Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

Studio in der Theologie.
schützen, und dasjenige, was ieden zustehet, durch gewisse
Gesetze, welche Straffen und Belohnungen bey sich führen
zu erhalten.

§. XXXII.

Wer soll aber einen Fürsten in diesen und andernJuristen kön-
nen von dem
Recht eines
Fürsten in
geistlichen
Dingen ohne
die Theolo-
gie
nichts
sagen.

Fällen rathen? Müssen es nicht die Juristen thun? Jhnen
kommet allerdings zu/ vor die Wohlfahrt des gemeinen
Wesens zu sorgen. Mit diesem ist die Religion verknüpf-
fet. Der unruhige Zustand in der Kirchen/ machet auch
das gemeine Wesen unruhig. Nun frage ich aber einen
jeden/ wie ein Jurist hier guten Rath ertheilen/ und das
Recht der Fürsten wieder die Papistischen Lehren verthey-
digen könne/ wenn er von der Theologie keine rechte Er-
känntniß hat. Er muß ja nothwendig wissen/ was die Re-
ligion
für ein Ding ist. (a) Jhm darff nicht unbekannt seyn/
worinnen die wahre und falsche Religion bestehet. Er muß
unterrichtet seyn/ was der Endzweck der Christlichen Religion
ist. Weiter muß er zeigen können/ daß man die Religion
weder mit Gewalt fortpflantzen, noch mit Schärffe und
Straffen auszurotten
befugt sey. Er muß darthun können/
daß dergleichen/ und aller anderer Religions-Zwang/ de-
nen Reguln der gesunden Vernunfft und des Christenthums
also dem klaren Worte GOttes zuwieder sey. Jch geden-
cke vorietzo nichts/ wenn wegen der Befügnisse der geist-
lichen Personen Frage vorfält. Denn diese zu entscheiden/

und
(a) Ferner welche Stücke der Religion, denen Gesetzen unterworffen,Welche Stü-
cke der Religi-
on
denen Ge-
setzen unter-
worffen.

welche nicht. Dann einige fliessen aus dem innersten Grund der Re-
ligion
herfür, und ohne solche kan dieselbe nicht bestehen. Jn diesem
Fall kan man keinen Zwang gebrauchen. Einem Fürsten ist weiter
nichts übrig gelassen, als daß er solche Leute aus dem Lande ziehen heis-
se. Es war also nicht recht, daß man die Juden gezwungen Schwei-
nenfleisch zu essen, die Götter anzubeten. Gleichergestalt konten die
Christen nicht angehalten werden, denen Göttern Weyrauch zu streu-
en, heidnische Schwüre abzulegen, u. s. w.
(Recht der Beicht-Stühle.) f

Studio in der Theologie.
ſchuͤtzen, und dasjenige, was ieden zuſtehet, durch gewiſſe
Geſetze, welche Straffen und Belohnungen bey ſich fuͤhren
zu erhalten.

§. XXXII.

Wer ſoll aber einen Fuͤrſten in dieſen und andernJuriſten koͤn-
nen von dem
Recht eines
Fuͤrſten in
geiſtlichen
Dingen ohne
die Theolo-
gie
nichts
ſagen.

Faͤllen rathen? Muͤſſen es nicht die Juriſten thun? Jhnen
kommet allerdings zu/ vor die Wohlfahrt des gemeinen
Weſens zu ſorgen. Mit dieſem iſt die Religion verknuͤpf-
fet. Der unruhige Zuſtand in der Kirchen/ machet auch
das gemeine Weſen unruhig. Nun frage ich aber einen
jeden/ wie ein Juriſt hier guten Rath ertheilen/ und das
Recht der Fuͤrſten wieder die Papiſtiſchen Lehren verthey-
digen koͤnne/ wenn er von der Theologie keine rechte Er-
kaͤnntniß hat. Er muß ja nothwendig wiſſen/ was die Re-
ligion
fuͤr ein Ding iſt. (a) Jhm darff nicht unbekannt ſeyn/
worinnen die wahre und falſche Religion beſtehet. Er muß
unterrichtet ſeyn/ was der Endzweck der Chriſtlichen Religion
iſt. Weiter muß er zeigen koͤnnen/ daß man die Religion
weder mit Gewalt fortpflantzen, noch mit Schaͤrffe und
Straffen auszurotten
befugt ſey. Er muß darthun koͤnnen/
daß dergleichen/ und aller anderer Religions-Zwang/ de-
nen Reguln der geſunden Vernunfft und des Chriſtenthums
alſo dem klaren Worte GOttes zuwieder ſey. Jch geden-
cke vorietzo nichts/ wenn wegen der Befuͤgniſſe der geiſt-
lichen Perſonen Frage vorfaͤlt. Denn dieſe zu entſcheiden/

und
(a) Ferner welche Stuͤcke der Religion, denen Geſetzen unterworffen,Welche Stuͤ-
cke der Religi-
on
denen Ge-
ſetzen unter-
worffen.

welche nicht. Dann einige flieſſen aus dem innerſten Grund der Re-
ligion
herfuͤr, und ohne ſolche kan dieſelbe nicht beſtehen. Jn dieſem
Fall kan man keinen Zwang gebrauchen. Einem Fuͤrſten iſt weiter
nichts uͤbrig gelaſſen, als daß er ſolche Leute aus dem Lande ziehen heiſ-
ſe. Es war alſo nicht recht, daß man die Juden gezwungen Schwei-
nenfleiſch zu eſſen, die Goͤtter anzubeten. Gleichergeſtalt konten die
Chriſten nicht angehalten werden, denen Goͤttern Weyrauch zu ſtreu-
en, heidniſche Schwuͤre abzulegen, u. ſ. w.
(Recht der Beicht-Stuͤhle.) f
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p>
            <pb facs="#f0060" n="41"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Studio</hi></hi> in der <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Theologie.</hi></hi></hi> </fw><lb/> <hi rendition="#fr">&#x017F;chu&#x0364;tzen, und dasjenige, was ieden zu&#x017F;tehet, durch gewi&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Ge&#x017F;etze, welche Straffen und Belohnungen bey &#x017F;ich fu&#x0364;hren<lb/>
zu erhalten.</hi> </p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. <hi rendition="#aq">XXXII.</hi></head>
          <p>Wer &#x017F;oll aber einen Fu&#x0364;r&#x017F;ten in die&#x017F;en und andern<note place="right"><hi rendition="#aq">Juri&#x017F;t</hi>en ko&#x0364;n-<lb/>
nen von dem<lb/>
Recht eines<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;ten in<lb/>
gei&#x017F;tlichen<lb/>
Dingen ohne<lb/>
die <hi rendition="#aq">Theolo-<lb/>
gie</hi> nichts<lb/>
&#x017F;agen.</note><lb/>
Fa&#x0364;llen rathen? Mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en es nicht die <hi rendition="#aq">Juri&#x017F;ten</hi> thun? Jhnen<lb/>
kommet allerdings zu/ vor die <hi rendition="#fr">Wohlfahrt</hi> des gemeinen<lb/>
We&#x017F;ens zu &#x017F;orgen. Mit die&#x017F;em i&#x017F;t die <hi rendition="#aq">Religion</hi> verknu&#x0364;pf-<lb/>
fet. Der unruhige Zu&#x017F;tand in der Kirchen/ machet auch<lb/>
das gemeine We&#x017F;en unruhig. Nun frage ich aber einen<lb/>
jeden/ wie ein <hi rendition="#aq">Juri&#x017F;t</hi> hier guten Rath ertheilen/ und das<lb/>
Recht der Fu&#x0364;r&#x017F;ten wieder <hi rendition="#fr">die Papi&#x017F;ti&#x017F;chen Lehren</hi> verthey-<lb/>
digen ko&#x0364;nne/ wenn er von der <hi rendition="#aq">Theologie</hi> keine rechte Er-<lb/>
ka&#x0364;nntniß hat. Er muß <hi rendition="#aq">j</hi>a nothwendig wi&#x017F;&#x017F;en/ was <hi rendition="#fr">die</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Re-<lb/>
ligion</hi></hi> <hi rendition="#fr">fu&#x0364;r ein Ding i&#x017F;t.</hi> <note place="foot" n="(a)">Ferner welche Stu&#x0364;cke der <hi rendition="#aq">Religion,</hi> denen Ge&#x017F;etzen unterworffen,<note place="right">Welche Stu&#x0364;-<lb/>
cke der <hi rendition="#aq">Religi-<lb/>
on</hi> denen Ge-<lb/>
&#x017F;etzen unter-<lb/>
worffen.</note><lb/>
welche nicht. Dann einige flie&#x017F;&#x017F;en aus dem inner&#x017F;ten Grund der <hi rendition="#aq">Re-<lb/>
ligion</hi> herfu&#x0364;r, und ohne &#x017F;olche kan die&#x017F;elbe nicht be&#x017F;tehen. Jn die&#x017F;em<lb/>
Fall kan man <hi rendition="#fr">keinen Zwang</hi> gebrauchen. Einem Fu&#x0364;r&#x017F;ten i&#x017F;t weiter<lb/>
nichts u&#x0364;brig gela&#x017F;&#x017F;en, als daß er &#x017F;olche Leute aus dem <hi rendition="#fr">Lande ziehen</hi> hei&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e. Es war al&#x017F;o nicht recht, daß man die Juden gezwungen Schwei-<lb/>
nenflei&#x017F;ch zu e&#x017F;&#x017F;en, die Go&#x0364;tter anzubeten. Gleicherge&#x017F;talt konten die<lb/>
Chri&#x017F;ten nicht angehalten werden, denen Go&#x0364;ttern Weyrauch zu &#x017F;treu-<lb/>
en, heidni&#x017F;che Schwu&#x0364;re abzulegen, u. &#x017F;. w.</note> Jhm darff nicht unbekannt &#x017F;eyn/<lb/>
worinnen <hi rendition="#fr">die wahre und fal&#x017F;che</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Religion</hi></hi> be&#x017F;tehet. Er muß<lb/>
unterrichtet &#x017F;eyn/ was der <hi rendition="#fr">Endzweck der Chri&#x017F;tlichen</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Religion</hi></hi><lb/>
i&#x017F;t. Weiter muß er zeigen ko&#x0364;nnen/ daß man die <hi rendition="#aq">Religion</hi><lb/>
weder mit <hi rendition="#fr">Gewalt fortpflantzen,</hi> noch mit <hi rendition="#fr">Scha&#x0364;rffe und<lb/>
Straffen auszurotten</hi> befugt &#x017F;ey. Er muß darthun ko&#x0364;nnen/<lb/>
daß dergleichen/ und aller anderer <hi rendition="#aq">Religions-</hi>Zwang/ de-<lb/>
nen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Reguln</hi></hi> <hi rendition="#fr">der ge&#x017F;unden Vernunfft und des Chri&#x017F;tenthums</hi><lb/>
al&#x017F;o dem <hi rendition="#fr">klaren Worte GOttes</hi> zuwieder &#x017F;ey. Jch geden-<lb/>
cke vorietzo nichts/ wenn wegen der Befu&#x0364;gni&#x017F;&#x017F;e der gei&#x017F;t-<lb/>
lichen Per&#x017F;onen Frage vorfa&#x0364;lt. Denn die&#x017F;e zu ent&#x017F;cheiden/<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">(Recht der Beicht-Stu&#x0364;hle.)</hi> f</fw><fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[41/0060] Studio in der Theologie. ſchuͤtzen, und dasjenige, was ieden zuſtehet, durch gewiſſe Geſetze, welche Straffen und Belohnungen bey ſich fuͤhren zu erhalten. §. XXXII. Wer ſoll aber einen Fuͤrſten in dieſen und andern Faͤllen rathen? Muͤſſen es nicht die Juriſten thun? Jhnen kommet allerdings zu/ vor die Wohlfahrt des gemeinen Weſens zu ſorgen. Mit dieſem iſt die Religion verknuͤpf- fet. Der unruhige Zuſtand in der Kirchen/ machet auch das gemeine Weſen unruhig. Nun frage ich aber einen jeden/ wie ein Juriſt hier guten Rath ertheilen/ und das Recht der Fuͤrſten wieder die Papiſtiſchen Lehren verthey- digen koͤnne/ wenn er von der Theologie keine rechte Er- kaͤnntniß hat. Er muß ja nothwendig wiſſen/ was die Re- ligion fuͤr ein Ding iſt. (a) Jhm darff nicht unbekannt ſeyn/ worinnen die wahre und falſche Religion beſtehet. Er muß unterrichtet ſeyn/ was der Endzweck der Chriſtlichen Religion iſt. Weiter muß er zeigen koͤnnen/ daß man die Religion weder mit Gewalt fortpflantzen, noch mit Schaͤrffe und Straffen auszurotten befugt ſey. Er muß darthun koͤnnen/ daß dergleichen/ und aller anderer Religions-Zwang/ de- nen Reguln der geſunden Vernunfft und des Chriſtenthums alſo dem klaren Worte GOttes zuwieder ſey. Jch geden- cke vorietzo nichts/ wenn wegen der Befuͤgniſſe der geiſt- lichen Perſonen Frage vorfaͤlt. Denn dieſe zu entſcheiden/ und Juriſten koͤn- nen von dem Recht eines Fuͤrſten in geiſtlichen Dingen ohne die Theolo- gie nichts ſagen. (a) Ferner welche Stuͤcke der Religion, denen Geſetzen unterworffen, welche nicht. Dann einige flieſſen aus dem innerſten Grund der Re- ligion herfuͤr, und ohne ſolche kan dieſelbe nicht beſtehen. Jn dieſem Fall kan man keinen Zwang gebrauchen. Einem Fuͤrſten iſt weiter nichts uͤbrig gelaſſen, als daß er ſolche Leute aus dem Lande ziehen heiſ- ſe. Es war alſo nicht recht, daß man die Juden gezwungen Schwei- nenfleiſch zu eſſen, die Goͤtter anzubeten. Gleichergeſtalt konten die Chriſten nicht angehalten werden, denen Goͤttern Weyrauch zu ſtreu- en, heidniſche Schwuͤre abzulegen, u. ſ. w. (Recht der Beicht-Stuͤhle.) f

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/60
Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/60>, abgerufen am 21.11.2024.