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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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III. Abth. II. Cap. Vom Recht eines Fürsten
Denn wenn man die Sache mit ohnpartheyischen Augen
ansiehet/ wird man befinden/ daß dieser Ceremonie viel
Aberglauben anhänget. Darum so thut ein Fürste nichts
unrechtes/ wenn er solchen Kirchen-Gebrauch/ der mit so
vielen Mängeln behafftet/ in seinen Landen abschaffet.

§. IX.
mit wohl und gottseelig umgegangen wird, daß sie bey
manchem etwa ein Mittel einer Erbauung seyn möchte. Wie
aber insgemein damit verfahren wird, leugne ich nicht,
daß wir mehr den Mißbrauch, als den rechten Gebrauch
in würdiger Vorbereitung antreffen werden, und sehr in
Zweiffel stehet, ob der daher kommende Nutzen dem Scha-
den gleich wiege. Ob wohl hinwieder Ursachen sind, war-
um, wenn auch in meiner Hand stünde die gantze Sache
abzustellen, und es wieder in die Ordnung der ersten Kir-
chen zu bringen, ich tausend Bedencken dabey haben wür-
de. Jn gegenwärtigem Zustand aber, weiß ich noch kei-
nen bessern Rath, noch zuträglichers Mittel, daher ich
mich auch desselbigen gebrauche, als folgendes: nehmlich
daß wir zum öfftern in Predigten Gelegenheit nehmen, den
Leuten ihren falschen Wahn von der
absolution und dem
opere operato in derselbigen zu benehmen, hingegen ihnen
nachdrücklich zu zeigen, daß ob wohl die
absolution, als ein
Wort GOttes gesprochen ihre Krafft in sich habe, daß
sie dennoch keinem zu statten komme, als welcher wahrhaff-
tig bußfertig ist. Daher wer nicht von Grund der Seelen
nach Vermögen allen Sünden abzusterben sich
resoluiret,
dem werde nicht eine einige Sünde wahrhafftig vergeben,
weil die gesprochene
absolution an ihm nicht haffte, ob ihm
auch von zehen Predigern, dieselbe täglich ertheilet wür-
de. Denn alle
absolutionen der Prediger, so in die Hertzen
nicht sehen, noch daselbst die Wahrheit der Busse erken-
nen können, und daher sich nach denen Worten der Beicht
richten, mit was Worten sie auch abgefast würden, seyen
allezeit dem Verstand nach
conditionat, wo nehmlich der
Beichtende, der sich mit Worten vor einen bußfertigen

Sünder

III. Abth. II. Cap. Vom Recht eines Fuͤrſten
Denn wenn man die Sache mit ohnpartheyiſchen Augen
anſiehet/ wird man befinden/ daß dieſer Ceremonie viel
Aberglauben anhaͤnget. Darum ſo thut ein Fuͤrſte nichts
unrechtes/ wenn er ſolchen Kirchen-Gebrauch/ der mit ſo
vielen Maͤngeln behafftet/ in ſeinen Landen abſchaffet.

§. IX.
mit wohl und gottſeelig umgegangen wird, daß ſie bey
manchem etwa ein Mittel einer Erbauung ſeyn moͤchte. Wie
aber insgemein damit verfahren wird, leugne ich nicht,
daß wir mehr den Mißbrauch, als den rechten Gebrauch
in wuͤrdiger Vorbereitung antreffen werden, und ſehr in
Zweiffel ſtehet, ob der daher kommende Nutzen dem Scha-
den gleich wiege. Ob wohl hinwieder Urſachen ſind, war-
um, wenn auch in meiner Hand ſtuͤnde die gantze Sache
abzuſtellen, und es wieder in die Ordnung der erſten Kir-
chen zu bringen, ich tauſend Bedencken dabey haben wuͤr-
de. Jn gegenwaͤrtigem Zuſtand aber, weiß ich noch kei-
nen beſſern Rath, noch zutraͤglichers Mittel, daher ich
mich auch deſſelbigen gebrauche, als folgendes: nehmlich
daß wir zum oͤfftern in Predigten Gelegenheit nehmen, den
Leuten ihren falſchen Wahn von der
abſolution und dem
opere operato in derſelbigen zu benehmen, hingegen ihnen
nachdruͤcklich zu zeigen, daß ob wohl die
abſolution, als ein
Wort GOttes geſprochen ihre Krafft in ſich habe, daß
ſie dennoch keinem zu ſtatten komme, als welcher wahrhaff-
tig bußfertig iſt. Daher wer nicht von Grund der Seelen
nach Vermoͤgen allen Suͤnden abzuſterben ſich
reſoluiret,
dem werde nicht eine einige Suͤnde wahrhafftig vergeben,
weil die geſprochene
abſolution an ihm nicht haffte, ob ihm
auch von zehen Predigern, dieſelbe taͤglich ertheilet wuͤr-
de. Denn alle
abſolutionen der Prediger, ſo in die Hertzen
nicht ſehen, noch daſelbſt die Wahrheit der Buſſe erken-
nen koͤnnen, und daher ſich nach denen Worten der Beicht
richten, mit was Worten ſie auch abgefaſt wuͤrden, ſeyen
allezeit dem Verſtand nach
conditionat, wo nehmlich der
Beichtende, der ſich mit Worten vor einen bußfertigen

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[370/0389] III. Abth. II. Cap. Vom Recht eines Fuͤrſten Denn wenn man die Sache mit ohnpartheyiſchen Augen anſiehet/ wird man befinden/ daß dieſer Ceremonie viel Aberglauben anhaͤnget. Darum ſo thut ein Fuͤrſte nichts unrechtes/ wenn er ſolchen Kirchen-Gebrauch/ der mit ſo vielen Maͤngeln behafftet/ in ſeinen Landen abſchaffet. §. IX. (a) (a) mit wohl und gottſeelig umgegangen wird, daß ſie bey manchem etwa ein Mittel einer Erbauung ſeyn moͤchte. Wie aber insgemein damit verfahren wird, leugne ich nicht, daß wir mehr den Mißbrauch, als den rechten Gebrauch in wuͤrdiger Vorbereitung antreffen werden, und ſehr in Zweiffel ſtehet, ob der daher kommende Nutzen dem Scha- den gleich wiege. Ob wohl hinwieder Urſachen ſind, war- um, wenn auch in meiner Hand ſtuͤnde die gantze Sache abzuſtellen, und es wieder in die Ordnung der erſten Kir- chen zu bringen, ich tauſend Bedencken dabey haben wuͤr- de. Jn gegenwaͤrtigem Zuſtand aber, weiß ich noch kei- nen beſſern Rath, noch zutraͤglichers Mittel, daher ich mich auch deſſelbigen gebrauche, als folgendes: nehmlich daß wir zum oͤfftern in Predigten Gelegenheit nehmen, den Leuten ihren falſchen Wahn von der abſolution und dem opere operato in derſelbigen zu benehmen, hingegen ihnen nachdruͤcklich zu zeigen, daß ob wohl die abſolution, als ein Wort GOttes geſprochen ihre Krafft in ſich habe, daß ſie dennoch keinem zu ſtatten komme, als welcher wahrhaff- tig bußfertig iſt. Daher wer nicht von Grund der Seelen nach Vermoͤgen allen Suͤnden abzuſterben ſich reſoluiret, dem werde nicht eine einige Suͤnde wahrhafftig vergeben, weil die geſprochene abſolution an ihm nicht haffte, ob ihm auch von zehen Predigern, dieſelbe taͤglich ertheilet wuͤr- de. Denn alle abſolutionen der Prediger, ſo in die Hertzen nicht ſehen, noch daſelbſt die Wahrheit der Buſſe erken- nen koͤnnen, und daher ſich nach denen Worten der Beicht richten, mit was Worten ſie auch abgefaſt wuͤrden, ſeyen allezeit dem Verſtand nach conditionat, wo nehmlich der Beichtende, der ſich mit Worten vor einen bußfertigen Suͤnder

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/389>, abgerufen am 22.11.2024.