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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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könne -- und bat ihn, "Linda zu schonen,
nicht nur in ihrer Zartheit, sondern auch in
ihrer eignen Ehe-Scheu, die sehr weit gehe.
Sie konnte nicht einmal eine Freundinn an den
Traualtar begleiten, (setzte Julienne dazu,) sie
nannte diesen den Richtplatz der weiblichen
Freiheit, den Scheiterhaufen der schönsten freie¬
sten Liebe und sagte, das Heldengedicht der
Liebe werde dann höchstens zum Schäfergedicht
der Ehe. Freilich weiß sie nicht, wohin solche
Grundsätze endlich führen." -- "Ich hoffe auch,
daß Du ihr vertrauest," sagte Albano, sich die¬
se Seltsamkeit anders und höher ableitend als
seine strenge Schwester. Sie brach schnell ab,
um ihm noch den Rath nach Pestiz mitzuge¬
ben, die Fürstinn zu fliehen, die ins Innerste
hinein kalt, falsch, rach- und selbstsüchtig sey.
"Sie hat etwas und zwar viel mit Dir vor'
-- und ihr Haß gegen die Gräfinn kommt jetzt
dazu -- Linda fasset sie scharf auf, aber doch
lässet sie sich aus Heftigkeit durch alle hinreis¬
sen und benutzen, die sie übersieht und voraus¬
sieht." Albano blieb bei seinem alten sanftern
Urtheil über die Fürstinn -- um so mehr, da

Titan IV. Q

könne — und bat ihn, „Linda zu ſchonen,
nicht nur in ihrer Zartheit, ſondern auch in
ihrer eignen Ehe-Scheu, die ſehr weit gehe.
Sie konnte nicht einmal eine Freundinn an den
Traualtar begleiten, (ſetzte Julienne dazu,) ſie
nannte dieſen den Richtplatz der weiblichen
Freiheit, den Scheiterhaufen der ſchönſten freie¬
ſten Liebe und ſagte, das Heldengedicht der
Liebe werde dann höchſtens zum Schäfergedicht
der Ehe. Freilich weiß ſie nicht, wohin ſolche
Grundſätze endlich führen.“ — „Ich hoffe auch,
daß Du ihr vertraueſt,“ ſagte Albano, ſich die¬
ſe Seltſamkeit anders und höher ableitend als
ſeine ſtrenge Schweſter. Sie brach ſchnell ab,
um ihm noch den Rath nach Peſtiz mitzuge¬
ben, die Fürſtinn zu fliehen, die ins Innerſte
hinein kalt, falſch, rach- und ſelbſtſüchtig ſey.
„Sie hat etwas und zwar viel mit Dir vor'
— und ihr Haß gegen die Gräfinn kommt jetzt
dazu — Linda faſſet ſie ſcharf auf, aber doch
läſſet ſie ſich aus Heftigkeit durch alle hinreis¬
ſen und benutzen, die ſie überſieht und voraus¬
ſieht.“ Albano blieb bei ſeinem alten ſanftern
Urtheil über die Fürſtinn — um ſo mehr, da

Titan IV. Q
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[241/0253] könne — und bat ihn, „Linda zu ſchonen, nicht nur in ihrer Zartheit, ſondern auch in ihrer eignen Ehe-Scheu, die ſehr weit gehe. Sie konnte nicht einmal eine Freundinn an den Traualtar begleiten, (ſetzte Julienne dazu,) ſie nannte dieſen den Richtplatz der weiblichen Freiheit, den Scheiterhaufen der ſchönſten freie¬ ſten Liebe und ſagte, das Heldengedicht der Liebe werde dann höchſtens zum Schäfergedicht der Ehe. Freilich weiß ſie nicht, wohin ſolche Grundſätze endlich führen.“ — „Ich hoffe auch, daß Du ihr vertraueſt,“ ſagte Albano, ſich die¬ ſe Seltſamkeit anders und höher ableitend als ſeine ſtrenge Schweſter. Sie brach ſchnell ab, um ihm noch den Rath nach Peſtiz mitzuge¬ ben, die Fürſtinn zu fliehen, die ins Innerſte hinein kalt, falſch, rach- und ſelbſtſüchtig ſey. „Sie hat etwas und zwar viel mit Dir vor' — und ihr Haß gegen die Gräfinn kommt jetzt dazu — Linda faſſet ſie ſcharf auf, aber doch läſſet ſie ſich aus Heftigkeit durch alle hinreis¬ ſen und benutzen, die ſie überſieht und voraus¬ ſieht.“ Albano blieb bei ſeinem alten ſanftern Urtheil über die Fürſtinn — um ſo mehr, da Titan IV. Q

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/253>, abgerufen am 23.11.2024.