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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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licher Nächte sich in einen einzigen, die flüchti¬
gen Wolken in Ein großes Gluth-Abendroth
zusammengewebt -- --

Da sitzt etwas Böses! Der Mensch muß
im Stande seyn, sich seinen Traum, seine gute
fixe Idee -- denn ein hoher Ameishaufen der
grimmigsten und der liebreizendsten wimmelt
vor ihm -- mit Verstand auszuklauben und
zuzueignen, sonst kann er so schlimm fahren
als wär' er noch bei Verstand. Ich muß nun
besonders meine Anstalten treffen, daß ich ei¬
nen liebreichen favorablen Fix-Wahn finde
und anerkenne, der gut mir mir umgeht. Kann
ich's dahin bringen, etwan der erste Mensch
zu seyn im irrigen Hause -- oder der zweite
Momus -- oder der dritte Schlegel -- oder
die vierte Grazie -- oder der fünfte Kartenkö¬
nig -- oder die sechste kluge Jungfrau -- oder
die siebente weltliche Chur -- oder der achte
Weise in Griechenland -- oder die neunte See¬
le in der Arche -- oder die zehnte Muse --
oder der 41ste Akademiker -- oder der 71ste
Dolmetscher oder gar das Universum -- oder
gar der Weltgeist selber: so ist allerdings mein

licher Nächte ſich in einen einzigen, die flüchti¬
gen Wolken in Ein großes Gluth-Abendroth
zuſammengewebt — —

Da ſitzt etwas Böſes! Der Menſch muß
im Stande ſeyn, ſich ſeinen Traum, ſeine gute
fixe Idee — denn ein hoher Ameishaufen der
grimmigſten und der liebreizendſten wimmelt
vor ihm — mit Verſtand auszuklauben und
zuzueignen, ſonſt kann er ſo ſchlimm fahren
als wär' er noch bei Verſtand. Ich muß nun
beſonders meine Anſtalten treffen, daß ich ei¬
nen liebreichen favorablen Fix-Wahn finde
und anerkenne, der gut mir mir umgeht. Kann
ich's dahin bringen, etwan der erſte Menſch
zu ſeyn im irrigen Hauſe — oder der zweite
Momus — oder der dritte Schlegel — oder
die vierte Grazie — oder der fünfte Kartenkö¬
nig — oder die ſechste kluge Jungfrau — oder
die ſiebente weltliche Chur — oder der achte
Weiſe in Griechenland — oder die neunte See¬
le in der Arche — oder die zehnte Muſe —
oder der 41ſte Akademiker — oder der 71ſte
Dolmetſcher oder gar das Univerſum — oder
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[297/0309] licher Nächte ſich in einen einzigen, die flüchti¬ gen Wolken in Ein großes Gluth-Abendroth zuſammengewebt — — Da ſitzt etwas Böſes! Der Menſch muß im Stande ſeyn, ſich ſeinen Traum, ſeine gute fixe Idee — denn ein hoher Ameishaufen der grimmigſten und der liebreizendſten wimmelt vor ihm — mit Verſtand auszuklauben und zuzueignen, ſonſt kann er ſo ſchlimm fahren als wär' er noch bei Verſtand. Ich muß nun beſonders meine Anſtalten treffen, daß ich ei¬ nen liebreichen favorablen Fix-Wahn finde und anerkenne, der gut mir mir umgeht. Kann ich's dahin bringen, etwan der erſte Menſch zu ſeyn im irrigen Hauſe — oder der zweite Momus — oder der dritte Schlegel — oder die vierte Grazie — oder der fünfte Kartenkö¬ nig — oder die ſechste kluge Jungfrau — oder die ſiebente weltliche Chur — oder der achte Weiſe in Griechenland — oder die neunte See¬ le in der Arche — oder die zehnte Muſe — oder der 41ſte Akademiker — oder der 71ſte Dolmetſcher oder gar das Univerſum — oder gar der Weltgeiſt ſelber: ſo iſt allerdings mein

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/309>, abgerufen am 17.05.2024.