er bestürzt auf dem Tische einen halben Ring. -- Er nahm seinen halben hervor, den er im gothischen Zimmer in jener Geisternacht von der angeblichen Schwester bekommen und den er für den Zufall der Vergleichung immer bei sich trug. Er drückte die Halbzirkel in einan¬ der -- plötzlich schlossen sie einfassend sich zu einem festen Ringe zu -- Gott! dacht' er, was greift wieder ins Leben! --
Da wurde hastig die Thür geöffnet und die Prinzessinn Julienne eilte lächelnd und weinend herein und rief, ihm zufliegend: "o mein Bru¬ der! Mein Bruder!" -- "Julienne, (sagt' er ernst und innig,) bist Du endlich meine Schwe¬ ster wirklich?" -- "O lange genug ist sie es," versetzte sie und sah ihn zärtlich und seelig an und lächelte ins Weinen. Dann umarmte sie ihn wieder, und sah ihn wieder an und sagte: "Du schöner Albano-Bruder! -- So lange bin ich wie ein Mond um Dich herumgezogen und mußte kälter und weiter bleiben wie er; nun will ich Dich auch ausnehmend liebhaben, so recht zurücklieben und vorwärts dazu!" -- "Allmächtiger, (brach Albano weinend aus,
da
er beſtürzt auf dem Tiſche einen halben Ring. — Er nahm ſeinen halben hervor, den er im gothiſchen Zimmer in jener Geiſternacht von der angeblichen Schweſter bekommen und den er für den Zufall der Vergleichung immer bei ſich trug. Er drückte die Halbzirkel in einan¬ der — plötzlich ſchloſſen ſie einfaſſend ſich zu einem feſten Ringe zu — Gott! dacht' er, was greift wieder ins Leben! —
Da wurde haſtig die Thür geöffnet und die Prinzeſſinn Julienne eilte lächelnd und weinend herein und rief, ihm zufliegend: „o mein Bru¬ der! Mein Bruder!“ — „Julienne, (ſagt' er ernſt und innig,) biſt Du endlich meine Schwe¬ ſter wirklich?“ — „O lange genug iſt ſie es,“ verſetzte ſie und ſah ihn zärtlich und ſeelig an und lächelte ins Weinen. Dann umarmte ſie ihn wieder, und ſah ihn wieder an und ſagte: „Du ſchöner Albano-Bruder! — So lange bin ich wie ein Mond um Dich herumgezogen und mußte kälter und weiter bleiben wie er; nun will ich Dich auch ausnehmend liebhaben, ſo recht zurücklieben und vorwärts dazu!“ — „Allmächtiger, (brach Albano weinend aus,
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er beſtürzt auf dem Tiſche einen halben Ring.
— Er nahm ſeinen halben hervor, den er im
gothiſchen Zimmer in jener Geiſternacht von
der angeblichen Schweſter bekommen und den
er für den Zufall der Vergleichung immer bei
ſich trug. Er drückte die Halbzirkel in einan¬
der — plötzlich ſchloſſen ſie einfaſſend ſich zu
einem feſten Ringe zu — Gott! dacht' er, was
greift wieder ins Leben! —
Da wurde haſtig die Thür geöffnet und die
Prinzeſſinn Julienne eilte lächelnd und weinend
herein und rief, ihm zufliegend: „o mein Bru¬
der! Mein Bruder!“ — „Julienne, (ſagt' er
ernſt und innig,) biſt Du endlich meine Schwe¬
ſter wirklich?“ — „O lange genug iſt ſie es,“
verſetzte ſie und ſah ihn zärtlich und ſeelig an
und lächelte ins Weinen. Dann umarmte ſie
ihn wieder, und ſah ihn wieder an und ſagte:
„Du ſchöner Albano-Bruder! — So lange
bin ich wie ein Mond um Dich herumgezogen
und mußte kälter und weiter bleiben wie er;
nun will ich Dich auch ausnehmend liebhaben,
ſo recht zurücklieben und vorwärts dazu!“ —
„Allmächtiger, (brach Albano weinend aus,
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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/156>, abgerufen am 07.05.2024.
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