Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

bey denen Protestirenden.
die Sünde vergebet, denen sind sie vergeben, welchen ihr sie be-
haltet, denen sind sie behalten. Die Gewalt also, die Sünden zu
vergeben, ist denen Aposteln verliehen und denen Kirchen, wel-
che sie, da Christus sie gesendet, angerichtet, und denen Bi-
schöffen, die als
vicarii nach seiner Ordnung ihnen gefolget.
Da man aber merckte/ daß man nicht alle und jede Gaben/ so
die Apostel gehabt, besässe/ so muste man einen Unterscheid un-
ter denen ordentlichen und wunderbahren Gaben machen. Die-
se eignete man denen Aposteln einig und alleine zu/ die an-
dern aber hätten alle und jede Kirchen-Diener b). Damit
sie aber das Recht und die Gewalt Sünde zu vergeben und
zu behalten ausüben/ und folgbar der Beichte sich bedie-
nen könten/ müste solche denen ordentlichen Gaben zugesel-
let werden c). Jch habe aber schon oben gezeiget/ daß die-
se Gewalt eine ausserordentliche Gnade GOttes/ kharisma
tou Theou gewesen/ welches ich so gleich noch ferner beweisen will.

§. VIII.
b) Die Catholicken sind anderer Meinung, und schreiben auch sichVonder Krafft,
Wunder zu
thun.

die wunderbahren Gaben zu. Die unsrigen aber behaupten,
daß die Krafft, Zeichen und Wunder zu thun, nach der Apostel
Tod nicht ferner nöthig sey. Zu unsern Zeiten wäre die Kirche
schon gepflantzet, und bedürffte man also keiner Zeichen mehr.
Die erste Kirche hätte damit müssen aufgerichtet und unterhal-
ten werden. Vorjetzo predigte man kein neues Evangelium,
welches dazumahl wegen des neu angekommenen Meßiä gesche-
hen. Solches hätte zur selben Zeit durch Wunder müssen be-
kräfftiget werden. Unser Glaube hätte weiter keine Zeichen von
nöthen. Jch mag mich in den Streit von der Krafft, Wunder
zu thun, nicht mischen. Es mag einer glauben, daß solche noch
heute zu Tage verrichtet werden können oder nicht, so soll es mir
gleich viel gelten.
c) Wenn man heute zu Tage die Macht, Sünde zu vergeben, denenUnterscheid un-
ter denen aus-
serordentlichen
und ordinai-
ren Gaben.

Predigern absprechen will, so ist ihre ordentliche Zuflucht auf den
Unterscheid zwischen denen ordentlichen und wunderbahren
Gaben,

bey denen Proteſtirenden.
die Suͤnde vergebet, denen ſind ſie vergeben, welchen ihr ſie be-
haltet, denen ſind ſie behalten. Die Gewalt alſo, die Suͤnden zu
vergeben, iſt denen Apoſteln verliehen und denen Kirchen, wel-
che ſie, da Chriſtus ſie geſendet, angerichtet, und denen Bi-
ſchoͤffen, die als
vicarii nach ſeiner Ordnung ihnen gefolget.
Da man aber merckte/ daß man nicht alle und jede Gaben/ ſo
die Apoſtel gehabt, beſaͤſſe/ ſo muſte man einen Unterſcheid un-
ter denen ordentlichen und wunderbahren Gaben machẽ. Die-
ſe eignete man denen Apoſteln einig und alleine zu/ die an-
dern aber haͤtten alle und jede Kirchen-Diener b). Damit
ſie aber das Recht und die Gewalt Suͤnde zu vergeben und
zu behalten ausuͤben/ und folgbar der Beichte ſich bedie-
nen koͤnten/ muͤſte ſolche denen ordentlichen Gaben zugeſel-
let werden c). Jch habe aber ſchon oben gezeiget/ daß die-
ſe Gewalt eine auſſerordentliche Gnade GOttes/ χάρισμα
τοῦ Θεοῦ geweſen/ welches ich ſo gleich noch ferner beweiſen will.

§. VIII.
b) Die Catholicken ſind anderer Meinung, und ſchreiben auch ſichVondeꝛ Krafft,
Wunder zu
thun.

die wunderbahren Gaben zu. Die unſrigen aber behaupten,
daß die Krafft, Zeichen und Wunder zu thun, nach der Apoſtel
Tod nicht ferner noͤthig ſey. Zu unſern Zeiten waͤre die Kirche
ſchon gepflantzet, und beduͤrffte man alſo keiner Zeichen mehr.
Die erſte Kirche haͤtte damit muͤſſen aufgerichtet und unterhal-
ten werden. Vorjetzo predigte man kein neues Evangelium,
welches dazumahl wegen des neu angekommenen Meßiaͤ geſche-
hen. Solches haͤtte zur ſelben Zeit durch Wunder muͤſſen be-
kraͤfftiget werden. Unſer Glaube haͤtte weiter keine Zeichen von
noͤthen. Jch mag mich in den Streit von der Krafft, Wunder
zu thun, nicht miſchen. Es mag einer glauben, daß ſolche noch
heute zu Tage verrichtet werden koͤnnen oder nicht, ſo ſoll es mir
gleich viel gelten.
c) Wenn man heute zu Tage die Macht, Suͤnde zu vergeben, denenUnterſcheid un-
ter denen auſ-
ſerordentlichen
und ordinai-
ren Gaben.

Predigern abſprechen will, ſo iſt ihre ordentliche Zuflucht auf den
Unterſcheid zwiſchen denen ordentlichen und wunderbahren
Gaben,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0162" n="143"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">bey denen <hi rendition="#aq">Prote&#x017F;ti</hi>renden.</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">die Su&#x0364;nde vergebet, denen &#x017F;ind &#x017F;ie vergeben, welchen ihr &#x017F;ie be-<lb/>
haltet, denen &#x017F;ind &#x017F;ie behalten. Die Gewalt al&#x017F;o, die Su&#x0364;nden zu<lb/>
vergeben, i&#x017F;t denen Apo&#x017F;teln verliehen und denen Kirchen, wel-<lb/>
che &#x017F;ie, da Chri&#x017F;tus &#x017F;ie ge&#x017F;endet, angerichtet, und denen Bi-<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;ffen, die als</hi><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">vicarii</hi></hi><hi rendition="#fr">nach &#x017F;einer Ordnung ihnen gefolget.</hi><lb/>
Da man aber merckte/ daß man nicht alle und jede Gaben/ &#x017F;o<lb/>
die Apo&#x017F;tel gehabt, be&#x017F;a&#x0364;&#x017F;&#x017F;e/ &#x017F;o mu&#x017F;te man einen Unter&#x017F;cheid un-<lb/>
ter denen <hi rendition="#fr">ordentlichen und wunderbahren</hi> Gaben mache&#x0303;. Die-<lb/>
&#x017F;e eignete man denen Apo&#x017F;teln einig und alleine zu/ die an-<lb/>
dern aber ha&#x0364;tten alle und jede Kirchen-Diener <note place="foot" n="b)">Die Catholicken &#x017F;ind anderer Meinung, und &#x017F;chreiben auch &#x017F;ich<note place="right">Vonde&#xA75B; Krafft,<lb/>
Wunder zu<lb/>
thun.</note><lb/>
die <hi rendition="#fr">wunderbahren</hi> Gaben zu. Die un&#x017F;rigen aber behaupten,<lb/>
daß die Krafft, <hi rendition="#fr">Zeichen</hi> und <hi rendition="#fr">Wunder</hi> zu thun, nach der Apo&#x017F;tel<lb/>
Tod nicht ferner no&#x0364;thig &#x017F;ey. Zu un&#x017F;ern Zeiten wa&#x0364;re die Kirche<lb/>
&#x017F;chon gepflantzet, und bedu&#x0364;rffte man al&#x017F;o keiner Zeichen mehr.<lb/>
Die er&#x017F;te Kirche ha&#x0364;tte damit mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en aufgerichtet und unterhal-<lb/>
ten werden. Vorjetzo predigte man kein neues Evangelium,<lb/>
welches dazumahl wegen des neu angekommenen Meßia&#x0364; ge&#x017F;che-<lb/>
hen. Solches ha&#x0364;tte zur &#x017F;elben Zeit durch Wunder mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en be-<lb/>
kra&#x0364;fftiget werden. Un&#x017F;er Glaube ha&#x0364;tte weiter keine Zeichen von<lb/>
no&#x0364;then. Jch mag mich in den Streit von der Krafft, Wunder<lb/>
zu thun, nicht mi&#x017F;chen. Es mag einer glauben, daß &#x017F;olche noch<lb/>
heute zu Tage verrichtet werden ko&#x0364;nnen oder nicht, &#x017F;o &#x017F;oll es mir<lb/>
gleich viel gelten.</note>. Damit<lb/>
&#x017F;ie aber das Recht und die Gewalt Su&#x0364;nde zu vergeben und<lb/>
zu behalten ausu&#x0364;ben/ und folgbar der Beichte &#x017F;ich bedie-<lb/>
nen ko&#x0364;nten/ mu&#x0364;&#x017F;te &#x017F;olche denen <hi rendition="#fr">ordentlichen</hi> Gaben zuge&#x017F;el-<lb/>
let werden <note xml:id="g27" next="#g28" place="foot" n="c)">Wenn man heute zu Tage die Macht, Su&#x0364;nde zu vergeben, denen<note place="right">Unter&#x017F;cheid un-<lb/>
ter denen au&#x017F;-<lb/>
&#x017F;erordentlichen<lb/>
und <hi rendition="#aq">ordinai-</hi><lb/>
ren Gaben.</note><lb/>
Predigern ab&#x017F;prechen will, &#x017F;o i&#x017F;t ihre ordentliche Zuflucht auf den<lb/>
Unter&#x017F;cheid zwi&#x017F;chen denen <hi rendition="#fr">ordentlichen</hi> und <hi rendition="#fr">wunderbahren</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Gaben,</fw></note>. Jch habe aber &#x017F;chon oben gezeiget/ daß die-<lb/>
&#x017F;e Gewalt eine au&#x017F;&#x017F;erordentliche Gnade GOttes/ &#x03C7;&#x03AC;&#x03C1;&#x03B9;&#x03C3;&#x03BC;&#x03B1;<lb/>
&#x03C4;&#x03BF;&#x1FE6; &#x0398;&#x03B5;&#x03BF;&#x1FE6; gewe&#x017F;en/ welches ich &#x017F;o gleich noch ferner bewei&#x017F;en will.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">§. <hi rendition="#aq">VIII.</hi></fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[143/0162] bey denen Proteſtirenden. die Suͤnde vergebet, denen ſind ſie vergeben, welchen ihr ſie be- haltet, denen ſind ſie behalten. Die Gewalt alſo, die Suͤnden zu vergeben, iſt denen Apoſteln verliehen und denen Kirchen, wel- che ſie, da Chriſtus ſie geſendet, angerichtet, und denen Bi- ſchoͤffen, die als vicarii nach ſeiner Ordnung ihnen gefolget. Da man aber merckte/ daß man nicht alle und jede Gaben/ ſo die Apoſtel gehabt, beſaͤſſe/ ſo muſte man einen Unterſcheid un- ter denen ordentlichen und wunderbahren Gaben machẽ. Die- ſe eignete man denen Apoſteln einig und alleine zu/ die an- dern aber haͤtten alle und jede Kirchen-Diener b). Damit ſie aber das Recht und die Gewalt Suͤnde zu vergeben und zu behalten ausuͤben/ und folgbar der Beichte ſich bedie- nen koͤnten/ muͤſte ſolche denen ordentlichen Gaben zugeſel- let werden c). Jch habe aber ſchon oben gezeiget/ daß die- ſe Gewalt eine auſſerordentliche Gnade GOttes/ χάρισμα τοῦ Θεοῦ geweſen/ welches ich ſo gleich noch ferner beweiſen will. §. VIII. b) Die Catholicken ſind anderer Meinung, und ſchreiben auch ſich die wunderbahren Gaben zu. Die unſrigen aber behaupten, daß die Krafft, Zeichen und Wunder zu thun, nach der Apoſtel Tod nicht ferner noͤthig ſey. Zu unſern Zeiten waͤre die Kirche ſchon gepflantzet, und beduͤrffte man alſo keiner Zeichen mehr. Die erſte Kirche haͤtte damit muͤſſen aufgerichtet und unterhal- ten werden. Vorjetzo predigte man kein neues Evangelium, welches dazumahl wegen des neu angekommenen Meßiaͤ geſche- hen. Solches haͤtte zur ſelben Zeit durch Wunder muͤſſen be- kraͤfftiget werden. Unſer Glaube haͤtte weiter keine Zeichen von noͤthen. Jch mag mich in den Streit von der Krafft, Wunder zu thun, nicht miſchen. Es mag einer glauben, daß ſolche noch heute zu Tage verrichtet werden koͤnnen oder nicht, ſo ſoll es mir gleich viel gelten. c) Wenn man heute zu Tage die Macht, Suͤnde zu vergeben, denen Predigern abſprechen will, ſo iſt ihre ordentliche Zuflucht auf den Unterſcheid zwiſchen denen ordentlichen und wunderbahren Gaben,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/162
Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/162>, abgerufen am 04.05.2024.