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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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Jetzt war ich halb und halb entschlossen,
schwanger zu werden und in diesem Habit al¬
les für meine Sehnsucht zu fordern, was sel¬
ber der spanische König keiner Schwangern ab¬
schlägt*). In Italien hat man das Kind auf
dem Arm, um zu erbitten; in Spanien braucht's
diese Sichtbarkeit nicht einmal. Aber zum Glück
kam der Oheim. Die Bilderkabinetsthür wurde
aufgethan. Ich machte mich ans Kopiren, --
eines dummen Küchenstücks -- und schauete
überall nach meinem Insel-Portrait. Aber
nichts war zu sehen -- (Hier zog er ein höl¬
zernes Futteral aus der Jagdtasche und legt'
es vor sich und fuhr fort): bis ich's sah
zuletzt -- ein Bild lehnte auf der Diele an
der Wand, mir die Winter- und Hinter¬
seite zuweisend -- -- es war mein Pinsel-
Kind und seine Zurücksetzung gieng mich an
-- verdrüßlich und ruhig steckt ich's bei --
und schnappte im Küchenstück mitten in einem

*) Eine verlangte z. B. den König zu sehen; er
trat so lange auf den Balkon heraus, bis sie be¬
friedigt war.

Jetzt war ich halb und halb entſchloſſen,
ſchwanger zu werden und in dieſem Habit al¬
les für meine Sehnſucht zu fordern, was ſel¬
ber der ſpanische König keiner Schwangern ab¬
ſchlägt*). In Italien hat man das Kind auf
dem Arm, um zu erbitten; in Spanien braucht's
dieſe Sichtbarkeit nicht einmal. Aber zum Glück
kam der Oheim. Die Bilderkabinetsthür wurde
aufgethan. Ich machte mich ans Kopiren, —
eines dummen Küchenſtücks — und ſchauete
überall nach meinem Inſel-Portrait. Aber
nichts war zu ſehen — (Hier zog er ein höl¬
zernes Futteral aus der Jagdtaſche und legt'
es vor ſich und fuhr fort): bis ich's ſah
zuletzt — ein Bild lehnte auf der Diele an
der Wand, mir die Winter- und Hinter¬
ſeite zuweiſend — — es war mein Pinſel-
Kind und ſeine Zurückſetzung gieng mich an
— verdrüßlich und ruhig ſteckt ich's bei —
und ſchnappte im Küchenſtück mitten in einem

*) Eine verlangte z. B. den König zu ſehen; er
trat ſo lange auf den Balkon heraus, bis ſie be¬
friedigt war.
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[430/0442] Jetzt war ich halb und halb entſchloſſen, ſchwanger zu werden und in dieſem Habit al¬ les für meine Sehnſucht zu fordern, was ſel¬ ber der ſpanische König keiner Schwangern ab¬ ſchlägt *). In Italien hat man das Kind auf dem Arm, um zu erbitten; in Spanien braucht's dieſe Sichtbarkeit nicht einmal. Aber zum Glück kam der Oheim. Die Bilderkabinetsthür wurde aufgethan. Ich machte mich ans Kopiren, — eines dummen Küchenſtücks — und ſchauete überall nach meinem Inſel-Portrait. Aber nichts war zu ſehen — (Hier zog er ein höl¬ zernes Futteral aus der Jagdtaſche und legt' es vor ſich und fuhr fort): bis ich's ſah zuletzt — ein Bild lehnte auf der Diele an der Wand, mir die Winter- und Hinter¬ ſeite zuweiſend — — es war mein Pinſel- Kind und ſeine Zurückſetzung gieng mich an — verdrüßlich und ruhig ſteckt ich's bei — und ſchnappte im Küchenſtück mitten in einem *) Eine verlangte z. B. den König zu ſehen; er trat ſo lange auf den Balkon heraus, bis ſie be¬ friedigt war.

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/442>, abgerufen am 22.11.2024.