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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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I. Abth. III. Cap. Von der solennen Ohren-Beichte,
man GOtt seine Sünden beichtete. Die Glossa des cano-
ni
schen Rechtes saget also/ es wäre besser/ wenn man vor-
gäbe/ die Beichte sey eine allgemeine Kirchen-Verordnung/
als wenn man solche aus der Schrifft beweisen wolte. Sie
schliesset derowegen mit folgenden Worten a)/ daß die
Beichte in Tod-Sünden bey der Lateinischen Kirche nöthig
wäre/ aber nicht bey denen Griechen/ weil diese keine sol-
che tradition hätten.

Anmerckun-
gen über In-
nocentii

Verord-
nung
1) von de-
nenjenigen,
so sich des
Abend-
mahls be-
dienen sol-len.
§. IV.

Ehe ich aber weiter gehe/ muß ich zuvor über
Innocentii Verordnung einige Anmerckung machen. Da
derselbe gewolt daß nur diejenigen beichten/ und das A-
bendmahl geniessen solten/ die bey ihrem Verstande wären/
so stimmen auch die unsrigen damit ein? Jn der alten
Kirche aber ware gebräuchlich/ auch kleinen Kindern das
Nachtmahl zu reichen. Jn dem Tridentinischen Concilio
entstunde darüber ein grosser Streit. Paulus Sarpius re-
det davon also a): Mit dem sechsten Articul wurden die Theo-
logi
in kurtzen fertig, da sie dafür hielten, das Nachtmahl sey
kein nothwendiges Sacrament. Denn da der heilige Apostel
Paulus gebothen, daß diejenigen, so solches geniessen wolten,
sich zuvor selbst prüffen, ob sie würdig hinzu gehen könten

oder
a) Wird etwas
erkläret.
Glossa ad rub. dist. 5. de poenit. Ergo necestaria est confessio in mor-
talibus apud nos, apud Graecos non, quia non emanauit apud
illos traditio talis, sicut nec conficiunt in azymis.
Daß aber
die Griechische Kirche dafür gehalten, man hätte der Beichte, die
Menschen geschiehet, nicht nöthig, kan man aus dem c. 90. dist. 1. de
poenit.
unter andern abnehmen.
a) Streit auf dem
Trident.
Concilio.
Paulus Sarpius in Hist. Concil. Trident. Lib. VI. p. m. 907. seq. Sex-
tum articulum Theologi paucis absoluerunt, existimantes, Eucha-
ristiam non esse sacramentum necessitatis. Cum enim D. Paulus
praeceperit, iis qui illud sumturi sunt, vt se ipsos prius probent,
an digni sint, nec ne, censebant inde manifestum esse, sacramentum
illud non posse ministrari, nisi iis, qui recta ratione vti possunt,

quod

I. Abth. III. Cap. Von der ſolennen Ohren-Beichte,
man GOtt ſeine Suͤnden beichtete. Die Gloſſa des cano-
ni
ſchen Rechtes ſaget alſo/ es waͤre beſſer/ wenn man vor-
gaͤbe/ die Beichte ſey eine allgemeine Kirchen-Verordnung/
als wenn man ſolche aus der Schrifft beweiſen wolte. Sie
ſchlieſſet derowegen mit folgenden Worten a)/ daß die
Beichte in Tod-Suͤnden bey der Lateiniſchen Kirche noͤthig
waͤre/ aber nicht bey denen Griechen/ weil dieſe keine ſol-
che tradition haͤtten.

Anmeꝛckun-
gen uͤber In-
nocentii

Verord-
nung
1) von de-
nenjenigen,
ſo ſich des
Abend-
mahls be-
dienen ſol-len.
§. IV.

Ehe ich aber weiter gehe/ muß ich zuvor uͤber
Innocentii Verordnung einige Anmerckung machen. Da
derſelbe gewolt daß nur diejenigen beichten/ und das A-
bendmahl genieſſen ſolten/ die bey ihrem Verſtande waͤren/
ſo ſtimmen auch die unſrigen damit ein? Jn der alten
Kirche aber ware gebraͤuchlich/ auch kleinen Kindern das
Nachtmahl zu reichen. Jn dem Tridentiniſchen Concilio
entſtunde daruͤber ein groſſer Streit. Paulus Sarpius re-
det davon alſo a): Mit dem ſechſten Articul wurden die Theo-
logi
in kurtzen fertig, da ſie dafuͤr hielten, das Nachtmahl ſey
kein nothwendiges Sacrament. Denn da der heilige Apoſtel
Paulus gebothen, daß diejenigen, ſo ſolches genieſſen wolten,
ſich zuvor ſelbſt pruͤffen, ob ſie wuͤrdig hinzu gehen koͤnten

oder
a) Wird etwas
erklaͤret.
Gloſſa ad rub. diſt. 5. de pœnit. Ergo neceſtaria eſt confeſſio in mor-
talibus apud nos, apud Græcos non, quia non emanauit apud
illos traditio talis, ſicut nec conficiunt in azymis.
Daß aber
die Griechiſche Kirche dafuͤr gehalten, man haͤtte der Beichte, die
Menſchen geſchiehet, nicht noͤthig, kan man aus dem c. 90. diſt. 1. de
pœnit.
unter andern abnehmen.
a) Streit auf dem
Trident.
Concilio.
Paulus Sarpius in Hiſt. Concil. Trident. Lib. VI. p. m. 907. ſeq. Sex-
tum articulum Theologi paucis abſoluerunt, exiſtimantes, Eucha-
riſtiam non eſſe ſacramentum neceſſitatis. Cum enim D. Paulus
præceperit, iis qui illud ſumturi ſunt, vt ſe ipſos prius probent,
an digni ſint, nec ne, cenſebant inde manifeſtum eſſe, ſacramentum
illud non poſſe miniſtrari, niſi iis, qui recta ratione vti poſſunt,

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[110/0129] I. Abth. III. Cap. Von der ſolennen Ohren-Beichte, man GOtt ſeine Suͤnden beichtete. Die Gloſſa des cano- niſchen Rechtes ſaget alſo/ es waͤre beſſer/ wenn man vor- gaͤbe/ die Beichte ſey eine allgemeine Kirchen-Verordnung/ als wenn man ſolche aus der Schrifft beweiſen wolte. Sie ſchlieſſet derowegen mit folgenden Worten a)/ daß die Beichte in Tod-Suͤnden bey der Lateiniſchen Kirche noͤthig waͤre/ aber nicht bey denen Griechen/ weil dieſe keine ſol- che tradition haͤtten. §. IV. Ehe ich aber weiter gehe/ muß ich zuvor uͤber Innocentii Verordnung einige Anmerckung machen. Da derſelbe gewolt daß nur diejenigen beichten/ und das A- bendmahl genieſſen ſolten/ die bey ihrem Verſtande waͤren/ ſo ſtimmen auch die unſrigen damit ein? Jn der alten Kirche aber ware gebraͤuchlich/ auch kleinen Kindern das Nachtmahl zu reichen. Jn dem Tridentiniſchen Concilio entſtunde daruͤber ein groſſer Streit. Paulus Sarpius re- det davon alſo a): Mit dem ſechſten Articul wurden die Theo- logi in kurtzen fertig, da ſie dafuͤr hielten, das Nachtmahl ſey kein nothwendiges Sacrament. Denn da der heilige Apoſtel Paulus gebothen, daß diejenigen, ſo ſolches genieſſen wolten, ſich zuvor ſelbſt pruͤffen, ob ſie wuͤrdig hinzu gehen koͤnten oder a) Gloſſa ad rub. diſt. 5. de pœnit. Ergo neceſtaria eſt confeſſio in mor- talibus apud nos, apud Græcos non, quia non emanauit apud illos traditio talis, ſicut nec conficiunt in azymis. Daß aber die Griechiſche Kirche dafuͤr gehalten, man haͤtte der Beichte, die Menſchen geſchiehet, nicht noͤthig, kan man aus dem c. 90. diſt. 1. de pœnit. unter andern abnehmen. a) Paulus Sarpius in Hiſt. Concil. Trident. Lib. VI. p. m. 907. ſeq. Sex- tum articulum Theologi paucis abſoluerunt, exiſtimantes, Eucha- riſtiam non eſſe ſacramentum neceſſitatis. Cum enim D. Paulus præceperit, iis qui illud ſumturi ſunt, vt ſe ipſos prius probent, an digni ſint, nec ne, cenſebant inde manifeſtum eſſe, ſacramentum illud non poſſe miniſtrari, niſi iis, qui recta ratione vti poſſunt, quod

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/129>, abgerufen am 27.04.2024.