Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Abth. I. Cap. Von Erwehlung
einerley Gerichte auf. Wir sollen und müssen denjenigen
zum Beicht-Vater haben/ der in derjenigen Kirche/ da wir
den Gottesdienst zu halten angewiesen sind/ das Wort GOt-
tes lehret. Kluge Catholicken sind auf dergleichen Bann-
und Zwangs-Recht,
so durch Anordnung der Kirchspiele zu
gleich eingeführet worden/ selbst nicht allzuwohl zusprechen.
Marcus Antonius de Dominis meinet/ der Unterscheid der
Kirchspiele und Dioecesen sey nicht also scharff eingerichtet
worden/ daß manchmahl/ wenn es die Liebe erfordere/ ein
Bischoff in einer andern dioeces sich seiner Gewalt nicht be-
dienen solte. Nach göttlichem Recht wäre solche an keinen
Ort gebunden c). Er fähret so dann fort d): Was vor
Kirchen-Verordnungen zu finden, die denen Bischöffen unter-
sagen, daß sie in andern
Dioecesen das bischöfliche Amt nicht
verrichten sollen, diese kommen nur von Menschen her, und sind

positive Gesetze; so ihr Absehen auf den gemeinen Frieden und
Einigkeit haben, damit einer nicht umreisse, was der andere
gebauet, und verhüten die Unordnung, wenn ein jeder Bi-
schoff in seiner umschränckten
Dioeces seinem Amt ein Genügen
thut. Wenn aber aus Mangel oder Schwachheit eines Bi-
schoffs der Christliche Glaube und Religion leyden, und die
Kranckheit die gantze Kirche anstecken kan, so kann und soll
ein jeder Bischoff aus Liebe, ja aus eigner Pflicht die Kir-
chen-Gewalt gebrauchen, und solche auch auf andere
Dioecesen
erstrecken: Dabey aber allezeit wahre geistliche pietät, Ver-
stand und Bescheidenheit behalten.

§. V.
c) De Republ. eccles. Lib. II. cap. 7. §. 4.
d) Wie weit ei-
nem Bischoff
erlaubt, sich in
eine andere
Dioeces zu mi-
schen.
Cit. l. §. 19. Quaecunque praecepta ecclesiastica reperiuntur, quae
Episcopis inhibent, ne in aliena dioecesi munera exerceant pon-
tificalia, ea humana duntaxat sunt & positiua, & communem re-
spiciunt pacem & concordiam, ne vnus destruat, quod alter ex-
struxit, vitantque confusionem, vbi quisque Episcopus in sua limi-
tata dioecesi suo satisfacit muneri. Vbi vero ex defectu aut im-

poten-

II. Abth. I. Cap. Von Erwehlung
einerley Gerichte auf. Wir ſollen und muͤſſen denjenigen
zum Beicht-Vater haben/ der in derjenigen Kirche/ da wir
den Gottesdienſt zu halten angewieſen ſind/ das Wort GOt-
tes lehret. Kluge Catholicken ſind auf dergleichen Bann-
und Zwangs-Recht,
ſo durch Anordnung der Kirchſpiele zu
gleich eingefuͤhret worden/ ſelbſt nicht allzuwohl zuſprechen.
Marcus Antonius de Dominis meinet/ der Unterſcheid der
Kirchſpiele und Diœceſen ſey nicht alſo ſcharff eingerichtet
worden/ daß manchmahl/ wenn es die Liebe erfordere/ ein
Biſchoff in einer andern diœces ſich ſeiner Gewalt nicht be-
dienen ſolte. Nach goͤttlichem Recht waͤre ſolche an keinen
Ort gebunden c). Er faͤhret ſo dann fort d): Was vor
Kirchen-Verordnungen zu finden, die denen Biſchoͤffen unter-
ſagen, daß ſie in andern
Diœceſen das biſchoͤfliche Amt nicht
verrichten ſollen, dieſe kommen nur von Menſchen her, und ſind

poſitive Geſetze; ſo ihr Abſehen auf den gemeinen Frieden und
Einigkeit haben, damit einer nicht umreiſſe, was der andere
gebauet, und verhuͤten die Unordnung, wenn ein jeder Bi-
ſchoff in ſeiner umſchraͤnckten
Diœces ſeinem Amt ein Genuͤgen
thut. Wenn aber aus Mangel oder Schwachheit eines Bi-
ſchoffs der Chriſtliche Glaube und Religion leyden, und die
Kranckheit die gantze Kirche anſtecken kan, ſo kann und ſoll
ein jeder Biſchoff aus Liebe, ja aus eigner Pflicht die Kir-
chen-Gewalt gebrauchen, und ſolche auch auf andere
Diœceſen
erſtrecken: Dabey aber allezeit wahre geiſtliche pietaͤt, Ver-
ſtand und Beſcheidenheit behalten.

§. V.
c) De Republ. eccleſ. Lib. II. cap. 7. §. 4.
d) Wie weit ei-
nem Biſchoff
erlaubt, ſich in
eine andere
Diœces zu mi-
ſchen.
Cit. l. §. 19. Quæcunque præcepta eccleſiaſtica reperiuntur, quæ
Epiſcopis inhibent, ne in aliena diœceſi munera exerceant pon-
tificalia, ea humana duntaxat ſunt & poſitiua, & communem re-
ſpiciunt pacem & concordiam, ne vnus deſtruat, quod alter ex-
ſtruxit, vitantque confuſionem, vbi quisque Epiſcopus in ſua limi-
tata diœceſi ſuo ſatisfacit muneri. Vbi vero ex defectu aut im-

poten-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0207" n="188"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Abth. <hi rendition="#aq">I.</hi> Cap. Von Erwehlung</hi></fw><lb/>
einerley Gerichte auf. Wir &#x017F;ollen und mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en denjenigen<lb/>
zum Beicht-Vater haben/ der in derjenigen Kirche/ da wir<lb/>
den Gottesdien&#x017F;t zu halten angewie&#x017F;en &#x017F;ind/ das Wort GOt-<lb/>
tes lehret. Kluge Catholicken &#x017F;ind auf dergleichen <hi rendition="#fr">Bann-<lb/>
und Zwangs-Recht,</hi> &#x017F;o durch Anordnung der Kirch&#x017F;piele zu<lb/>
gleich eingefu&#x0364;hret worden/ &#x017F;elb&#x017F;t nicht allzuwohl zu&#x017F;prechen.<lb/><hi rendition="#aq">Marcus Antonius de Dominis</hi> meinet/ der Unter&#x017F;cheid der<lb/>
Kirch&#x017F;piele und <hi rendition="#aq">Di&#x0153;ce&#x017F;en</hi> &#x017F;ey nicht al&#x017F;o &#x017F;charff eingerichtet<lb/>
worden/ daß manchmahl/ wenn es die Liebe erfordere/ ein<lb/>
Bi&#x017F;choff in einer andern <hi rendition="#aq">di&#x0153;ces</hi> &#x017F;ich &#x017F;einer Gewalt nicht be-<lb/>
dienen &#x017F;olte. Nach go&#x0364;ttlichem Recht wa&#x0364;re &#x017F;olche an keinen<lb/>
Ort gebunden <note place="foot" n="c)"><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">De Republ. eccle&#x017F;. Lib. II. cap.</hi> 7.</hi> §. <hi rendition="#i">4.</hi></note>. Er fa&#x0364;hret &#x017F;o dann fort <note xml:id="g78" next="#g79" place="foot" n="d)"><note place="left">Wie weit ei-<lb/>
nem Bi&#x017F;choff<lb/>
erlaubt, &#x017F;ich in<lb/>
eine andere<lb/><hi rendition="#aq">Di&#x0153;ces</hi> zu mi-<lb/>
&#x017F;chen.</note><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Cit. l.</hi> §. <hi rendition="#i">19.</hi> Quæcunque præcepta eccle&#x017F;ia&#x017F;tica reperiuntur, quæ<lb/>
Epi&#x017F;copis inhibent, ne in aliena di&#x0153;ce&#x017F;i munera exerceant pon-<lb/>
tificalia, ea humana duntaxat &#x017F;unt &amp; po&#x017F;itiua, &amp; communem re-<lb/>
&#x017F;piciunt pacem &amp; concordiam, ne vnus de&#x017F;truat, quod alter ex-<lb/>
&#x017F;truxit, vitantque confu&#x017F;ionem, vbi quisque Epi&#x017F;copus in &#x017F;ua limi-<lb/>
tata di&#x0153;ce&#x017F;i &#x017F;uo &#x017F;atisfacit muneri. Vbi vero ex defectu aut im-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">poten-</hi></fw></note>: <hi rendition="#fr">Was vor<lb/>
Kirchen-Verordnungen zu finden, die denen Bi&#x017F;cho&#x0364;ffen unter-<lb/>
&#x017F;agen, daß &#x017F;ie in andern</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Di&#x0153;ce&#x017F;en</hi></hi> <hi rendition="#fr">das bi&#x017F;cho&#x0364;fliche Amt nicht<lb/>
verrichten &#x017F;ollen, die&#x017F;e kommen nur von Men&#x017F;chen her, und &#x017F;ind</hi><lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">po&#x017F;itive</hi></hi> <hi rendition="#fr">Ge&#x017F;etze; &#x017F;o ihr Ab&#x017F;ehen auf den gemeinen Frieden und<lb/>
Einigkeit haben, damit einer nicht umrei&#x017F;&#x017F;e, was der andere<lb/>
gebauet, und verhu&#x0364;ten die Unordnung, wenn ein jeder Bi-<lb/>
&#x017F;choff in &#x017F;einer um&#x017F;chra&#x0364;nckten</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Di&#x0153;ces</hi></hi> <hi rendition="#fr">&#x017F;einem Amt ein Genu&#x0364;gen<lb/>
thut. Wenn aber aus Mangel oder Schwachheit eines Bi-<lb/>
&#x017F;choffs der Chri&#x017F;tliche Glaube und Religion leyden, und die<lb/>
Kranckheit die gantze Kirche an&#x017F;tecken kan, &#x017F;o kann und &#x017F;oll<lb/>
ein jeder Bi&#x017F;choff aus Liebe, ja aus eigner Pflicht die Kir-<lb/>
chen-Gewalt gebrauchen, und &#x017F;olche auch auf andere</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Di&#x0153;ce&#x017F;en</hi></hi><lb/><hi rendition="#fr">er&#x017F;trecken: Dabey aber allezeit wahre gei&#x017F;tliche</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">pie</hi></hi><hi rendition="#fr">ta&#x0364;t, Ver-<lb/>
&#x017F;tand und Be&#x017F;cheidenheit behalten.</hi></p>
          </div><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">§. <hi rendition="#aq">V.</hi></fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[188/0207] II. Abth. I. Cap. Von Erwehlung einerley Gerichte auf. Wir ſollen und muͤſſen denjenigen zum Beicht-Vater haben/ der in derjenigen Kirche/ da wir den Gottesdienſt zu halten angewieſen ſind/ das Wort GOt- tes lehret. Kluge Catholicken ſind auf dergleichen Bann- und Zwangs-Recht, ſo durch Anordnung der Kirchſpiele zu gleich eingefuͤhret worden/ ſelbſt nicht allzuwohl zuſprechen. Marcus Antonius de Dominis meinet/ der Unterſcheid der Kirchſpiele und Diœceſen ſey nicht alſo ſcharff eingerichtet worden/ daß manchmahl/ wenn es die Liebe erfordere/ ein Biſchoff in einer andern diœces ſich ſeiner Gewalt nicht be- dienen ſolte. Nach goͤttlichem Recht waͤre ſolche an keinen Ort gebunden c). Er faͤhret ſo dann fort d): Was vor Kirchen-Verordnungen zu finden, die denen Biſchoͤffen unter- ſagen, daß ſie in andern Diœceſen das biſchoͤfliche Amt nicht verrichten ſollen, dieſe kommen nur von Menſchen her, und ſind poſitive Geſetze; ſo ihr Abſehen auf den gemeinen Frieden und Einigkeit haben, damit einer nicht umreiſſe, was der andere gebauet, und verhuͤten die Unordnung, wenn ein jeder Bi- ſchoff in ſeiner umſchraͤnckten Diœces ſeinem Amt ein Genuͤgen thut. Wenn aber aus Mangel oder Schwachheit eines Bi- ſchoffs der Chriſtliche Glaube und Religion leyden, und die Kranckheit die gantze Kirche anſtecken kan, ſo kann und ſoll ein jeder Biſchoff aus Liebe, ja aus eigner Pflicht die Kir- chen-Gewalt gebrauchen, und ſolche auch auf andere Diœceſen erſtrecken: Dabey aber allezeit wahre geiſtliche pietaͤt, Ver- ſtand und Beſcheidenheit behalten. §. V. c) De Republ. eccleſ. Lib. II. cap. 7. §. 4. d) Cit. l. §. 19. Quæcunque præcepta eccleſiaſtica reperiuntur, quæ Epiſcopis inhibent, ne in aliena diœceſi munera exerceant pon- tificalia, ea humana duntaxat ſunt & poſitiua, & communem re- ſpiciunt pacem & concordiam, ne vnus deſtruat, quod alter ex- ſtruxit, vitantque confuſionem, vbi quisque Epiſcopus in ſua limi- tata diœceſi ſuo ſatisfacit muneri. Vbi vero ex defectu aut im- poten-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/207
Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/207>, abgerufen am 11.05.2024.