Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.II. Abth. IV. Cap. Von der ihm die Ketzerey gebeichtet, und nicht davon abstehen will,nicht entdecken, noch andere verrathen, die er weiß, daß sie Ketzer sind, wie D. Simanc de instit cathol. tit. 42. n. 14. wieder Alber. der anderer Meynung ist, behauptet, und viele vor sich anführet. Nauar. in d. c. sacerdos 6. dist. n. 119. de poenit. ist eben dieser Meinung, und saget, daß alle Theologi hiermit einstimmeten. Von der Ketzerey hat man auch auf das Laster der beleidigten Majestät geschlossen/ und gemeinet/ wenn jemand solches gebeichtet/ müste man es offenbahren. Es ist gantz gut/ wenn die That noch nicht geschehen. Soll aber ein Beicht-Vater auch das bereits begangene Verbre- chen der Obrigkeit anzuzeigen verbunden seyn? Hieran zweifle ich gar sehr/ weil die Geheimhaltung der Beichte auf keine Laster restringiret ist b). §. XI. nit. Vbi inquit, quod hanc sententiam probant omnes Theo- logi. Diejenigen Papisten, so der Ketzerey nicht allzuviel einräu- men, und doch die Geheimhaltung der Beichte nicht zu sehr ver- letzen wollen, sagen: sodann könnte man das gebeichtete offen- bahren, wenn der Ketzer sein Gifft auch dem Beicht-Vater bey- bringen wollen. Delrio disquis. Mag. Lib. VI. c. 1. sect. 2. Meno- chius de arb. jud. quaest. Lib. II. cent. 5. cas. 414. nr. 13. Mich bedün- cket, daß diese Leute durch die Ketzerey nichts anders verstehen können, als etwas solches, das von der gemeinen und gebillig- ten Lehre abweichet. b) Ob das Laster
der beleidigten Majestät zu of- fenbahren.Von denen Verbrechen, die noch begangen werden sollen, wenn man seine intention beichtet, davon will bald meine Meinung entdecken. So viel will anjetzo nur melden, daß die Jesuiten dafür halten, man dürffte auch hier nicht das geringste aus der Beichte schwatzen. Sie rühmen von sich, daß sie die Gabe hät- ten, was ihnen gebeichtet worden, zu vergessen. Man weiß von dem Jesuiten Albinio, daß ihm Rauaillac, der Heinrich den IV. in Franckreich erstochen, seine intention zuvorher gebeichtet. Al- lein wenn die Lehre der alten Canonisten gegründet, daß die ge- beichtete Ketzerey nothwendig entdecket werden müste, so ist kein Zweif- II. Abth. IV. Cap. Von der ihm die Ketzerey gebeichtet, und nicht davon abſtehen will,nicht entdecken, noch andere verrathen, die er weiß, daß ſie Ketzer ſind, wie D. Simanc de inſtit cathol. tit. 42. n. 14. wieder Alber. der anderer Meynung iſt, behauptet, und viele vor ſich anfuͤhret. Nauar. in d. c. ſacerdos 6. diſt. n. 119. de pœnit. iſt eben dieſer Meinung, und ſaget, daß alle Theologi hiermit einſtimmeten. Von der Ketzerey hat man auch auf das Laſter der beleidigten Majeſtaͤt geſchloſſen/ und gemeinet/ wenn jemand ſolches gebeichtet/ muͤſte man es offenbahren. Es iſt gantz gut/ wenn die That noch nicht geſchehen. Soll aber ein Beicht-Vater auch das bereits begangene Verbre- chen der Obrigkeit anzuzeigen verbunden ſeyn? Hieran zweifle ich gar ſehr/ weil die Geheimhaltung der Beichte auf keine Laſter reſtringiret iſt b). §. XI. nit. Vbi inquit, quod hanc ſententiam probant omnes Theo- logi. Diejenigen Papiſten, ſo der Ketzerey nicht allzuviel einraͤu- men, und doch die Geheimhaltung der Beichte nicht zu ſehr ver- letzen wollen, ſagen: ſodann koͤnnte man das gebeichtete offen- bahren, wenn der Ketzer ſein Gifft auch dem Beicht-Vater bey- bringen wollen. Delrio diſquiſ. Mag. Lib. VI. c. 1. ſect. 2. Meno- chius de arb. jud. quæſt. Lib. II. cent. 5. caſ. 414. nr. 13. Mich beduͤn- cket, daß dieſe Leute durch die Ketzerey nichts anders verſtehen koͤnnen, als etwas ſolches, das von der gemeinen und gebillig- ten Lehre abweichet. b) Ob das Laſter
der beleidigten Majeſtaͤt zu of- fenbahren.Von denen Verbrechen, die noch begangen werden ſollen, wenn man ſeine intention beichtet, davon will bald meine Meinung entdecken. So viel will anjetzo nur melden, daß die Jeſuiten dafuͤr halten, man duͤrffte auch hier nicht das geringſte aus der Beichte ſchwatzen. Sie ruͤhmen von ſich, daß ſie die Gabe haͤt- ten, was ihnen gebeichtet worden, zu vergeſſen. Man weiß von dem Jeſuiten Albinio, daß ihm Rauaillac, der Heinrich den IV. in Franckreich erſtochen, ſeine intention zuvorher gebeichtet. Al- lein wenn die Lehre der alten Canoniſten gegruͤndet, daß die ge- beichtete Ketzerey nothwendig entdecket werden muͤſte, ſo iſt kein Zweif- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0333" n="314"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Abth. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Cap. Von der</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">ihm die Ketzerey gebeichtet, und nicht davon abſtehen will,<lb/> nicht entdecken, noch andere verrathen, die er weiß, daß ſie<lb/> Ketzer ſind, wie</hi><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">D. Simanc de inſtit cathol. tit. 42. n. 14.</hi></hi><hi rendition="#fr">wieder</hi><lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Alber.</hi></hi><hi rendition="#fr">der anderer Meynung iſt, behauptet, und viele vor<lb/> ſich anfuͤhret.</hi><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Nauar. in d. c. ſacerdos 6. diſt. n. 119. de pœnit.</hi></hi><lb/><hi rendition="#fr">iſt eben dieſer Meinung, und ſaget, daß alle</hi><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Theologi</hi></hi><hi rendition="#fr">hiermit<lb/> einſtimmeten.</hi> Von der Ketzerey hat man auch auf das<lb/> Laſter der <hi rendition="#fr">beleidigten Majeſtaͤt</hi> geſchloſſen/ und gemeinet/<lb/> wenn jemand ſolches gebeichtet/ muͤſte man es offenbahren.<lb/> Es iſt gantz gut/ wenn die That noch nicht geſchehen. Soll<lb/> aber ein Beicht-Vater auch das bereits <hi rendition="#fr">begangene</hi> Verbre-<lb/> chen der Obrigkeit anzuzeigen verbunden ſeyn? Hieran<lb/> zweifle ich gar ſehr/ weil die Geheimhaltung der Beichte<lb/> auf keine Laſter <hi rendition="#aq">reſtringi</hi>ret iſt <note xml:id="i09" next="#i10" place="foot" n="b)"><note place="left">Ob das Laſter<lb/> der beleidigten<lb/> Majeſtaͤt zu of-<lb/> fenbahren.</note>Von denen Verbrechen, die noch begangen werden ſollen, wenn<lb/> man ſeine <hi rendition="#aq">intention</hi> beichtet, davon will bald meine Meinung<lb/> entdecken. So viel will anjetzo nur melden, daß die Jeſuiten<lb/> dafuͤr halten, man duͤrffte auch hier nicht das geringſte aus der<lb/> Beichte ſchwatzen. Sie ruͤhmen von ſich, daß ſie die Gabe haͤt-<lb/> ten, was ihnen gebeichtet worden, zu vergeſſen. Man weiß von<lb/> dem Jeſuiten <hi rendition="#aq">Albinio,</hi> daß ihm <hi rendition="#aq">Rauaillac,</hi> der Heinrich den <hi rendition="#aq">IV.</hi><lb/> in Franckreich erſtochen, ſeine <hi rendition="#aq">intention</hi> zuvorher gebeichtet. Al-<lb/> lein wenn die Lehre der alten Canoniſten gegruͤndet, daß die ge-<lb/> beichtete Ketzerey nothwendig entdecket werden muͤſte, ſo iſt kein<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Zweif-</fw></note>.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">§. <hi rendition="#aq">XI.</hi></fw><lb/> <p> <note xml:id="i08" prev="#i07" place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq">nit. Vbi inquit, quod hanc ſententiam probant omnes Theo-<lb/> logi.</hi> Diejenigen Papiſten, ſo der Ketzerey nicht allzuviel einraͤu-<lb/> men, und doch die Geheimhaltung der Beichte nicht zu ſehr ver-<lb/> letzen wollen, ſagen: ſodann koͤnnte man das gebeichtete offen-<lb/> bahren, wenn der Ketzer ſein Gifft auch dem Beicht-Vater bey-<lb/> bringen wollen. <hi rendition="#aq">Delrio <hi rendition="#i">diſquiſ. Mag. Lib. VI. c. 1. ſect. 2.</hi> Meno-<lb/> chius <hi rendition="#i">de arb. jud. quæſt. Lib. II. cent. 5. caſ. 414. nr. 13.</hi></hi> Mich beduͤn-<lb/> cket, daß dieſe Leute durch die Ketzerey nichts anders verſtehen<lb/> koͤnnen, als etwas ſolches, das von der gemeinen und gebillig-<lb/> ten Lehre abweichet.</note> </p> </div><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [314/0333]
II. Abth. IV. Cap. Von der
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nicht entdecken, noch andere verrathen, die er weiß, daß ſie
Ketzer ſind, wie D. Simanc de inſtit cathol. tit. 42. n. 14. wieder
Alber. der anderer Meynung iſt, behauptet, und viele vor
ſich anfuͤhret. Nauar. in d. c. ſacerdos 6. diſt. n. 119. de pœnit.
iſt eben dieſer Meinung, und ſaget, daß alle Theologi hiermit
einſtimmeten. Von der Ketzerey hat man auch auf das
Laſter der beleidigten Majeſtaͤt geſchloſſen/ und gemeinet/
wenn jemand ſolches gebeichtet/ muͤſte man es offenbahren.
Es iſt gantz gut/ wenn die That noch nicht geſchehen. Soll
aber ein Beicht-Vater auch das bereits begangene Verbre-
chen der Obrigkeit anzuzeigen verbunden ſeyn? Hieran
zweifle ich gar ſehr/ weil die Geheimhaltung der Beichte
auf keine Laſter reſtringiret iſt b).
§. XI.
(a)
b) Von denen Verbrechen, die noch begangen werden ſollen, wenn
man ſeine intention beichtet, davon will bald meine Meinung
entdecken. So viel will anjetzo nur melden, daß die Jeſuiten
dafuͤr halten, man duͤrffte auch hier nicht das geringſte aus der
Beichte ſchwatzen. Sie ruͤhmen von ſich, daß ſie die Gabe haͤt-
ten, was ihnen gebeichtet worden, zu vergeſſen. Man weiß von
dem Jeſuiten Albinio, daß ihm Rauaillac, der Heinrich den IV.
in Franckreich erſtochen, ſeine intention zuvorher gebeichtet. Al-
lein wenn die Lehre der alten Canoniſten gegruͤndet, daß die ge-
beichtete Ketzerey nothwendig entdecket werden muͤſte, ſo iſt kein
Zweif-
(a) nit. Vbi inquit, quod hanc ſententiam probant omnes Theo-
logi. Diejenigen Papiſten, ſo der Ketzerey nicht allzuviel einraͤu-
men, und doch die Geheimhaltung der Beichte nicht zu ſehr ver-
letzen wollen, ſagen: ſodann koͤnnte man das gebeichtete offen-
bahren, wenn der Ketzer ſein Gifft auch dem Beicht-Vater bey-
bringen wollen. Delrio diſquiſ. Mag. Lib. VI. c. 1. ſect. 2. Meno-
chius de arb. jud. quæſt. Lib. II. cent. 5. caſ. 414. nr. 13. Mich beduͤn-
cket, daß dieſe Leute durch die Ketzerey nichts anders verſtehen
koͤnnen, als etwas ſolches, das von der gemeinen und gebillig-
ten Lehre abweichet.
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Zitationshilfe: | Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/333>, abgerufen am 16.07.2024. |