Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.II. Abth. I. Cap. Von Erwehlung ablegen/ wenn es der ordentliche Pfarrer erlaubet, wennderselbe aber doch nicht einwilligen will/ da er vermuthen kan/ das Pfarr-Kind habe eine wichtige Ursache, so soll dem- selben vergönnet seyn/ sich so fort einen andern zum Beicht- Vater zu erkiesen c). Warum solten denn wir nicht in sol- chen Fällen denen Zuhörern vergönnen/ ihre Beichte einem andern als dem ordentlichen Pfarrer zu thun? Es äussern sich zuweilen Umstände/ daraus man mehr als zu deutlich abnehmen kan/ der Pfarrer sey mit affecten gegen uns einge- nommen. Man kan also mit Recht verlangen/ daß man bey einem andern seine Beichte ablegen dürffe. Will der Pfarrer nicht einwilligen/ so solte uns frey stehen/ einen andern zu erkiesen d). §. X. Erläuterung gegeben, was es durch die Unwissenheit und Uner- fahrenheit verstünde. Derjenige Pfarrer muß gewiß ein Stock o- der Stein seyn, der sich nicht als einen geschickten absoluirer er- weisen kan. Denn wenn er gleich noch so unerfahren, so wird er doch so viel Vermögen haben, daß er gewisse absolutions-formuln auswendig lernet, und wenn er absoluiret, solche wieder herbetet. An Büchern mangelt es ihm nicht, die ihm hierinn vortrefflich zu statten kömmen können. c) Ob man die Ur- sachen des ver- änderten Beicht- Vaters nicht untersuchen soll?Vid. Barbosa de offic. & potest. Paroch. P. 2. c. 19. n. 25. seq. Ja nach Hugelini Meinung de offic. Episc. c. 15. §. 8. n. 3. soll ein anderer Pfarrer demjenigen, der bey ihm beichten will, Glauben beymessen, wenn er vorgiebt, sein Pfarrer habe ihm hierzu Erlaubnüß er- theilet. Jch befürchte aber, daß man auf solche Weise denen Be- trügereyen Thür und Thor öffnet. Hugelini Meinung kan ich also nicht schlechterdings billigen. Mich bedüncket, es sey besser, wenn ein anderer Pfarrer solche Leute nicht so gleich aufnimmt, sondern sich erst erkundiget, warum sie eine Veränderung treffen wollen. d) Was zu thun,
wenn der or- dentliche Pfar- rer in die Ver- änderung nicht willigen will.Daß man von dem ordentlichen Pfarrer Erlaubnüß haben müsse, sagen nicht alleine die Papisten, vid. Lancelottus cit. l. Lib. II. Tit. V. §. 6. sondern auch die Protestanten, wie unter andern Ziegleri, Carpzovii und Schilteri Worte könnten angeführet werden. Jch dencke II. Abth. I. Cap. Von Erwehlung ablegen/ wenn es der ordentliche Pfarrer erlaubet, wennderſelbe aber doch nicht einwilligen will/ da er vermuthen kan/ das Pfarr-Kind habe eine wichtige Urſache, ſo ſoll dem- ſelben vergoͤnnet ſeyn/ ſich ſo fort einen andern zum Beicht- Vater zu erkieſen c). Warum ſolten denn wir nicht in ſol- chen Faͤllen denen Zuhoͤrern vergoͤnnen/ ihre Beichte einem andern als dem ordentlichen Pfarrer zu thun? Es aͤuſſern ſich zuweilen Umſtaͤnde/ daraus man mehr als zu deutlich abnehmen kan/ der Pfarrer ſey mit affecten gegen uns einge- nommen. Man kan alſo mit Recht verlangen/ daß man bey einem andern ſeine Beichte ablegen duͤrffe. Will der Pfarrer nicht einwilligen/ ſo ſolte uns frey ſtehen/ einen andern zu erkieſen d). §. X. Erlaͤuterung gegeben, was es durch die Unwiſſenheit und Uner- fahrenheit verſtuͤnde. Derjenige Pfarrer muß gewiß ein Stock o- der Stein ſeyn, der ſich nicht als einen geſchickten abſoluirer er- weiſen kan. Denn wenn er gleich noch ſo unerfahren, ſo wird er doch ſo viel Vermoͤgen haben, daß er gewiſſe abſolutions-formuln auswendig lernet, und wenn er abſoluiret, ſolche wieder herbetet. An Buͤchern mangelt es ihm nicht, die ihm hierinn vortrefflich zu ſtatten koͤmmen koͤnnen. c) Ob man die Ur- ſachen des ver- aͤndertẽ Beicht- Vaters nicht unterſuchen ſoll?Vid. Barboſa de offic. & poteſt. Paroch. P. 2. c. 19. n. 25. ſeq. Ja nach Hugelini Meinung de offic. Epiſc. c. 15. §. 8. n. 3. ſoll ein anderer Pfarrer demjenigen, der bey ihm beichten will, Glauben beymeſſen, wenn er vorgiebt, ſein Pfarrer habe ihm hierzu Erlaubnuͤß er- theilet. Jch befuͤrchte aber, daß man auf ſolche Weiſe denen Be- truͤgereyen Thuͤr und Thor oͤffnet. Hugelini Meinung kan ich alſo nicht ſchlechterdings billigen. Mich beduͤncket, es ſey beſſer, wenn ein anderer Pfarrer ſolche Leute nicht ſo gleich aufnimmt, ſondern ſich erſt erkundiget, warum ſie eine Veraͤnderung treffen wollen. d) Was zu thun,
wenn der or- dentliche Pfar- rer in die Ver- aͤnderung nicht willigen will.Daß man von dem ordentlichen Pfarrer Erlaubnuͤß haben muͤſſe, ſagen nicht alleine die Papiſten, vid. Lancelottus cit. l. Lib. II. Tit. V. §. 6. ſondern auch die Proteſtanten, wie unter andern Ziegleri, Carpzovii und Schilteri Worte koͤnnten angefuͤhret werden. Jch dencke <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0215" n="196"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Abth. <hi rendition="#aq">I.</hi> Cap. Von Erwehlung</hi></fw><lb/> ablegen/ wenn es der ordentliche Pfarrer <hi rendition="#fr">erlaubet,</hi> wenn<lb/> derſelbe aber doch nicht einwilligen will/ da er vermuthen<lb/> kan/ das Pfarr-Kind habe eine <hi rendition="#fr">wichtige Urſache,</hi> ſo ſoll dem-<lb/> ſelben vergoͤnnet ſeyn/ ſich ſo fort <hi rendition="#fr">einen andern</hi> zum Beicht-<lb/> Vater zu erkieſen <note place="foot" n="c)"><note place="left">Ob man die Ur-<lb/> ſachen des ver-<lb/> aͤndertẽ Beicht-<lb/> Vaters nicht<lb/> unterſuchen<lb/> ſoll?</note><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Vid.</hi> Barboſa <hi rendition="#i">de offic. & poteſt. Paroch. P. 2. c. 19. n. 25. ſeq.</hi></hi> Ja nach<lb/><hi rendition="#aq">Hugelini</hi> Meinung <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">de offic. Epiſc. c. 15. §. 8. n. 3.</hi></hi> ſoll ein anderer<lb/> Pfarrer demjenigen, der bey ihm beichten will, Glauben beymeſſen,<lb/> wenn er vorgiebt, ſein Pfarrer habe ihm hierzu Erlaubnuͤß er-<lb/> theilet. Jch befuͤrchte aber, daß man auf ſolche Weiſe denen Be-<lb/> truͤgereyen Thuͤr und Thor oͤffnet. <hi rendition="#aq">Hugelini</hi> Meinung kan ich alſo<lb/> nicht ſchlechterdings billigen. Mich beduͤncket, es ſey beſſer, wenn ein<lb/> anderer Pfarrer ſolche Leute nicht ſo gleich aufnimmt, ſondern ſich<lb/> erſt erkundiget, warum ſie eine Veraͤnderung treffen wollen.</note>. Warum ſolten denn wir nicht in ſol-<lb/> chen Faͤllen denen Zuhoͤrern vergoͤnnen/ ihre Beichte einem<lb/> andern als dem ordentlichen Pfarrer zu thun? Es aͤuſſern<lb/> ſich zuweilen Umſtaͤnde/ daraus man mehr als zu deutlich<lb/> abnehmen kan/ der Pfarrer ſey mit <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">affecten</hi></hi> gegen uns einge-<lb/> nommen. Man kan alſo mit Recht verlangen/ daß man bey<lb/> einem andern ſeine Beichte ablegen duͤrffe. Will der Pfarrer<lb/> nicht einwilligen/ ſo ſolte uns frey ſtehen/ einen andern zu<lb/> erkieſen <note xml:id="g91" next="#g92" place="foot" n="d)"><note place="left">Was zu thun,<lb/> wenn der or-<lb/> dentliche Pfar-<lb/> rer in die Ver-<lb/> aͤnderung nicht<lb/> willigen will.</note>Daß man von dem ordentlichen Pfarrer Erlaubnuͤß haben muͤſſe,<lb/> ſagen nicht alleine die Papiſten, <hi rendition="#aq">vid. Lancelottus <hi rendition="#i">cit. l. Lib. II. Tit.<lb/> V.</hi></hi> §. <hi rendition="#i">6.</hi> ſondern auch die <hi rendition="#aq">Proteſtan</hi>ten, wie unter andern <hi rendition="#aq">Ziegleri,<lb/> Carpzovii</hi> und <hi rendition="#aq">Schilteri</hi> Worte koͤnnten angefuͤhret werden. Jch<lb/> <fw place="bottom" type="catch">dencke</fw></note>.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">§. <hi rendition="#aq">X.</hi></fw><lb/> <p> <note xml:id="g90" prev="#g89" place="foot" n="(b)">Erlaͤuterung gegeben, was es durch die <hi rendition="#fr">Unwiſſenheit und Uner-<lb/> fahrenheit</hi> verſtuͤnde. Derjenige Pfarrer muß gewiß ein Stock o-<lb/> der Stein ſeyn, der ſich nicht als einen geſchickten <hi rendition="#aq">abſolui</hi>rer er-<lb/> weiſen kan. Denn wenn er gleich noch ſo unerfahren, ſo wird er<lb/> doch ſo viel Vermoͤgen haben, daß er gewiſſe <hi rendition="#aq">abſolutions-formuln</hi><lb/> auswendig lernet, und wenn er <hi rendition="#aq">abſolui</hi>ret, ſolche wieder herbetet.<lb/> An Buͤchern mangelt es ihm nicht, die ihm hierinn vortrefflich zu<lb/> ſtatten koͤmmen koͤnnen.</note> </p> </div><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [196/0215]
II. Abth. I. Cap. Von Erwehlung
ablegen/ wenn es der ordentliche Pfarrer erlaubet, wenn
derſelbe aber doch nicht einwilligen will/ da er vermuthen
kan/ das Pfarr-Kind habe eine wichtige Urſache, ſo ſoll dem-
ſelben vergoͤnnet ſeyn/ ſich ſo fort einen andern zum Beicht-
Vater zu erkieſen c). Warum ſolten denn wir nicht in ſol-
chen Faͤllen denen Zuhoͤrern vergoͤnnen/ ihre Beichte einem
andern als dem ordentlichen Pfarrer zu thun? Es aͤuſſern
ſich zuweilen Umſtaͤnde/ daraus man mehr als zu deutlich
abnehmen kan/ der Pfarrer ſey mit affecten gegen uns einge-
nommen. Man kan alſo mit Recht verlangen/ daß man bey
einem andern ſeine Beichte ablegen duͤrffe. Will der Pfarrer
nicht einwilligen/ ſo ſolte uns frey ſtehen/ einen andern zu
erkieſen d).
§. X.
(b)
c) Vid. Barboſa de offic. & poteſt. Paroch. P. 2. c. 19. n. 25. ſeq. Ja nach
Hugelini Meinung de offic. Epiſc. c. 15. §. 8. n. 3. ſoll ein anderer
Pfarrer demjenigen, der bey ihm beichten will, Glauben beymeſſen,
wenn er vorgiebt, ſein Pfarrer habe ihm hierzu Erlaubnuͤß er-
theilet. Jch befuͤrchte aber, daß man auf ſolche Weiſe denen Be-
truͤgereyen Thuͤr und Thor oͤffnet. Hugelini Meinung kan ich alſo
nicht ſchlechterdings billigen. Mich beduͤncket, es ſey beſſer, wenn ein
anderer Pfarrer ſolche Leute nicht ſo gleich aufnimmt, ſondern ſich
erſt erkundiget, warum ſie eine Veraͤnderung treffen wollen.
d) Daß man von dem ordentlichen Pfarrer Erlaubnuͤß haben muͤſſe,
ſagen nicht alleine die Papiſten, vid. Lancelottus cit. l. Lib. II. Tit.
V. §. 6. ſondern auch die Proteſtanten, wie unter andern Ziegleri,
Carpzovii und Schilteri Worte koͤnnten angefuͤhret werden. Jch
dencke
(b) Erlaͤuterung gegeben, was es durch die Unwiſſenheit und Uner-
fahrenheit verſtuͤnde. Derjenige Pfarrer muß gewiß ein Stock o-
der Stein ſeyn, der ſich nicht als einen geſchickten abſoluirer er-
weiſen kan. Denn wenn er gleich noch ſo unerfahren, ſo wird er
doch ſo viel Vermoͤgen haben, daß er gewiſſe abſolutions-formuln
auswendig lernet, und wenn er abſoluiret, ſolche wieder herbetet.
An Buͤchern mangelt es ihm nicht, die ihm hierinn vortrefflich zu
ſtatten koͤmmen koͤnnen.
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