Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.Geheimhaltung der Beichte. nicht erlauben solte/ das gebeichtete zu offenbahren/ wenneiner Familie dadurch ein Schandfleck dürffte zugezogen werden. Das Beicht-Kind mag dem Beicht-Vater gleich zehnmahl Erlaubnüß zu reden gegeben haben. Es ist zwar an dem/ daß das Verbrechen/ so Flauius oder Titius begangen/ denen seinigen nicht kan zugemessen werden; Allein wer weiß/ nicht wie der Pöbel seine Zunge braucht? Was ist dem gemeinen Wesen daran gelegen/ wenn solches eine Ubelthat erfähret/ da der Thäter bereits verstorben? Die That ist verborgen/ die Gemeine weiß von keinem Aer- gernüß/ darum wäre meines Erachtens rathsamer/ daß mit dem Cörper auch die üblen Thaten der Familie zum besten begraben blieben. §. XXIII. ter zu vergönnen, aus der Beichte zu reden, wenn der eigeneder Erlaub- nüß. Nutzen darunter versirte? Sie meinen, wenn ein grosser Nu- tzen im geistlichen oder leiblichen vor das Beicht-Kind entstün- de, so wäre die Offenbahrung unzuläßig. Wir hätten eine na- türliche Begierde unser bestes zu befördern. Es wäre also zu befürchten, daß jemand etwas beichtete, so ihn von einer Schuld oder Verbrechen befreyete. Dieserwegen gäbe er dem Beicht- Vater Erlaubnüß, die Sache zu offenbahren, damit er seinen Zweck erreichte. Andere hingegen meinen, es könte die Erlaub- nüß gegeben werden, das gebeichtete zu offenbahren, wenn gleich der eigene Nutzen dadurch befördert würde. Also lassen sie es desto eher zu, wenn die Offenbahrung zum Nutzen eines dritten gereichet. Jm folgenden werde mehr davon reden. Wenn a- ber der Beicht-Vater wegen seines eignen Nutzens etwas von der Beichte offenbahret, solches wollen sie gar nicht loben. Jn- zwischen aber, wenn der Beicht-Vater etwas aus der Beichte geredet, dazu er die Erlaubnüß bekommen, so kan er nicht mit der Straffe beleget werden, die diejenigen auszustehen haben, so das Siegel der Beichte verletzen. Was aber solches sonst vor Straffen sind, davon werde unten reden. Beyer t t 3
Geheimhaltung der Beichte. nicht erlauben ſolte/ das gebeichtete zu offenbahren/ wenneiner Familie dadurch ein Schandfleck duͤrffte zugezogen werden. Das Beicht-Kind mag dem Beicht-Vater gleich zehnmahl Erlaubnuͤß zu reden gegeben haben. Es iſt zwar an dem/ daß das Verbrechen/ ſo Flauius oder Titius begangen/ denen ſeinigen nicht kan zugemeſſen werden; Allein wer weiß/ nicht wie der Poͤbel ſeine Zunge braucht? Was iſt dem gemeinen Weſen daran gelegen/ wenn ſolches eine Ubelthat erfaͤhret/ da der Thaͤter bereits verſtorben? Die That iſt verborgen/ die Gemeine weiß von keinem Aer- gernuͤß/ darum waͤre meines Erachtens rathſamer/ daß mit dem Coͤrper auch die uͤblen Thaten der Familie zum beſten begraben blieben. §. XXIII. ter zu vergoͤnnen, aus der Beichte zu reden, wenn der eigeneder Erlaub- nuͤß. Nutzen darunter verſirte? Sie meinen, wenn ein groſſer Nu- tzen im geiſtlichen oder leiblichen vor das Beicht-Kind entſtuͤn- de, ſo waͤre die Offenbahrung unzulaͤßig. Wir haͤtten eine na- tuͤrliche Begierde unſer beſtes zu befoͤrdern. Es waͤre alſo zu befuͤrchten, daß jemand etwas beichtete, ſo ihn von einer Schuld oder Verbrechen befreyete. Dieſerwegen gaͤbe er dem Beicht- Vater Erlaubnuͤß, die Sache zu offenbahren, damit er ſeinen Zweck erreichte. Andere hingegen meinen, es koͤnte die Erlaub- nuͤß gegeben werden, das gebeichtete zu offenbahren, wenn gleich der eigene Nutzen dadurch befoͤrdert wuͤrde. Alſo laſſen ſie es deſto eher zu, wenn die Offenbahrung zum Nutzen eines dritten gereichet. Jm folgenden werde mehr davon reden. Wenn a- ber der Beicht-Vater wegen ſeines eignen Nutzens etwas von der Beichte offenbahret, ſolches wollen ſie gar nicht loben. Jn- zwiſchen aber, wenn der Beicht-Vater etwas aus der Beichte geredet, dazu er die Erlaubnuͤß bekommen, ſo kan er nicht mit der Straffe beleget werden, die diejenigen auszuſtehen haben, ſo das Siegel der Beichte verletzen. Was aber ſolches ſonſt vor Straffen ſind, davon werde unten reden. Beyer t t 3
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Geheimhaltung der Beichte.
nicht erlauben ſolte/ das gebeichtete zu offenbahren/ wenn
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werden. Das Beicht-Kind mag dem Beicht-Vater gleich
zehnmahl Erlaubnuͤß zu reden gegeben haben. Es iſt
zwar an dem/ daß das Verbrechen/ ſo Flauius oder Titius
begangen/ denen ſeinigen nicht kan zugemeſſen werden;
Allein wer weiß/ nicht wie der Poͤbel ſeine Zunge braucht?
Was iſt dem gemeinen Weſen daran gelegen/ wenn ſolches
eine Ubelthat erfaͤhret/ da der Thaͤter bereits verſtorben?
Die That iſt verborgen/ die Gemeine weiß von keinem Aer-
gernuͤß/ darum waͤre meines Erachtens rathſamer/ daß
mit dem Coͤrper auch die uͤblen Thaten der Familie zum
beſten begraben blieben.
§. XXIII.
(b)
(b) ter zu vergoͤnnen, aus der Beichte zu reden, wenn der eigene
Nutzen darunter verſirte? Sie meinen, wenn ein groſſer Nu-
tzen im geiſtlichen oder leiblichen vor das Beicht-Kind entſtuͤn-
de, ſo waͤre die Offenbahrung unzulaͤßig. Wir haͤtten eine na-
tuͤrliche Begierde unſer beſtes zu befoͤrdern. Es waͤre alſo zu
befuͤrchten, daß jemand etwas beichtete, ſo ihn von einer Schuld
oder Verbrechen befreyete. Dieſerwegen gaͤbe er dem Beicht-
Vater Erlaubnuͤß, die Sache zu offenbahren, damit er ſeinen
Zweck erreichte. Andere hingegen meinen, es koͤnte die Erlaub-
nuͤß gegeben werden, das gebeichtete zu offenbahren, wenn gleich
der eigene Nutzen dadurch befoͤrdert wuͤrde. Alſo laſſen ſie es
deſto eher zu, wenn die Offenbahrung zum Nutzen eines dritten
gereichet. Jm folgenden werde mehr davon reden. Wenn a-
ber der Beicht-Vater wegen ſeines eignen Nutzens etwas von
der Beichte offenbahret, ſolches wollen ſie gar nicht loben. Jn-
zwiſchen aber, wenn der Beicht-Vater etwas aus der Beichte
geredet, dazu er die Erlaubnuͤß bekommen, ſo kan er nicht mit
der Straffe beleget werden, die diejenigen auszuſtehen haben,
ſo das Siegel der Beichte verletzen. Was aber ſolches ſonſt vor
Straffen ſind, davon werde unten reden.
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