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Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

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warm, fest und schön, und Lianens Seele wie
die aufdringende Quelle am Gebirge, die hell¬
rein und kühl und verborgen dahin rinnt, und
nur vom Abendstrahl berührt rosenroth glüht
-- und da diese einzigen Seelen gerade sich
fanden in der weiten uneinigen Erde: so durch¬
schauerte sie eine gewaltsame Freude wie ein
Gebet, und sie stürzten sich ans Herz und glüh¬
ten weinend und schaueten sich groß an in der
Umarmung; -- und an der Aeolsharfe thaten
sich schnell die Flügelthüren eines begeisterten
Konzertsaales auf, und herausschlagende Har¬
monieen wehten vorbei und schnell giengen die
Pforten wieder zu.

Sie setzten sich ans luftige Morgenfenster,
vor welchem die Blumenbühler Berge und Li¬
lars Hügel und Pfade im Sonnenglanze la¬
gen. Um sie war der Abendschatten und Alles
still und die Aetherharfe athmete leise. Sie sa¬
hen sich nur an und freueten sich ins Innerste
hinein, daß sie einander liebten und bewahr¬
ten. Wie entronnen blickten sie, von dieser
Burg beschirmt, hinab in die rauschende, beweg¬
liche Welt; unten blies der Wind die Mohn¬

warm, feſt und ſchön, und Lianens Seele wie
die aufdringende Quelle am Gebirge, die hell¬
rein und kühl und verborgen dahin rinnt, und
nur vom Abendſtrahl berührt roſenroth glüht
— und da dieſe einzigen Seelen gerade ſich
fanden in der weiten uneinigen Erde: ſo durch¬
ſchauerte ſie eine gewaltſame Freude wie ein
Gebet, und ſie ſtürzten ſich ans Herz und glüh¬
ten weinend und ſchaueten ſich groß an in der
Umarmung; — und an der Aeolsharfe thaten
ſich ſchnell die Flügelthüren eines begeiſterten
Konzertſaales auf, und herausſchlagende Har¬
monieen wehten vorbei und ſchnell giengen die
Pforten wieder zu.

Sie ſetzten ſich ans luftige Morgenfenſter,
vor welchem die Blumenbühler Berge und Li¬
lars Hügel und Pfade im Sonnenglanze la¬
gen. Um ſie war der Abendſchatten und Alles
ſtill und die Aetherharfe athmete leiſe. Sie ſa¬
hen ſich nur an und freueten ſich ins Innerſte
hinein, daß ſie einander liebten und bewahr¬
ten. Wie entronnen blickten ſie, von dieſer
Burg beſchirmt, hinab in die rauſchende, beweg¬
liche Welt; unten blies der Wind die Mohn¬

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[76/0088] warm, feſt und ſchön, und Lianens Seele wie die aufdringende Quelle am Gebirge, die hell¬ rein und kühl und verborgen dahin rinnt, und nur vom Abendſtrahl berührt roſenroth glüht — und da dieſe einzigen Seelen gerade ſich fanden in der weiten uneinigen Erde: ſo durch¬ ſchauerte ſie eine gewaltſame Freude wie ein Gebet, und ſie ſtürzten ſich ans Herz und glüh¬ ten weinend und ſchaueten ſich groß an in der Umarmung; — und an der Aeolsharfe thaten ſich ſchnell die Flügelthüren eines begeiſterten Konzertſaales auf, und herausſchlagende Har¬ monieen wehten vorbei und ſchnell giengen die Pforten wieder zu. Sie ſetzten ſich ans luftige Morgenfenſter, vor welchem die Blumenbühler Berge und Li¬ lars Hügel und Pfade im Sonnenglanze la¬ gen. Um ſie war der Abendſchatten und Alles ſtill und die Aetherharfe athmete leiſe. Sie ſa¬ hen ſich nur an und freueten ſich ins Innerſte hinein, daß ſie einander liebten und bewahr¬ ten. Wie entronnen blickten ſie, von dieſer Burg beſchirmt, hinab in die rauſchende, beweg¬ liche Welt; unten blies der Wind die Mohn¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/88>, abgerufen am 24.11.2024.