Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

in meinen frühern Zeiten und mich so weich
betten.

Was soll ich dann machen? Mich von den
Herren Menschen Jahraus Jahrein beschenken
zu lassen, dazu acht' ich sie nicht genug; und
die wenigen, die man etwa bei Gelegenheit
achtet, sollen wieder mich zu hoch achten, es
anzubieten. Was, ein Floh soll ich seyn am
dünnsten goldnen Kettlein und ein Herr, der
mich daran gelegt, damit ich ihm springe, aber
nicht davon, zieht mich öfters auf den Arm und
sagt: saug' nur zu, mein Thierchen! -- Teu¬
fel! Frei will ich bleiben auf einer so ver¬
ächtlichen Erde, -- keinen Lohn, keinen Befehl
in diesem großen Bedientenzimmer erhaltend:
-- kerngesund, um kein Mitleiden und keinen
Hausarzt zu erwecken -- ja wollte man mir
das Herz der Gräfinn Romeiro unter der Be¬
dingung zuschlagen, es zu erknieen, so würd'
ich das Herz zwar annehmen und es küssen,
aber gleich darauf aufstehen und davonlaufen
(entweder in die zweite oder in die neue Welt)
ehe sie Zeit hätte, sich die Sache zu rekapitu¬
liren und mir vorzurücken.

in meinen frühern Zeiten und mich ſo weich
betten.

Was ſoll ich dann machen? Mich von den
Herren Menſchen Jahraus Jahrein beſchenken
zu laſſen, dazu acht' ich ſie nicht genug; und
die wenigen, die man etwa bei Gelegenheit
achtet, ſollen wieder mich zu hoch achten, es
anzubieten. Was, ein Floh ſoll ich ſeyn am
dünnſten goldnen Kettlein und ein Herr, der
mich daran gelegt, damit ich ihm ſpringe, aber
nicht davon, zieht mich öfters auf den Arm und
ſagt: ſaug' nur zu, mein Thierchen! — Teu¬
fel! Frei will ich bleiben auf einer ſo ver¬
ächtlichen Erde, — keinen Lohn, keinen Befehl
in dieſem großen Bedientenzimmer erhaltend:
— kerngeſund, um kein Mitleiden und keinen
Hausarzt zu erwecken — ja wollte man mir
das Herz der Gräfinn Romeiro unter der Be¬
dingung zuſchlagen, es zu erknieen, ſo würd'
ich das Herz zwar annehmen und es küſſen,
aber gleich darauf aufſtehen und davonlaufen
(entweder in die zweite oder in die neue Welt)
ehe ſie Zeit hätte, ſich die Sache zu rekapitu¬
liren und mir vorzurücken.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0293" n="281"/>
in meinen frühern Zeiten und mich &#x017F;o weich<lb/>
betten.</p><lb/>
          <p>Was &#x017F;oll ich dann machen? Mich von den<lb/>
Herren Men&#x017F;chen Jahraus Jahrein be&#x017F;chenken<lb/>
zu la&#x017F;&#x017F;en, dazu acht' ich &#x017F;ie nicht genug; und<lb/>
die wenigen, die man etwa bei Gelegenheit<lb/>
achtet, &#x017F;ollen wieder mich zu hoch achten, es<lb/>
anzubieten. Was, ein Floh &#x017F;oll ich &#x017F;eyn am<lb/>
dünn&#x017F;ten goldnen Kettlein und ein Herr, der<lb/>
mich daran gelegt, damit ich ihm &#x017F;pringe, aber<lb/>
nicht davon, zieht mich öfters auf den Arm und<lb/>
&#x017F;agt: &#x017F;aug' nur zu, mein Thierchen! &#x2014; Teu¬<lb/>
fel! Frei will ich bleiben auf einer &#x017F;o ver¬<lb/>
ächtlichen Erde, &#x2014; keinen Lohn, keinen Befehl<lb/>
in die&#x017F;em großen Bedientenzimmer erhaltend:<lb/>
&#x2014; kernge&#x017F;und, um kein Mitleiden und keinen<lb/>
Hausarzt zu erwecken &#x2014; ja wollte man mir<lb/>
das Herz der Gräfinn Romeiro unter der Be¬<lb/>
dingung zu&#x017F;chlagen, es zu erknieen, &#x017F;o würd'<lb/>
ich das Herz zwar annehmen und es kü&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
aber gleich darauf auf&#x017F;tehen und davonlaufen<lb/>
(entweder in die zweite oder in die neue Welt)<lb/>
ehe &#x017F;ie Zeit hätte, &#x017F;ich die Sache zu rekapitu¬<lb/>
liren und mir vorzurücken.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[281/0293] in meinen frühern Zeiten und mich ſo weich betten. Was ſoll ich dann machen? Mich von den Herren Menſchen Jahraus Jahrein beſchenken zu laſſen, dazu acht' ich ſie nicht genug; und die wenigen, die man etwa bei Gelegenheit achtet, ſollen wieder mich zu hoch achten, es anzubieten. Was, ein Floh ſoll ich ſeyn am dünnſten goldnen Kettlein und ein Herr, der mich daran gelegt, damit ich ihm ſpringe, aber nicht davon, zieht mich öfters auf den Arm und ſagt: ſaug' nur zu, mein Thierchen! — Teu¬ fel! Frei will ich bleiben auf einer ſo ver¬ ächtlichen Erde, — keinen Lohn, keinen Befehl in dieſem großen Bedientenzimmer erhaltend: — kerngeſund, um kein Mitleiden und keinen Hausarzt zu erwecken — ja wollte man mir das Herz der Gräfinn Romeiro unter der Be¬ dingung zuſchlagen, es zu erknieen, ſo würd' ich das Herz zwar annehmen und es küſſen, aber gleich darauf aufſtehen und davonlaufen (entweder in die zweite oder in die neue Welt) ehe ſie Zeit hätte, ſich die Sache zu rekapitu¬ liren und mir vorzurücken.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/293
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/293>, abgerufen am 22.11.2024.