea, und da wir gezwungen sind, Australien ursprünglich als menschenleer, seine heutige dunkle Bevölkerung aber als einge- wandert zu denken, wenn auch dieses Ereigniss in eine vorläufig unermessbare Vergangenheit zurücktritt, so ist der Uebergang über die Torresstrasse der bequemste Weg für eine Einwanderung wenig seetüchtiger Stämme. Wir könnten sogar die Australier von Neu-Guinea aus trocknen Fusses hinüberführen in ihre jetzige Heimat, denn gerade längs jener Inselkette beträgt die Meerestiefe der Torresstrasse nirgends über 10 Faden (60 Fuss)1), und ihre Sohle kann sich seit dem Auftreten der Menschen leicht um diesen Abstand gesenkt haben, wenn auf Sardinien, 60 Mètres über dem Meere, Thonscherben mit Seeschalthieren und Schlamm fossil ver- backen angetroffen worden sind.
Aus den Wortschätzen, die auf der Erforschungsexpedition unter Capt. Blackwood gesammelt wurden, ergibt sich ferner deut- lich, dass die Stämme am Cap York eine verwandte Sprache reden wie die Bewohner der Inseln in der Endeavourstrasse, dann auf den Murray-Inseln, ferner auf Masid und auf Errub, lauter Eilande östlich vom Eingang in die Torresstrasse2). Verfolgen wir also diese linguistische Fährte, so werden wir hinübergeführt bis hart an die Küste Neu-Guinea’s. Zwar sind die Papuanen, die Bewohner jener Insel, von den Australiern durch so scharfe Racenmerkmale getrennt, dass ein geübtes Auge, wie Jardine bemerkt hat, unter den Australiern am Cap York die herkulischen Gestalten von ein- zelnen Auswanderern Neu-Guinea’s leicht herauskennen wird; immerhin sehen wir doch aus diesen Wanderungen, die noch heutigen Tages vorgehen, und aus den oben angeführten Spuren der Sprachverwandtschaft, dass von Neu-Guinea herüber die Ver- bindungen mit der Carpentaria-Halbinsel beständig fortgewirkt haben, und diese Thatsachen sind die einzigen Fingerzeige nach dem Pfade, auf welchem die ersten Menschen das australische Festland dermaleinst betreten haben mögen. Hier rechtfertigt sich zugleich, dass wir oben der Carpentaria-Halbinsel eine cultur-
1)Jukes, Voyage of H. M. S. Fly. vol. I. p. 153.
2)Latham, Opuscula. p. 234.
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Die Australier.
durch Australien sich noch einen, wenn auch schwachen Verkehr
mit höhern Gesittungen rettete. Das dortige Cap-York verlängert
sich nämlich als eine Kette hoher felsiger Inseln bis nach Neu-
Guinea, und da wir gezwungen sind, Australien ursprünglich als
menschenleer, seine heutige dunkle Bevölkerung aber als einge-
wandert zu denken, wenn auch dieses Ereigniss in eine vorläufig
unermessbare Vergangenheit zurücktritt, so ist der Uebergang
über die Torresstrasse der bequemste Weg für eine Einwanderung
wenig seetüchtiger Stämme. Wir könnten sogar die Australier
von Neu-Guinea aus trocknen Fusses hinüberführen in ihre jetzige
Heimat, denn gerade längs jener Inselkette beträgt die Meerestiefe
der Torresstrasse nirgends über 10 Faden (60 Fuss) 1), und ihre
Sohle kann sich seit dem Auftreten der Menschen leicht um diesen
Abstand gesenkt haben, wenn auf Sardinien, 60 Mètres über dem
Meere, Thonscherben mit Seeschalthieren und Schlamm fossil ver-
backen angetroffen worden sind.
Aus den Wortschätzen, die auf der Erforschungsexpedition
unter Capt. Blackwood gesammelt wurden, ergibt sich ferner deut-
lich, dass die Stämme am Cap York eine verwandte Sprache reden
wie die Bewohner der Inseln in der Endeavourstrasse, dann auf
den Murray-Inseln, ferner auf Masid und auf Errub, lauter Eilande
östlich vom Eingang in die Torresstrasse 2). Verfolgen wir also
diese linguistische Fährte, so werden wir hinübergeführt bis hart
an die Küste Neu-Guinea’s. Zwar sind die Papuanen, die Bewohner
jener Insel, von den Australiern durch so scharfe Racenmerkmale
getrennt, dass ein geübtes Auge, wie Jardine bemerkt hat, unter
den Australiern am Cap York die herkulischen Gestalten von ein-
zelnen Auswanderern Neu-Guinea’s leicht herauskennen wird;
immerhin sehen wir doch aus diesen Wanderungen, die noch
heutigen Tages vorgehen, und aus den oben angeführten Spuren
der Sprachverwandtschaft, dass von Neu-Guinea herüber die Ver-
bindungen mit der Carpentaria-Halbinsel beständig fortgewirkt
haben, und diese Thatsachen sind die einzigen Fingerzeige nach
dem Pfade, auf welchem die ersten Menschen das australische
Festland dermaleinst betreten haben mögen. Hier rechtfertigt sich
zugleich, dass wir oben der Carpentaria-Halbinsel eine cultur-
1) Jukes, Voyage of H. M. S. Fly. vol. I. p. 153.
2) Latham, Opuscula. p. 234.
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Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874/360>, abgerufen am 16.07.2024.
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