ich doch dabei versichert bin, daß beide nicht mit mir kokettiren sondern nichts im Sinne und liebhaben als ihr Werk -- was hat, fragt' ich auf der letzten Zeile des vorigen Blattes, einer nun übrig, den wie gesagt so vielerlei anstinkt und vorzüglich noch der Punkt, daß Besserung schwer ist, aber Verschlimmerung ganz und gar nicht, weil sogar die Besten den Schlimm¬ sten etwas weißmachen und dadurch sich auch und weil sie bei ihrer verborgnen Verwünschung und Sänften- und Achselträgerei der Gegen¬ wart wenigstens um Geld und Ehre tanzen und sich dafür gern vom festern Pöbel brauchen las¬ sen, als Weinfässer zu Fleischfässern -- was hat ein Mann, sag' ich, Freund, in Zeiten, wo man wie jetzt im Druck, aus Schwarz zwar nicht Weiß macht, aber doch Grau und wo man, wie Katecheten sollen, gerade die Fragen auf Nein und Ja vermeidet, noch übrig aus¬ ser seinem Hasse der Tyrannen und Sklaven zugleich und außer dem Zorne über die Mi߬ handlung sowohl als über die Gemißhandel¬ ten? Und wozu soll sich ein Mann, dem der Panzer des Lebens an solchen Stellen dünn
ich doch dabei verſichert bin, daß beide nicht mit mir kokettiren ſondern nichts im Sinne und liebhaben als ihr Werk — was hat, fragt' ich auf der letzten Zeile des vorigen Blattes, einer nun übrig, den wie geſagt ſo vielerlei anſtinkt und vorzüglich noch der Punkt, daß Beſſerung ſchwer iſt, aber Verſchlimmerung ganz und gar nicht, weil ſogar die Beſten den Schlimm¬ ſten etwas weißmachen und dadurch ſich auch und weil ſie bei ihrer verborgnen Verwünſchung und Sänften- und Achſelträgerei der Gegen¬ wart wenigſtens um Geld und Ehre tanzen und ſich dafür gern vom feſtern Pöbel brauchen las¬ ſen, als Weinfäſſer zu Fleiſchfäſſern — was hat ein Mann, ſag' ich, Freund, in Zeiten, wo man wie jetzt im Druck, aus Schwarz zwar nicht Weiß macht, aber doch Grau und wo man, wie Katecheten ſollen, gerade die Fragen auf Nein und Ja vermeidet, noch übrig aus¬ ſer ſeinem Haſſe der Tyrannen und Sklaven zugleich und außer dem Zorne über die Mi߬ handlung ſowohl als über die Gemißhandel¬ ten? Und wozu ſoll ſich ein Mann, dem der Panzer des Lebens an ſolchen Stellen dünn
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ich doch dabei verſichert bin, daß beide nicht
mit mir kokettiren ſondern nichts im Sinne
und liebhaben als ihr Werk — was hat, fragt'
ich auf der letzten Zeile des vorigen Blattes,
einer nun übrig, den wie geſagt ſo vielerlei
anſtinkt und vorzüglich noch der Punkt, daß
Beſſerung ſchwer iſt, aber Verſchlimmerung ganz
und gar nicht, weil ſogar die Beſten den Schlimm¬
ſten etwas weißmachen und dadurch ſich auch
und weil ſie bei ihrer verborgnen Verwünſchung
und Sänften- und Achſelträgerei der Gegen¬
wart wenigſtens um Geld und Ehre tanzen und
ſich dafür gern vom feſtern Pöbel brauchen las¬
ſen, als Weinfäſſer zu Fleiſchfäſſern — was hat
ein Mann, ſag' ich, Freund, in Zeiten, wo
man wie jetzt im Druck, aus Schwarz zwar
nicht Weiß macht, aber doch Grau und wo
man, wie Katecheten ſollen, gerade die Fragen
auf Nein und Ja vermeidet, noch übrig aus¬
ſer ſeinem Haſſe der Tyrannen und Sklaven
zugleich und außer dem Zorne über die Mi߬
handlung ſowohl als über die Gemißhandel¬
ten? Und wozu ſoll ſich ein Mann, dem der
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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/302>, abgerufen am 22.11.2024.
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