alle ein, gleichsam zu einem korinthischen Erz, und umfaßte alle, ohne gefasset zu werden. Auf seiner kalt, über stark aufdringenden Le¬ bensquelle ließ er die Welt wie eine Kugel spielen und schweben.
Albano bewahrte, mit allen unzufrieden, seine Begeisterung, den unterirdischen Göttern der Vergangenheit um ihn her nach alter Sitte opfernd, nehmlich mit Schweigen. Wohl hätt' er reden wollen und können, aber anders, in Oden, mit dem ganzen Menschen, mit Strö¬ men, die aufwärts stiegen und wüchsen. Im¬ mer sehnsüchtiger sah er an die Fenster nach dem Mond im reinen Regenblau und nach ein¬ zelnen Säulen des Forum's; draussen glänzte ihm die größte Welt. -- Endlich stand er zür¬ nend und schmachtend auf und schlich hinunter in die dämmernde Herrlichkeit und trat vor das Forum; aber die Mondnacht, die Deko¬ rationsmahlerinn, die mit unförmlichen Stri¬ chen arbeitet, macht' ihm fast die Bühne un¬ kenntlich.
Welch' eine öde, weite Ebene, hoch von Rui¬ nen, Gärten, Tempeln umgeben, mit gestürzten
alle ein, gleichſam zu einem korinthiſchen Erz, und umfaßte alle, ohne gefaſſet zu werden. Auf ſeiner kalt, über ſtark aufdringenden Le¬ bensquelle ließ er die Welt wie eine Kugel ſpielen und ſchweben.
Albano bewahrte, mit allen unzufrieden, ſeine Begeiſterung, den unterirdiſchen Göttern der Vergangenheit um ihn her nach alter Sitte opfernd, nehmlich mit Schweigen. Wohl hätt' er reden wollen und können, aber anders, in Oden, mit dem ganzen Menſchen, mit Strö¬ men, die aufwärts ſtiegen und wüchſen. Im¬ mer ſehnſüchtiger ſah er an die Fenſter nach dem Mond im reinen Regenblau und nach ein¬ zelnen Säulen des Forum's; drauſſen glänzte ihm die größte Welt. — Endlich ſtand er zür¬ nend und ſchmachtend auf und ſchlich hinunter in die dämmernde Herrlichkeit und trat vor das Forum; aber die Mondnacht, die Deko¬ rationsmahlerinn, die mit unförmlichen Stri¬ chen arbeitet, macht' ihm faſt die Bühne un¬ kenntlich.
Welch' eine öde, weite Ebene, hoch von Rui¬ nen, Gärten, Tempeln umgeben, mit geſtürzten
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0039"n="27"/>
alle ein, gleichſam zu einem korinthiſchen Erz,<lb/>
und umfaßte alle, ohne gefaſſet zu werden.<lb/>
Auf ſeiner kalt, über ſtark aufdringenden Le¬<lb/>
bensquelle ließ er die Welt wie eine Kugel<lb/>ſpielen und ſchweben.</p><lb/><p>Albano bewahrte, mit allen unzufrieden,<lb/>ſeine Begeiſterung, den unterirdiſchen Göttern<lb/>
der Vergangenheit um ihn her nach alter Sitte<lb/>
opfernd, nehmlich mit Schweigen. Wohl hätt'<lb/>
er reden wollen und können, aber anders, in<lb/>
Oden, mit dem ganzen Menſchen, mit Strö¬<lb/>
men, die aufwärts ſtiegen und wüchſen. Im¬<lb/>
mer ſehnſüchtiger ſah er an die Fenſter nach<lb/>
dem Mond im reinen Regenblau und nach ein¬<lb/>
zelnen Säulen des Forum's; drauſſen glänzte<lb/>
ihm die größte Welt. — Endlich ſtand er zür¬<lb/>
nend und ſchmachtend auf und ſchlich hinunter<lb/>
in die dämmernde Herrlichkeit und trat vor<lb/>
das Forum; aber die Mondnacht, die Deko¬<lb/>
rationsmahlerinn, die mit unförmlichen Stri¬<lb/>
chen arbeitet, macht' ihm faſt die Bühne un¬<lb/>
kenntlich.</p><lb/><p>Welch' eine öde, weite Ebene, hoch von Rui¬<lb/>
nen, Gärten, Tempeln umgeben, mit geſtürzten<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[27/0039]
alle ein, gleichſam zu einem korinthiſchen Erz,
und umfaßte alle, ohne gefaſſet zu werden.
Auf ſeiner kalt, über ſtark aufdringenden Le¬
bensquelle ließ er die Welt wie eine Kugel
ſpielen und ſchweben.
Albano bewahrte, mit allen unzufrieden,
ſeine Begeiſterung, den unterirdiſchen Göttern
der Vergangenheit um ihn her nach alter Sitte
opfernd, nehmlich mit Schweigen. Wohl hätt'
er reden wollen und können, aber anders, in
Oden, mit dem ganzen Menſchen, mit Strö¬
men, die aufwärts ſtiegen und wüchſen. Im¬
mer ſehnſüchtiger ſah er an die Fenſter nach
dem Mond im reinen Regenblau und nach ein¬
zelnen Säulen des Forum's; drauſſen glänzte
ihm die größte Welt. — Endlich ſtand er zür¬
nend und ſchmachtend auf und ſchlich hinunter
in die dämmernde Herrlichkeit und trat vor
das Forum; aber die Mondnacht, die Deko¬
rationsmahlerinn, die mit unförmlichen Stri¬
chen arbeitet, macht' ihm faſt die Bühne un¬
kenntlich.
Welch' eine öde, weite Ebene, hoch von Rui¬
nen, Gärten, Tempeln umgeben, mit geſtürzten
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/39>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.